Pro: Hamilton macht's

von Kerstin Hasenbichler

Wenn zwei sich streiten, dann freut sich der Dritte. Dieses Sprichwort könnte nicht besser auf die aktuelle Situation in der Formel 1 zutreffen. In Silverstone ist der interne Machtkampf zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel endgültig eskaliert und während die beiden Red-Bull-Piloten darüber streiten, wer denn nun die Nummer 1 im Team ist, baut Lewis Hamilton seinen Vorsprung in der WM unbemerkt aus.

Hamilton hat gute Chancen auf den Titel, Foto: Sutton
Hamilton hat gute Chancen auf den Titel, Foto: Sutton

Momentan liegt der McLaren-Pilot 17 Punkte vor Webber und 24 Punkte vor Vettel. Doch der Brite ist keinesfalls darauf angewiesen, dass sich Vettel und Webber wie in Istanbul gegenseitig von der Strecke schubsen, um ein Rennen zu gewinnen. Das bewies er in Kanada, wo er zum x-ten Mal in dieser Saison sein Titelpotenzial unter Beweis stellte. In zehn Rennen holte Hamilton zwei Siege, vier Podestplätze und landete immer in den Punkten mit Ausnahme von Monaco.

Kritik an seiner aggressiven Fahrweise, die zu Saisonbeginn aufkam, ignoriert er cool. "In der Formel 1 geht es doch ums Racing. Also fahre ich mir die Seele aus dem Leib und habe dabei keine Angst zu überholen", so der Brite. Und wenn McLaren in den kommenden Rennen auch noch den angeblasenen Diffusor zum Funktionieren bringt, dann müssen sich Vettel und Webber warm anziehen. Denn wenn McLaren auf einer Red-Bull-Strecke wie Silverstone mithalten kann, dann sind sie auch in Hockenheim dran.

Contra: Mit Wut zum Titel

von Stephan Heublein

Wie du mir, so ich dir. In Montreal und Valencia amüsierte sich McLaren darüber, dass die Konkurrenz den nachgebauten F-Kanal nicht zum Arbeiten brachte und dabei wichtige Trainingszeit vergeudete. In Silverstone erlebte McLaren die Kehrseite der Medaille: Ihr nachgebauter angeblasener Diffusor funktionierte nicht. Das ständig hoch gelobte Entwicklungstempo der Silbernen muss also nicht immer ein Vorteil sein. Dabei läuft schnell etwas schief, das sich ohne Testfahrten nur langwierig in den Griff bekommen lässt.

Somit hat Red Bull noch immer die besten Karten für die zweite Saisonhälfte - das Auto ist das schnellste, die Fahrer sind schnell und der Rückstand lässt sich aufholen. Wenn da nicht immer wieder diese Probleme wären. Wenn ein seltsames Teil wie Mitnehmerstifte, Zündkerzen oder die Nasenbefestigungen kaputt geht, dann bei Red Bull. Das Team betont aber: Jeder Fehler trat nur einmal auf, kein Defekt wiederholte sich. Die Gegenmaßnahmen wirken also.

Vettel muss sich mit Webber herumschlagen, Foto: Red Bull/GEPA
Vettel muss sich mit Webber herumschlagen, Foto: Red Bull/GEPA

Schwieriger ist die Situation zwischen den Fahrern unter Kontrolle zu bekommen. Aber selbst Fernando Alonso und Lewis Hamilton, keinesfalls die besten Freunde, fuhren bei McLaren bis zuletzt um den WM-Titel. Webber und Vettel werden sich sicher nicht mehr wie in Istanbul gegenseitig ins Auto fahren, schon allein deshalb, weil sie selbst die Punkte dringend benötigen.

An Vettels Reifenschaden in Silverstone war weder Webber noch die Frontflügeldiskussion schuld. Es war ein Rennzwischenfall, der auch McLaren passieren kann. Im Gegenteil: Die internen Spannungen können die Fahrer sogar noch antreiben, um am Ende als Weltmeister dem anderen die lange Nase zu zeigen.