Die Beziehung zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel galt noch nie als die einfachste in der Formel 1. Selbst als die beiden noch nicht in einem Team fuhren, gerieten sie auf der Strecke schon aneinander: Vettel kachelte im Starkregen von Fuji 2007 als Toro-Rosso-Rookie hinter dem Safety-Car dem erfahrenen Webber rein - ein Anfängerfehler in der ersten F1-Saison des Deutschen. Nur zwei Jahre später waren er und Webber jedoch Teamkollegen und schnell erwuchs ein Duell, in dessen Zuge die beiden doch recht unterschiedlichen Charaktere 2010 phasenweise zu erbitterten Rivalen wurden.

Nicht nur der berühmte Teamkollegen-Crash in der Türkei sorgte für Schlagzeilen, sondern auch die ein oder andere Äußerung auf und abseits der Piste, denkt man nur eben an Webbers legendären Siegerfunkspruch in Silverstone, dass er für einen Nummer-Zwei-Piloten doch recht flott unterwegs gewesen sei. Im Anschluss an den Titelshowdown in Abu Dhabi, den der jüngere der beiden Piloten für sich entschied, wurde es ruhiger um die internen Querelen. Webber gratulierte fair, Vettel hatte ohnehin keinen Grund mehr nachzutreten und fuhr 2011 anschließend über weite Strecken auf einem anderen Niveau als sein Stallkollege.

Größtmöglicher Respekt

Dass nun aber das zur Zeit zu bestaunende Wiedererstarken Webbers auch wieder die alte Brisanz in den internen Red-Bull-Zweikampf bringen kann, glaubt man beim Weltmeisterteam derweil vorerst nicht. Nicht zuletzt auch ob einer wesentlich entspannteren Lage unter den Fahrern, hat man sich dazu entschlossen Webber mit einem neuen Arbeitspapier für 2013 auszurüsten, ist das aktuelle Klima im Team trotz direkten WM-Kampfes auf der Piste doch erstaunlich gut. Teamchef Christian Horner ist überzeugt, dass das auch so bleibt. Sein Fahrerduo beschreibt er als harmonisch.

Türkei 2010: Bis heute das bekannteste Red-Bull-Zusammentreffen, Foto: Bridgestone
Türkei 2010: Bis heute das bekannteste Red-Bull-Zusammentreffen, Foto: Bridgestone

"Sie fahren nun schon sehr lange Zeit gegeneinander und haben auch schon hunderte von Stunden zusammengearbeitet, um gemeinsam das Auto zu verbessern. Ich denke, sie haben den größtmöglichen Respekt füreinander", so Horner. Der 38-Jährige glaubte: "Sebastian weiß, dass er in Mark einen echten Herausforderer hat - und Mark weiß, dass Sebastian in den letzten Jahren die Messlatte war." Gesunder Konkurrenzkampf sei immer positiv - großer Profiteur der wohlgeformten Spannung damit einzig und allein das Team. "Für uns ist es eine sehr angenehme Situation, vor allem, da beide mit dem Umgang damit nun auch mehr Erfahrung haben", versicherte Horner.

Feststellen wollte er auch einen Wandel bei Webber. "Mark hatte 2011 ein sehr schwieriges Jahr. Er arbeitet jetzt mit einem Mental-Trainer zusammen - der hat ihm die Verbissenheit genommen", verriet der Teamchef. Dass seinem australischen Schützling die Zusammenarbeit mit besagtem Bernie Shrosbree guttut, zeigen nicht nur seine bislang bärenstarken Resultate auf der Rennstrecke. Webber gibt selbst zu: "Ich strotze derzeit nur so vor Selbstvertrauen und feuere aus allen Rohren." Seine aktuelle Form lässt sich dabei auch mit Zahlen belegen, holte er aus den vergangenen vier Rennen doch immerhin 68 Punkte - 29 mehr als Vettel.

Ein gutes Team

Dass er sich dieses Jahr vornehmlich ganz einfach auf sich selbst und nicht seinen Stallgefährten konzentriert, verdeutlichte eine Aussage nach dem Sieg beim Großen Preis von Großbritannien: "Es interessiert mich nicht, wer Dritter oder Vierter ist - ich schaue nur auf den kleinen Kerl neben mir", richtete Webber mit Bezug auf WM-Hauptrivale Fernando Alonso aus. Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Vettel konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen. "In Hockenheim werde ich Sebastian vorbeilassen", meinte Webber mit einem Augenzwinkern. Der Red-Bull-Pilot wollte aber auch klarstellen: "Es ist natürlich nicht einfach für uns, beide ganz vorne zu sein."

"Ich denke, man kann verstehen, dass wir beide in erster Linie an uns selbst denken." Dass man nun aber schon so lange gemeinsam in einem Team fahre, verdeutliche, dass die Partnerschaft so schlecht nicht sein könne, erklärte Webber, der von einer wirksamen Nutzgemeinschaft sprach. Dass er im Anschluss an seinen Silverstone-Triumph nicht gemeinsam mit Vettel den Erfolg für das Team gefeiert habe, hätte daher eher allgemeine Gründe gehabt. "Ich bin nicht gerade ein Kater-Fan, also habe ich es mit dem Feiern Sonntagnacht mal ganz ruhig angehen lassen - dafür bin ich dann umso fitter für Hockenheim nächste Woche", schickte Webber gleich die nächste Kampfansage hinterher.