Die Rollenverteilung schien sich in den vergangenen Monaten bei McLaren fest einzementiert zu haben. Auf der einen Seite Jenson Button, der mit reifenschonender und überlegter Fahrweise die Rennen managt, auf der anderen Seite Lewis Hamilton, der aggressiv zu Werke geht, dabei vielleicht nicht unbedingt die Reifen schont, aber mehr rohen Speed besitzt. Zumindest was die Behandlung der Reifen angeht, konnte Hamilton beim Spanien Grand Prix zeigen, dass ihm vielleicht doch Unrecht getan wurde. Er kam als Einziger mit nur zwei Stopps ins Ziel und schien am Ende sogar noch mehr Leistung in seinen Gummis zu haben als Nico Rosberg, der drei Mal gestoppt hatte.

Das Gegenteil bewiesen

Zwar konnte der McLaren-Pilot den Deutschen dann nicht mehr überholen, aber nach dem Start von ganz hinten war Platz acht ein ordentliches Ergebnis, das auch ihn freute. "Ich bin stolz auf mich und das Team. Wir haben einen guten Job gemacht, um von ganz hinten nach vorne zu kommen. Wir haben uns durchgekämpft und es war hart, die Reifen zu konservieren. Jemand hat mir gesagt, ich war der Einzige mit zwei Stopps, daher denke ich, dass angesichts der Tatsache, dass mir jeder sagt, ich wäre hart zu den Reifen und mein Teamkollege viel schonender, wohl das Gegenteil bewiesen habe", sagte Hamilton.

Er habe die Reifen einfach ständig geschont, seinen Kopf frei gemacht und sei so von hinten nach vorne gekommen. "Es war wie früher zu Kart-Zeiten. Manchmal kam ich da mit meinem Dad an und wir hatten so eine Aufgabe vor uns." Etwas leichter war die Aufgabe eigentlich für Jenson Button. Er war von Startplatz zehn ins Rennen gegangen, landete am Ende aber hinter Hamilton auf dem neunten Rang. Dementsprechend unzufrieden war der Weltmeister von 2009 dann auch. "Ich dachte, dass ein besseres Ergebnis drin war, aber nicht viel besser. Ich habe mich von Anfang an im Auto nicht gut gefühlt, ich brachte es nicht zum Laufen", meinte er.

Besorgniserregend

Er sei einfach langsam gewesen, gab Button zu. Warum er langsam war, das war für ihn die Gretchenfrage, die nach seiner Meinung nur schwer zu klären sein wird. "Normalerweise achte ich gut auf die Reifen, daran muss ich arbeiten. Ich kann das im Moment nicht. Ich kämpfe mit dem Auto. Da gibt es keine schnelle Lösung, was etwas besorgniserregend ist. Die ersten zwei Rennen waren gut, Bahrain war schwierig und hier war es auch schwierig. Ich finde einfach keinen Grip und kann ihn daher nicht nutzen. Ich denke nicht, dass ich einen Zweistopper hätte machen können", sagte Button.

Jenson Button versteht die Verschiebungen im Feld nicht, Foto: Sutton
Jenson Button versteht die Verschiebungen im Feld nicht, Foto: Sutton

Er hoffte nun darauf, dass sich das Problem bis Monaco in den Griff bekommen lässt, denn die Strecke liebt er und er würde dort gerne gut abschneiden. "Wir werden uns das ansehen und nach den Gründen suchen, warum das so ist", erklärte er. Verwundert war er darüber, wie sich das Feld in Spanien ein weiteres Mal durchgemischt hatte. "Der Sauber hing mir die meiste Zeit im Nacken und ich hing hinter dem Red Bull. Es ist ungewöhnlich, aber so läuft die Saison. Ich bin enttäuscht, wie sich das Auto unter mir anfühlte. Aber das muss ich selber lösen und etwas finden, dass mir mehr liegt."

Whitmarsh ist stolz auf Hamilton

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh musste vor allem Hamiltons Leistung loben, da er auf die Reifen achten und trotzdem Gas geben musste. "Hätte man ihm am Ende 100 Meter mehr gegeben, wäre er auch noch an Nico Rosberg vorbeigekommen. Ich war gestern Abend stolz auf Lewis und bin es heute ebenfalls. Er hatte ohne eigenen Fehler eine schmerzvolle Erfahrung gemacht und nach dem heutigen Tag ist er nur acht Punkte von der WM-Führung weg." Besonders angetan war Whitmarsh von der Disziplin, die Hamilton gezeigt hatte, um die Strategie auch umsetzen zu können. "Wenn man bedenkt, wo er war, wussten wir, dass wir etwas anders machen mussten, weil das Überholen hier schwierig ist. Man braucht Kontrolle über die Reifen und Disziplin, um das zu schaffen."

Beinahe hätte Hamilton trotz aller Disziplin auch am Sonntag ohne Eigenverschulden leiden müssen, als beim zweiten Boxenstopp ein alter Reifen nicht richtig aus dem Weg geräumt wurde und der McLaren daran hängen blieb. "Das war frustrierend, aber kein Desaster. Wir hatten eine neue Crew dabei und das ist eine Herausforderung mit vielen Leuten unter Druck. Ich habe Vertrauen in mein Team, aber man muss analysieren, warum so etwas passiert und ob man es anders hätte machen können. Als wir gefragt haben, wer der Mann am Schlagschrauber sein will, gab es eine lange Schlange und das ist ein tolles Zeichen für die Moral im Team", sagte Whitmarsh.