Die Wogen nach der Absage des Saisonauftaktes in Bahrain sind zunächst einmal geglättet. Klar ist: Der Saisonstart verschiebt sich um zwei Wochen und findet in Melbourne statt. Auch für die abgeblasenen Testfahrten in Bahrain hat die FOTA eine Lösung gefunden. So kehrt der Formel-1-Zirkus am 8. März nach Barcelona zurück, um sich weitere vier Tage auf die anstehende Saison vorzubereiten.

Im Zuge einer möglichen Bahrain-Absage hatten einige Teams Sorge getragen, dass sie nun gar keine Möglichkeit mehr hätten, die Autos optimal auf die neue Saison vorzubereiten. Mit der zweiten Test-Session auf dem Circuit de Catalunya wurde nun ein Kompromiss gefunden. Doch schon tauchen neue Probleme auf. Die Teams und Fahrer sind sich weitestgehend einig, dass die neuen Pirelli-Reifen enormen Einfluss auf den Saisonverlauf ausüben werden. Der hohe Verschleiß und die vier unterschiedlichen Mischungen spielen eine gewichtige Rolle in den Rennstrategien.

Pirelli fehlen die Möglichkeiten

So ergibt sich bei den kommenden Testfahrten in Barcelona folgendes Problem: Während in Spanien eher kühle Temperaturen herrschen, wird der Auftakt in Australien eine heiße Angelegenheit für die Pneus. Ende März herrschen in Melbourne zwischen 20 und 25 Grad. Das weiß auch Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Wir hatten morgens sechs Grad", erinnert sich der Brite an die Tests am vergangenen Wochenende in Barcelona zurück. "Diese niedrigen Temperaturen haben zu einigen Ergebnissen geführt, die wir nicht erhalten hatten, als wir bei deutlich wärmeren Temperaturen unsere eigenen Tests in Barcelona durchführten."

Das war Ende des vergangenen Jahres. Danach haben die Reifen eine wesentliche Entwicklung in Sachen Mischung durchlaufen, Tests im Warmen waren jedoch nicht mehr möglich. Zwar sei Pirelli laut Hembery bereit dazu zu lernen - doch dafür fehlen dem italienischen Traditionsunternehmen nach der Bahrain-Test-Absage nun schlichtweg die Möglichkeiten.

Alguersuari: "Das ist sehr schade für uns"

Ein Fakt, der Jaime Alguersuari sauer aufstößt. "Ehrlich gesagt ist das sehr schade für uns. Ich denke, das müsste für alle sehr schade sein. Es hätte gut gezeigt, wie diese Reifen bei verschiedenen Temperaturen, mehr Hitze und anderen Feuchtigkeitswerten arbeiten. Es ist entscheidend für uns, wenn wir den Test nicht fahren", erklärte der Toro-Rosso-Pilot. Der Spanier würde es bevorzugen, bereits vorab unterschiedliche Bedingungen mit den neuen Reifen auszutesten.

Schon vor der offiziellen Absage des Bahrain-GP hatte Hembery Bedenken geäußert, was die Bedingungen in Spanien angeht: "Aus Reifensicht wäre es ideal, wenn wir in Paul Ricard hätten testen können und vielleicht noch Regenbedingungen herrschen. In Barcelona und Jerez ist es zu kalt, das bringt uns keine zusätzlichen Informationen. Wenn Paul Ricard nicht möglich ist, dann würden wir Abu Dhabi bevorzugen, denn dort ist zumindest warm", so Hembery. Seine Bitten wurden jedoch nicht erhört - für die Teams und Piloten keine optimalen Voraussetzungen.

Pirelli-Reifen noch nicht ausgereift

Viele Fahrer hatten sich bereits darüber beschwert, dass den neuen Pneus aus Italien noch die nötige Entwicklung fehle. Problematisch sei weniger der schnelle Abbau der Gummis, als die mangelnde Balance, da der Reifen seine Charakteristik scheinbar schnell ändert. Der reine Abbau ist seitens Pirelli und der FIA sogar beabsichtigt, damit die Fahrer mehrmals im Rennen an die Box müssen. Gerade vor diesem Hintergrund bedarf es angesichts der neuen Herausforderung eigentlich noch mehr Testfahrten und genauere Erprobung auf der Strecke, um weiterhin detailliert wertvolle Daten unter Wettbewerbs-Bedingungen sammeln können.

"Ich denke, bei der Entwicklung fehlt noch etwas, denn die Reifen sind noch nicht ausbalanciert. Nach meiner Meinung ist die Reifen-Abnutzung im Vergleich zu den Balance-Problemen zweitrangig, denn im Moment geht man mit einem neuen Reifen auf die Strecke, der zunächst untersteuert und sich nach drei Runden völlig gegensätzlich verhält und stark übersteuert", erklärte Lotus-Pilot Jarno Trulli die Problematik. Ob sich die Teams im Zuge eines weiteren Barcelona-Tests an dieses Anforderungen gewöhnen und anpassen können, bleibt fraglich. Im australischen Spätsommer, der Ende März herrscht, dürften die Bedingungen deutlich anders aussehen, als unter der katalanischen Wintersonne.

Zusammen gefasst bedeutet dies, dass Pirelli noch die nötige Erfahrung mit den neuen Mischungen fehlt um zu wissen, was die Teams in Melbourne wirklich erwartet. Nur eines weiß Hembery sicher: "Die Reifen mögen es nicht, wenn es zu kalt ist. Dann fangen sie an zu rutschen." Vieles deutet darauf hin, dass das Rennen im Albert Park für Pirelli und die Teams ein "Ausflug ins Blaue" wird.