Ein bisschen geträumt, Probleme mit dem Funk, Unklarheit darüber, wann das Safety-Car hereinkommen würde - all das trug wohl mit dazu bei, dass Sebastian Vettel, der eine große Verlierer des Ungarn GP, einen Sieg verspielte, den er im Spaziergang herausgefahren hätte und der ihm auch die WM-Führung eingebracht hätte.
Aber bei allen Argumenten - der entscheidende Punkt war wohl ein anderer: Regelunkenntnis beim Heppenheimer - der ja eigentlich ein Perfektionist ist und sich wohl genau deshalb in Wahrheit am allermeisten über sich selbst ärgerte, nachdem er allmählich verstanden hatte, was da eigentlich abgelaufen war. Vettel war sich gar nicht darüber bewusst gewesen, dass die Regel über die Maximalabstände hinter dem Safety Car nicht nur direkt vor dem Neustart gilt, sondern zu jeder Zeit - sonst hätte er den Abstand zu Mark Webber ja überhaupt nie so groß werden lassen dürfen.
Fairerweise: Auch einigen anderen Fahrern schien das entgangen zu sein, so gab es etwa zwischen Felipe Massa und Lewis Hamilton einen Riesenabstand, auch weiter hinten zwischen den beiden Lotus-Piloten, dort gab es aber halt keine Strafen, weil das, was an der Spitze passiert, eben generell mehr im Blickpunkt steht. Und wer sich nachher im Fahrerlager umhörte, der merkte: Viele dachten, die Regel gelte nur für einen Neustart...
Nur: "Als absoluter Vollprofi muss er so etwas einfach wissen und auf dem Schirm haben", sagen Ex-GP-Piloten wie Alexander Wurz und Christian Danner. Ganz unrecht haben sie damit sicher nicht - aber was man bei all dem nicht vergessen darf: Sebastian Vettel ist gerade mal 23 - und Fehler haben auch und gerade in dieser Saison alle Top-Piloten schon gemacht, auch die älteren mit viel mehr Erfahrung.
Red Bull-Teamchef Christian Horner ist sich sicher: "So ein Fehler gehört zu Sebastians Lernprozess - und ich bin sicher, er wird daraus lernen..." Und sich in Zukunft noch einmal mit den verschiedensten Details des zugegebenermaßen immer komplizierter werdenden Safety-Car-Reglements auseinandersetzen, das den Fahrern mit all seinen Vorschriften über einzuhaltende Abstände, Minimal- und Maximalzeiten und ständigen Neuerungen tatsächlich viel abverlangt. Als vor drei Wochen in Silverstone die neuesten Spezifikationen eingeführt wurden, standen auch fast alle Experten erst einmal kopfschüttelnd vor dem Papier und stellten fest: "Das kapiert ja keiner mehr!"
Die Regelfalle, in die Vettel jetzt tappte, ist freilich älter - und Ironie des Schicksals - die Folge eines Zwischenfalls, an dem der Heppenheimer sogar selbst beteiligt war. 2007 in Japan fuhr Lewis Hamilton im Regen hinter dem Safety Car so extrem langsam, dass in dem sich bildenden Stau dann Vettel seinen heutigen Teamkollegen Mark Webber von der Strecke beförderte... Sebastian wird aus seinem Patzer mit Sicherheit persönlich die Konsequenzen ziehen, seinen Perfektionismus, den er sich ja von sich selbst wünscht, auch auf solche "Randbereiche" wie Regelkunde ausdehnen.
Die Feststellung, dass er sich in Ungarn einen Patzer geleistet und dafür nebenbei teuer bezahlt hat, ist sicherlich erlaubt. Kommentare wie "dämlich, dusselig, etc.", wie sie an einigen Stellen schon wieder zu lesen waren, sind dagegen völlig überflüssig und deplaziert. Solche Fehler passieren nun mal, sie sind kein Weltuntergang und keine Katastrophe, sondern etwas, was mit Sicherheit jedem in jedem Lebensbereich schon einmal unterlaufen ist. Und außer dem Betroffenen selbst hatte niemand einen Schaden davon oder geriet auch nur in Gefahr. Das war bei dem "Fehler" eines anderen Verlierers von Budapest - mit wesentlich mehr Erfahrung - schon ganz anders...
diese Formel 1 Kolumne