1. Wie konnte Vettel die Reifen so lange am Leben halten?

Knapp 80 Prozent des Großen Preises von Monaco bestritt Sebastian Vettel auf dem gleichen weichen Reifensatz. 62 Runden lang musste er nach seinem einzigen Boxenstopp durchhalten. Das Team wollte Vettel zu einem zweiten Stopp hereinholen, doch der lehnte ab: "Ich dachte, dass wir nur mit einem Stopp die Chance auf den Sieg erhalten könnten."

Seine Gegner Jenson Button und Fernando Alonso stoppten drei respektive zwei Mal. "Fernando war auf einer ähnlichen Strategie, aber Ferrari hatte ihn in der Safetycar-Phase reingeholt", verriet Vettel. "Es wurde immer enger und wäre sicherlich in den letzten Runden schwieriger geworden. Aber dann liefen wir auf eine kleinere Gruppe auf und es kam zum Crash."

Die folgende Rennunterbrechung bot Vettel die Gelegenheit, neue Reifen aufziehen zu lassen und so sicher zum Sieg zu fahren. Teamchef Christian Horner glaubte jedoch: "Sebastian hätte es auch so geschafft." Auch Helmut Marko blieb nach dem Rennen gelassen. "Der Druck von Alonso war kaum vorhanden." Das sah Alonso anders: "Ich wusste, wann die Zeit kommen würde, um zu überholen, aber das Safety-Car hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich war bereit, alles zu versuchen."

Button wunderte sich derweil darüber, wie Red Bull das Risiko eingehen konnte, Vettel so lange auf einem Reifensatz fahren zu lassen. "Da ist man plötzlich auf dem Schutzgummi und der bietet gar keinen Grip", sagte der McLaren-Pilot. Nick Heidfeld hielt das allerdings sehr wohl für möglich. "Es ist sehr schwierig, aber der Red Bull ist nicht nur sehr schnell, sondern hat auch einen guten Reifenverschleiß."

2. Warum durfte nach der Unterbrechung an den Autos gearbeitet werden?

Nach der roten Flagge durfte McLaren den Heckflügel von Lewis Hamilton reparieren und wechselten alle Teams auf frische Reifen. Jenson Button konnte das nicht ganz nachvollziehen. "Ich wusste nicht, dass die Reifen nach rot gewechselt werden dürfen. Das ändert das Rennen komplett", sagte Button. "Ich weiß, meine Kommentare werden da nichts ändern, aber ich würde gerne die Gründe dafür wissen."

Nach dem Rennabbruch durften die Reifen gewechselt werden, Foto: Sutton
Nach dem Rennabbruch durften die Reifen gewechselt werden, Foto: Sutton

Artikel 41 des Sportlichen Reglements der FIA behandelt alle Prozesse bei einer Rennunterbrechung. Darin heißt es in Art. 41.4: "So lange das Rennen unterbrochen ist, darf an den Autos gearbeitet werden, sobald sie in der Startaufstellung oder der Boxengasse angehalten haben. Diese Arbeiten dürfen die Fortsetzung des Rennens jedoch nicht beeinträchtigen."

Erst beim 3-Minuten-Signal vor Wiederaufnahme des Rennens müssen die Teams die Reifen montiert haben. Sollte das nicht der Fall sein, erhält der Fahrer eine 10-Sekunden-Zeitstrafe. Ein Wechsel auf andere Reifen ist im Reglement nicht explizit ausgeschlossen.

3. Was lief bei den Red-Bull-Stopps schief?

Red Bull und die Boxenstopps: In Barcelona beklagte sich das Team darüber, dass es von Ferrari "ausspioniert" wurde, in Monaco verwachste die Truppe selbst: "Die Stopps waren unglaublich schlecht", gab Motorsportdirektor Helmut Marko zu. Immerhin sei man nach den Stopps, die viel Zeit gekostet hatten, nicht in Panik verfallen, sah Teamchef Christian Horner das Gute darin.

"Wir hatten Probleme bei Sebastians erstem Stopp, weil wir Probleme mit dem Funk hatten und bekamen nicht die Reifen drauf, die wir wollten", erklärte Horner. Direkt nach Vettel kam Mark Webber an die Box, dessen Stopp dann ebenfalls misslang. "Als ich in der Box ankam, waren die Reifen noch nicht draußen", ärgerte sich der 34-Jährige. "Ich kam an und saß da, aber die Jungs waren noch nicht fertig."

4. Was war bei Schumacher los?

Die Ausgangsposition war mit Startplatz fünf besser denn je in dieser Saison, dennoch konnte Michael Schumacher daraus kein Kapital schlagen. Dafür gab es gleich mehrere Gründe. Nummer 1: "Ich habe den Start ganz normal eingeleitet und in dem Moment ist das Anti-Stall-System angegangen, das einspringt, bevor der Motor abstirbt", erklärte Schumacher seinen ungewohnt schwachen Start. "Dadurch steckte ich im Leerlauf und kam nicht weg. Ich musste alles neu einleiten."

Gleich in der ersten Kurve ging es ungünstig weiter: "Ich hatte in der ersten Kurve eine Begegnung mit Lewis, nach der mein Frontflügel nicht mehr richtig funktionierte. Ich verlor Abtrieb, was auch meinen Reifen nicht gut tat. Aus diesem Grund mussten wir viel früher an die Box, als wir es geplant hatten." Grund Nummer 3 beendete in Runde 33 Schumachers Rennen: Ein Feuer in der Airbox des Silberpfeils. "Das führte dazu, dass ein paar Kabel durchschmorten."

5. Warum war Mercedes im Rennen so schlecht?

Nicht nur Michael Schumacher konnte nicht das erhoffte Ergebnis einfahren. Auch Nico Rosberg war weit von den erwünschten Ergebnissen entfernt. "Der erste Reifensatz der superweichen Mischung baute sehr schnell ab und entwickelte Graining", gab Ross Brawn eine Erklärung für die schwachen Rundenzeiten beider Fahrer im ersten Stint.

Hinter den Silberpfeilen stauten sich die Gegner, Foto: Sutton
Hinter den Silberpfeilen stauten sich die Gegner, Foto: Sutton

"Wir müssen dies genau untersuchen, denn nach der guten Pace in den Freien Trainings hatten wir nicht damit gerechnet", so Brawn. Zudem habe es im Rennen weitere technische Probleme gegeben, darunter das Airbox-Feuer bei Schumacher und ein KERS-Problem bei Rosberg. "Aber das Hauptproblem war, dass wir mit dem ersten Reifensatz nicht länger als zehn oder zwölf Runden fahren konnten."

6. Wer war Schuld: Hamilton oder Massa?

Lewis Hamilton war noch nie ein Kind von Traurigkeit. Wenn er eine Chance zum Überholen sieht, ergreift er sie - manchmal versucht er das allerdings auch, wenn die Chance verschwindend gering oder schon verschwunden ist. Das jedenfalls ist die Ansicht von Felipe Massa. "Es war unglaublich, was er heute alles gemacht hat", klagte Massa. "Nicht nur mit mir, sondern auch mit anderen Fahrern. Er muss auf jeden Fall nochmal bestraft werden."

Nur so könne man den Briten erziehen, glaubt Massa. "Er muss in der richtigen Art und Weise bestraft werden, anderenfalls wird er es nie lernen." Der Stein des Anstoßes: Hamilton versuchte Massa innen in Loews zu überholen und fuhr dem Ferrari dabei in die Seite.

"Ich ging nach innen und der Typ hat einfach frühzeitig zugemacht und ist in mich hinein geknallt", schäumte Hamilton nach Rennende vor Wut. Felipe Massa sah die Aktion erwartungsgemäß gänzlich anders. "Er hat versucht mich auf den Kerbs zu überholen, was unmöglich ist", ärgerte sich Massa, dessen Rennen danach in Folge eines Unfalls zu Ende war. Die Rennkommissare stimmten Massa zu: Hamilton erhielt eine Durchfahrtsstrafe.

7. Wer war Schuld: Hamilton oder Maldonado?

Die zweite Kollision des Rennens hatte Hamilton nach dem zweiten Restart mit Pastor Maldonado. Ihn griff er in der ersten Kurve an: "Ich ging auf die Innenseite und man kann auf dem Bildschirm sehen, dass er eine Wagenlänge zu früh in die Kurve stach, um mich am Überholen zu hindern. Dadurch passierte der Unfall - das war einfach lächerlich und dumm", kritisierte Hamilton den Venezolaner.

Der Williams-Fahrer hatte natürlich eine andere Sichtweise der Dinge: "Lewis war bereits bei dem Manöver mit Felipe ziemlich optimistisch und hier ist es einfach schwer zu überholen, wenn man die gleiche Pace hat", sagte Maladonado gegenüber Motorsport-Magazin.com. Eine Aussprache plant der Williams-Fahrer aber nicht. Er sagt klipp und klar: "Ich werde auch nicht versuchen mit ihm über das Manöver zu sprechen. Das bringt nichts."

8. Wer war Schuld: Alguersuari oder di Resta?

Paul di Resta kam Jaime Alguersuari zu nahe, Foto: Sutton
Paul di Resta kam Jaime Alguersuari zu nahe, Foto: Sutton

Nicht nur Lewis Hamilton war aggressiv unterwegs, auch Paul di Resta berührte das eine oder andere Auto. Das Team forderte den Schotten dazu auf, Jaime Alguersuari zu überholen. Das versuchte er in der Haarnadel - und scheiterte. Die Berührung mit dem Toro-Rosso-Piloten nimmt di Resta auf seine Kappe. "Ich war zu optimistisch", gestand der Force-India-Pilot. "Pauls Rennen fing vielversprechend an, aber dann kam diese Berührung. Er war vielleicht etwas zu ambitioniert, aber es war sein erstes Monaco-Rennen. Er wird aus dieser Erfahrung lernen", ist Teamchef Vijay Mallya überzeugt.

9. Wer war Schuld: Sutil oder Kobayashi?

Auch Adrian Sutil und Kamui Kobayashi gerieten aneinander, wobei der Japaner dem Auto des Deutschen einen kleinen Schubs gab - und so eine Position gutmachte. "Kamui ist ein fairer Fahrer und ich weiß wie er kämpft", sagte Sutil. "Es war knapp, es gab eine leichte Berührung, aber zu diesem Zeitpunkt war ich sehr langsam unterwegs und habe mich heftig gewehrt. Grundsätzlich war ich froh, dass das Auto nicht beschädigt wurde." Die Rennkommissare sahen von einer Bestrafung für Kobayashi ab - er erhielt nur eine Verwarnung.

10. Warum flog Petrov ab?

Eine Kettenreaktion führte sechs Runden vor Rennende zu einem Massencrash in Monaco. Auslöser war ein Reifenschaden am Auto von Adrian Sutil. "Ich habe mir an der Bande den Reifen aufgeschlitzt und dachte schon, dass das Rennen für mich vorbei sei", erklärte der Deutsche. "Ich sah viele Autos im Rückspiegel, wollte aber selbst auf der Ideallinie bleiben und weiterfahren."

Dahinter kam es zum Chaos. "Beim Unfall am Ende des Rennens überholte ich gerade Heidfeld und ich glaube, genau da hatte Sutil ein Problem mit seinem Hinterreifen", beschrieb Jaime Alguersuari den Zwischenfall. "Deswegen bremste auch Lewis Hamilton vor mir sehr hart und obwohl ich auch so hart bremste, wie ich nur konnte, war es zu spät. Ich konnte nicht mehr verzögern und krachte in ihn hinein."

Hamilton konnte weiterfahren und seinen Heckflügel flicken lassen, für Alguersuari war das Rennen ebenso beendet wie für Vitaly Petrov, der hinter dem Spanier in die Leitplanke krachte.

11. Wie geht es Petrov und Perez?

Gleich zwei Fahrer mussten in Monaco ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Qualifying rauschte Sergio Perez in der Hafenschikane in die Bande und musste danach langwierig geborgen werden. Zum Glück gab es früh Entwarnung: Keine Brüche, nur eine Gehirnerschütterung und eine Prellung am Bein. Der Mexikaner verbrachte noch zwei Nächte zur Überwachung in Krankenhaus, soll aber in Kanada wieder fahren können.

Auch Vitaly Petrov soll in Montreal wieder fit sein. Der Russe konnte nach dem Aufprall in die Leitplanken seine Beine nicht richtig spüren und ließ sich deshalb aus dem Auto bergen. "Ich dachte, es wäre das Beste, wenn mir das Medizinerteam beim Aussteigen aus dem Auto helfen würde", erklärte Petrov, der nach ausgiebigen Checks im Krankenhaus am Sonntagabend schon wieder im Fahrerlager anzutreffen war. "Es war für mich schwierig, mich zu bewegen, denn meine Beine steckten im Cockpit fest. Ich habe das Bewusstsein nicht verloren, aber ich hatte ziemlich große Schmerzen als ich im Auto saß."