Pro: Idee schon länger gereift

Der Ruf nach mehr Sicherheit für den Kopf des Fahrers ist nichts Neues. 2009 wurde der Sohn des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters John Surtees, Henry, bei einem Formel-2-Rennen von einem herumfliegenden Rad getroffen und erlag wenig später seinen schweren Verletzungen. Wenige Tage darauf entkam Felipe Massa beim Qualifying zum Ungarn GP nur knapp einer Katastrophe, als ihn eine Stahlfeder am Helm traf. Im Moment kämpft Jules Bianchi in Japan um sein Leben. Ein geschlossenes Cockpit hätte vieles verhindern können.

Prototypen einer Cockpitkanzel wurden bereits gebaut und erste Tests erfolgreich durchgeführt. Einer Einführung stände also nichts im Weg. Die Puristen unter den F1-Fans wehren sich bislang gegen ein Dach über dem Fahrerkopf. Tradition hin oder her, die Sicherheit muss Vorrang haben. Dass der Aufschrei zu Beginn groß sein würde, ist abzusehen. Ähnlich war es auch bei den Nasen der diesjährigen Formel-1-Saison. Heute kümmert sich kaum noch jemand darum.

Audi wollte lange Zeit in Le Mans an seinem offenen Konzept festhalten. Nicht aus Sicherheitsgründen, sondern der Performance wegen hat man sich dann doch entschlossen einen geschlossenen Le-Mans-Prototyp zu bauen. Heute stört sich ebenfalls kaum jemand daran. Die Faszination ist in allen Fällen ungebrochen.

Der wichtigste Grund jedoch ist und bleibt die Gesundheit des Fahrers. Obwohl es in einem Sport, bei dem bei 300 km/h schon mal über die Wiese überholt wird, nie eine 100% Sicherheit geben kann, so steht außer Frage, dass mit einer Cockpitkanzel die Gefahr für den Kopf minimiert werden kann. Argument genug, endlich zu handeln. Wie würden die abgedroschenen Phrasen "motorsport is dangerous" oder "that's part of the business" wohl am Grabe eines Fahrers klingen, wenn die Tragödie mit einer Kanzel hätte verhindert werden können?

Contra: Hundertprozentige Sicherheit ist unmöglich

Nach dem Unfall von Jules Bianchi in Japan wird einmal mehr die Forderung nach geschlossenen Cockpits laut, die den Kopf des Fahrers schützen sollen. Solche Cockpithauben würden das Aussehen der Formel-1-Boliden jedoch gänzlich reformieren, sie würden eher Langstreckenprototypen gleichen. Ein solch ästhetischer Stilbruch wäre ein Novum in der Geschichte der Königsklasse, denn bei allen Veränderungen, die im Laufe der Jahrzehnte vorgenommen wurden, blieb die Formel 1 stets eine Rennserie mit freiem Blick zum Himmel - diese grundsätzliche Ausrichtung sollte bewahrt werden.

Die F1 ist zudem ein absoluter Hochleistungssport, der an den technischen Leistungsgrenzen operiert. Wenn die Piloten ihre Boliden auf Geschwindigkeiten knapp der 350 km/h-Grenze treiben, ist es illusorisch, von hundertprozentiger Sicherheit zu sprechen, da können die Vorkehrungen noch so ausgefeilt sein. Auch die Helme gelten als extrem sicher, doch als Felipe Massa vor fünf Jahren in Ungarn eine 800 Gramm schwere Stahlfeder gegen das Visier geschleudert bekam, bot dieses auch nicht ausreichend Schutz und der Brasilianer wurde schwer verletzt.

Selbst mit geschlossenen Cockpits würde man die Formel 1 nicht gänzlich sicher machen können, zumal solche Szenen wie in Suzuka alles andere als an der Tagesordnung sind. Ein weiteres Argument gegen die Einführung von Cockpithauben ist der finanzielle Aspekt. Schon bei den geringsten Veränderungen an den Formel-1-Autos ergeben sich massive Auswirkungen auf Fahrbarkeit und Leistungsfähigkeit. Entschließt man sich dazu, das Cockpit zu überdachen, würde es einer komplett neuen Konstruktion bedürfen, alleine was die Aerodynamik betrifft.

Ob solche umfassenden Umbauten in einer mittlerweile auf äußerste Kostensenkung bedachten Rennserie umsetzbar wären, darf zumindest stark bezweifelt werden. Schon jetzt wird über das Konzept "Drei Autos pro Team" diskutiert für den Fall, dass einige Rennställe die F1 finanziell nicht länger stemmen können.