Wenn die Medien mit Teamchefs und/oder Fahrern zusammentreffen, dann ist das normalerweise ein recht einfaches Spiel. Die Journalisten stellen Fragen, die Team-Mitglieder antworten. Nicht so am Samstag in Silverstone, als Martin Whitmarsh zu Beginn seiner Presserunde, die er immer zusammen mit Jenson Button und Lewis Hamilton abhält, gleich einmal das Mikrofon ergriff und versuchte, von vornherein alle Fragen selbst zu beantworten. "Erstens, dieses Team und die tollen Fahrer neben mir können nicht zufrieden sein", begann er mit Blick auf das Qualifying.

Man sei enttäuscht, das sei offensichtlich. "Wir können jetzt jeden damit langweilen, wenn wir über Diffusoren, Auspuffgase und weiteres reden. Es ist so, die letzten 18 Monate hat jeder hart gearbeitet, um vom Auspuff angeblasene Diffusoren zu entwickeln. Wir haben in dem Bereich sehr hart gearbeitet. Wir hatten viele Wendungen und Änderungen. Fakt ist, dass es während dieses Wochenendes einige Änderungen waren, wir im Qualifying aber nicht stark aussahen. Wissen wir genau, warum das so war? Nicht ganz. Aber man darf annehmen, dass wir auf diese ganzen Änderungen nicht gut reagiert haben oder die Auswirkungen für uns größer waren", meinte er.

Wetter spielte auch nicht mit

Whitmarsh betonte, dass der bislang so starke McLaren in Silverstone einfach nur schwach ausgesehen habe. So etwas könne passieren, das verstehe man auch. "Wir wissen auch, dass es ein hartes Wochenende war, da das Wetter und die Regeländerungen es schwierig gemacht haben. Das spielte im Qualifying mit", sagte der Teamchef. Seinen Fahrern attestierte er gute Arbeit und bedauerte, dass Hamilton in Q3 mit der falschen Reifentaktik kaum eine Chance hatte. Allgemein musste er aber festhalten, dass einfach das Auto nicht stark genug war. Abschreiben wollte er das Silverstone-Wochenende deswegen aber noch nicht.

McLaren will wieder so fahren wie vor zwei Wochen, Foto: Sutton
McLaren will wieder so fahren wie vor zwei Wochen, Foto: Sutton

"Morgen werden wir mit der Strategie, vielleicht Regen oder Verwirrung etwas auszurichten versuchen. Wir sind aber auch realistisch. Anhand des Qualifyings sieht man, das Auto ist zu langsam. So ist es einfach. Wir sind aber ein starkes Team mit zwei tollen Teamplayern. Wir werden nicht aufgeben, bis wir wieder stark sind. Können wir uns schnell genug erholen? Soweit ich weiß, wird es in zwei Wochen wieder eine Regeländerung geben, vielleicht schwingt das Pendel dann zurück, vielleicht auch nicht. Was auch immer passiert, wir werden hart und standfest genug sein, um das durchzustehen", erklärte Whitmarsh.

Kein Spaß ohne Siege

Dass es schwer oder beinahe unmöglich sein wird, am Sonntag Red Bull und Ferrari zu schlagen, wollte er nicht verneinen. "Das kann ich euch auch so sagen, daher braucht ihr nicht zu fragen", betonte er. Gleichzeitig musste er noch einmal festhalten, dass McLaren nicht aufgeben wird und man sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruht. "Wir sind daran gewöhnt, Rennen zu gewinnen. Wir mögen es nicht, keine Rennen zu gewinnen. Das genießen wir nicht, das macht keinen Spaß", sagte er. Dass man darüber reflektiere, sei klar. "Aber versteht bitte, wir wissen, es ist schwierig, wir wissen, die Anderen sind schnell, wir wissen, wir sind nicht schnell genug und die ganzen Fragen danach sind nicht besonders stimulierend."

Er verwies darauf, dass McLaren tolle Ingenieure habe, ein entschlossenes Team sei und es kein Team auf der Welt gebe, dass sich so schnell wieder zurückkämpfen könne. "Das haben wir bereits bewiesen. Wir mögen es nicht, das tun zu müssen, aber hin und wieder muss man es tun. In den nächsten Wochen werden wir das auch zu tun versuchen. Wann es soweit ist, kann ich aber nicht sagen, weil ich noch immer nicht weiß, wie die Regeln jetzt dann definitiv aussehen werden, für die wir das Auto entwickeln müssen", betonte Whitmarsh. Er hoffte darauf, dass sich alles wieder beruhigt beruhigen wird verstand aber auch, dass man dem Auspuff-Anblasen Herr werden möchte. "Aber wir haben sehr hart daran gearbeitet, egal ob es jetzt richtig oder falsch ist. Und ohne das System ist unser Auto eindeutig suboptimal."

Vor sechs Monaten beschwerte sich niemand

Aber egal wie es ausgeht, Whitmarsh versprach ein weiteres Mal, dass McLaren sich anpassen und kämpfen wird. Aufgegeben werde in keinem Fall, auch wenn er wusste, dass im Moment eher an Rennsiege als an den WM-Sieg gedacht werden muss. "Der Fokus muss darauf liegen, so stark wie möglich zu werden, Rennen zu gewinnen und zu schauen, wie es dann weitergeht." Sollte keine Einigung erzielt werden, wieder zum Zwischengas-Reglement von vor Silverstone zurückzukehren, wäre Whitmarsh allerdings enttäuscht. Immerhin habe man 18 Monate daran gearbeitet, die Motoren, Auspuffe und die Aerodynamik-Basis am Auto genau dafür entwickelt. "Vor 18, zwölf oder sechs Monaten hat sich niemand darüber beschwert."

Martin Whitmarsh fände es am fairsten, wenn bis Saisonende das alte Reglement gelten würde, Foto: Sutton
Martin Whitmarsh fände es am fairsten, wenn bis Saisonende das alte Reglement gelten würde, Foto: Sutton

Daher fände er es auch den fairsten Weg, wenn man bis Saisonende mit den bekannten Systemen und Einstellungen weitermachen könnte. "Aber in der Formel 1 gewinnt oft das Eigen-Interesse. Sollten wir nicht wieder auf die alten Werte zurückgehen, dann wird das eine Saison voller Paranoia, Gefühlen der Benachteiligung und so weiter. Wir haben was wir haben. Es mag für einige Teams andersherum schlechter sein, aber ich kann nur sagen, uns hat dieses Verbot getroffen." Daher hoffte er auch darauf, dass es beim Meeting am Sonntagmorgen Einigkeit geben wird, denn seiner Meinung nach ist es falsch, die Regeln zur Saisonmitte zu ändern. "Wenn man das macht, wird das Team, das am härtesten gearbeitet hat, um sich dafür [das bis dahin geltende Reglement] einzurichten, vielleicht am meisten benachteiligt."

Einigkeit scheint möglich

Dass es Einigkeit geben kann, glaubte Whitmarsh. Zumindest hatte er beim Treffen am Samstagmorgen den Eindruck gehabt. "Als wir heute Morgen das Meeting hatten, schien man übereinzustimmen, dass es die beste Lösung wäre, wieder auf die Valencia-Bedingungen zurückzugehen. Viele dachten, es wäre schon richtig, das hier zu machen. Aber einige Teams meinten, dafür fehle die Zeit. Als wir sprachen, waren es 45 Minuten vor dem Qualifying. Deswegen stellen wir es dieses Wochenende auch nicht wieder um." Ein Ende der ganzen Saga am Sonntag wäre ihm aber nicht nur im Eigeninteresse recht. Er glaubte, die Fans würde das nur wenig interessieren, die wollten die besten Autos, Fahrer und Teams sehen, Auspuffgase und Diffusoren wären eher uninteressant für sie.