1. - S wie Startaufstellung

Ein Novum in der ersten Startreihe: Sebastian Vettel fehlt. Zum ersten Mal in dieser Saison. Stattdessen beginnen Teamkollege Mark Webber und Lewis Hamilton das Rennen von der Spitze aus. Vettel muss sich mit dem Ferrari-Duo Fernando Alonso und Felipe Massa direkt hinter ihm herumärgern.

Hamilton selbst war nach P2 im Qualifying außer sich vor Freude. "Es lief perfekt", jubelte der McLaren-Pilot. "Es war eine der besten Runden, die ich je gefahren bin." Dabei hatte er am Freitag noch vermeldet, dass der MP4-26 nicht genügend Speed besitze, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.

Unterdessen erinnerte sich Webber an Historisches. "Meine Leistung ist in den letzten Rennen ein bisschen besser geworden und diese Strecke schien ja auch schon in der Vergangenheit nicht zu schlecht für mich zu sein", spielte er auf seinen Nürburgring-Sieg 2009 an - dem ersten seiner Formel-1-Karriere.

2. - S wie Start

Das könnte richtig interessant werden. Vettel sehnt sich nach seinem ersten Sieg in der Heimat und hat bereits einen Plan für den Start ausgeheckt. Er will einfach voll angreifen und sich nicht nobel zurückhalten und schauen, ob vorne zwischen Hamilton und Webber etwas passiert. "Man muss immer schauen, was sich in der ersten Kurve ergibt", erklärte der Heppenheimer gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Beim letzten Mal bin ich auch nicht ganz vorne losgefahren und hatte das Thema in der ersten Kurve erledigt."

Ob Hamilton wieder - wie in dieser Saison mehrfach geschehen - gleich zu Beginn heftig zu Werke gehen wird, bleibt fraglich. Es scheint, als ob er mit seinem zweiten Platz zunächst einmal rundum zufrieden ist. "Es ist großartig, vor einem Red Bull zu stehen", spielte er auf Vettels dritten Platz an. "Aber es ist noch besser, vor Ferrari zu sein."

Bis die Ferraris Hamilton gefährlich werden können, müssen sie erst einmal die Vettel-Nuss knacken. Doch volle Attacke ist auch bei der Scuderia geplant. "Wir werden mit Sicherheit angreifen", betonte Alonso, der den WM-Titel noch nicht aufgegeben hat. Angriff also an allen Fronten - es wird spannend sein zu sehen, wer heil durch die erste Kurve kommt.

3. - Setup

Die alles entscheidende Frage vor dem zehnten Rennen der Saison: Nass oder trocken? Viele Teams spekulieren auf ein Regenrennen und werden ihre Autos wohl dementsprechend anpassen. Die Setup-Möglichkeiten halten sich dabei jedoch in Grenzen, wie Christian Danner verrät. " Der Unterschied zwischen Wet- und Dry-Setup ist nicht mehr so groß.", erklärte der TV-Kommentator.

Von der Wetterfrage einmal abgesehen, hatten zahlreiche Fahrer Balance-Probleme auf dem Traditionskurs. Michael Schumacher etwa hoppelte häufig über den Asphalt und geriet mehr als nur ein Mal von der Strecke. Probleme gab es auch bei Jenson Button. "Wir haben etwas Frontflügel rausgenommen, aber das hat wieder zu Untersteuern geführt", so der Brite. "Ich hatte wirklich zu kämpfen."

Schumacher und der fehlende Grip, Foto: Sutton
Schumacher und der fehlende Grip, Foto: Sutton

Ganz geschickt wollte es Toro Rosso lösen. "Wir haben entschieden, dass Jaime [Alguersuari] mit dem Trocken-Set-Up fahren wird und ich mit der Regen-Abstimmung", verriet Sebastien Buemi. "Das Regen-Set-Up ist eigentlich langsamer, denn ich bin mit den Downforce-Einstellungen aus Monaco unterwegs." Dumm nur, dass Buemi mit nicht genehmigtem Sprit unterwegs war und in die letzte Startreihe versetzt wurde.

4. - Strecke

Zwar ist der Nürburgring Vettels Heimstrecke, doch Teamkollege Webber scheint sich in der Eifel wohler zu fühlen. Der Australier feierte hier 2009 seinen ersten F1-Sieg. "Einige Familien haben sicher einen bestimmen Lieblings-Urlaubsort, wo sie sich besonders wohl fühlen", zog DTM-Pilot Maro Engel einen Vergleich heran. "So gibt es einfach Rennstrecken auf dieser Welt, wo man sich als Fahrer besonders wohl fühlt und einfach alles passt, auch das Drumherum. Ich kann mir gut vorstellen, dass Webber dieses Gefühl hier verspürt."

In Sachen Namen sollte sich auch Schumacher wohlfühlen, fährt er doch zum ersten Mal mit einem Formel-1-Auto durch "sein" Schumacher-S. Der Ertrag hielt sich bislang allerdings in Grenzen. Schumacher haderte mit seinem W-02 und schaffte es lediglich auf den zehnten Startplatz.

Zur Strecke gehören irgendwie auch die Fans auf den Tribünen. Vor allem bei sechs deutschen Fahrern im Feld auf heimischem Boden. "Überall unterstützen dich die Leute und versuchen dich nach vorne zu treiben, um vielleicht noch das eine oder zweite Extra-Zehntel zu finden", freute sich etwa Vettel. Das Zehntel fand er zumindest am Samstag allerdings nicht…

5. - S wie Strategie

Die Boxenstopp-Strategie hängt natürlich vom Wetter ab. Sicher ist: Wenn es regnet, sind die Piloten natürlich auf Intermediates oder Regenreifen unterwegs. Sollte es trocken bleiben, wird der Reifenpoker wieder einmal interessant. E hat sich herausgestellt, dass die weiche Pirelli-Mischung bis zu 1,5 Sekunden schneller ist als sein Medium-Pendant.

Mehrere Szenarios sind vorstellbar. Massa erwartet etwa zwei bis drei Aufenthalte in der Boxengasse. Er sah das Problem darin, dass der Unterschied zwischen weichen und mittleren Reifen eben recht groß ist und es daher ein großer Nachteil wäre, zu früh auf die mittleren Gummis zu wechseln - auch wenn sie lange halten.

Massa erwartet 2 bis 3 Stopps, Foto: Sutton
Massa erwartet 2 bis 3 Stopps, Foto: Sutton

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery hatte am Freitag noch vermutet, dass der ein oder andere mit einer Ein-Stopp-Strategie durchs Rennen kommen könnte. Doch auch zwei Stopps seien attraktiv. "Vielleicht fahren sie 20, 20 [mit dem weichen Reifen] und dann zehn Runden mit dem Medium am Ende", grübelte Hembery. "Oder es ist besser, das mit dem Medium noch weiter zu minimieren und nur drei, vier Runden am Ende zu fahren, wenn man es mit dem Weichen so lange durchhält."

6. - S wie Sonntagswetter

Der Nürburgring und sein Wetter - traditionell eine Wundertüte. Diesmal überraschte die Eifel wieder: Waren die meisten von Regen am Wochenende ausgegangen, perlten seit Freitag lediglich zwei Tropfen von Fernando Alonsos Visier während des zweiten Trainings. Meist war es bewölkt, mit Temperaturen um die 14 Grad - hier und da mal ein wenig Sonnenschein.

Am Sonntag könnte sich das Blatt wenden: Regen ist angesagt. Wie schnell das gehen kann, erlebte das Fahrerlager bereits am Donnerstagnachmittag und am Samstagabend, als es während des GP3-Rennens urplötzlich begann, wie aus Kübeln zu schütten. "Die Wettervorhersage ist fürchterlich", machte Niki Lauda den Zuschauern an der Strecke nur wenig Hoffnung. "Es wird noch kälter hier am Nürburgring und wahrscheinlich gibt es noch Regen."

Marc Surer erwartet vorne allerdings kein Chaos, wie es der Ring aus seiner Historie bestens kennt. "Im Regen ist natürlich alles wieder ein bisschen anders", erklärte der TV-Kommentator. "Ein gutes Auto ist aber auch im Regen ein gutes Auto. Allzu drunter und drüber wird es in der Spitze nicht zugehen."

Während der ein oder andere Fahrer Wetter-Präferenzen hat, zuckt Vettel mit den Schultern. "Das Wetter ist egal", meint der WM-Spitzenreiter. "Solange ich am Ende vorne bin, ist Vettel-Wetter". Kuriose Statistik am Rande: In den vergangenen zehn Jahren hatte es lediglich ein einziges Regenrennen am Nürburgring gegeben.

7. - S wie Spannung

Als wäre die bisherige F1-Saison nicht schon spannend genug, könnte Regen am Sonntag alles noch viel wilder gestalten. Bislang hatten die Fahrer am Nürburgring nur unter trockenen Verhältnissen getestet, hinter nassen Bedingungen stehen große Fragezeichen.

Macht's Webber wie 2009?, Foto: Sutton
Macht's Webber wie 2009?, Foto: Sutton

An der Spitze wird es mit Sicherheit spannend. Hamilton hatte sich klammheimlich und überraschend auf den zweiten Platz pilotiert. Es bleibt allerdings die Frage offen, ob der McLaren auch unter Rennbedingungen an das starke Qualifying-Resultat anknüpfen kann. Vettel wird es offenbar austesten, nachdem er bereits einen risikofreudigen Start angekündigt hatte.

Dahinter lauert Ferrari. Das rote Duo, vor allem Alonso, wird mit Sicherheit alles geben, um seine minimalen Chancen auf den Titel zu erhalten. Spätestens nach seinem Silverstone-Sieg hat der Spanier wieder Blut geleckt. "Egal, ob es regnet oder trocken ist: Unter den ersten vier, fünf kann man nicht sagen, wer das Rennen machen wird. Die sind alle mehr oder weniger gleich schnell", stellte Christian Danner klar. Der Spannung ist dies mit Sicherheit nicht abträglich.