Hans-Joachim Stuck sorgt für Wirbel in der DTM-Szene. In einem vieldiskutierten, an diesem Montag veröffentlichten Interview mit dem kicker äußerte sich der DMSB-Präsident zur Zukunft der Tourenwagenserie - und die sieht seiner Meinung nach unter aktuellen Umständen nicht allzu rosig aus.

"Seit Gerhard Berger am Ruder ist, geht vieles in die richtige Richtung - aber die Zukunft der DTM macht mir trotzdem Sorgen", sagte Stuck. "Auf Dauer kann so eine Meisterschaft mit drei oder sogar weniger Marken nicht funktionieren."

Seit dem Opel-Ausstieg Ende 2004 - also seit 15 Jahren - gingen in der DTM stets höchstens drei Hersteller an den Start. Bis zur Rückkehr von BMW 2012 traten sogar nur Audi und Mercedes-Benz gegeneinander an. Spekulationen über ein Ende der DTM gab es in all den Jahren allerdings zur Genüge, zuletzt nach dem Mercedes-Ausstieg Ende vergangenen Jahres.

Stucks Lösung für die deutsche Tourenwagenserie, die vor einer Woche zum Dream Race mit der Super GT in Fuji angetreten war: "Fünf bis sieben Hersteller sollten es im Idealfall schon sein. Und dann die Kosten: Nicht nur in der Formel 1, auch in der DTM sind die notwendigen Summen schwer zu stemmen. Es muss billiger werden."

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Immense Budgets in der DTM

Die Kosten sind in der Tat ein beherrschender Faktor in der DTM und auch ein Grund, warum sich die Suche nach Herstellern so schwierig gestaltet. Aus Kreisen des VW-Konzerns hat Motorsport-Magazin.com von mehreren Mitarbeitern erfahren, dass der Audi AG für die DTM-Saison 2019 rund 100 Millionen Euro an Kosten entstanden sind.

Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die zweijährige Entwicklung des neuen Turbomotors einen Großteil dieser immensen Summe ausmacht. Auch bei BMW hört man, dass sich die Münchner 2019 in hohen zweistelligen Millionenregionen bewegten. Kein Wunder, dass DTM-Neueinsteiger R-Motorsport mit einem Budget von rund 20 Millionen Euro größtenteils chancenlos war.

DTM mit GT3-Autos?

Stuck, der an der Kollaboration der DTM mit der Super GT unter dem neuen Class-1-Reglement zweifelt ("Der Grundgedanke ist super, aber eine wirkliche Ausführung sehe ich nicht"), hatte gleichzeitig einige Lösungen für die Zukunft der Tourenwagenserie parat.

So stellte der 68-Jährige die Umwandlung der DTM in eine "GTM" in den Raum, in der seriennahe GT3-Autos fahren sollen. "Denn außer dem GT-Masters gibt es bei uns keine Sprintrennen mit GT3-Fahrzeugen, sondern nur Langstreckenrennen", so Stuck. Dabei könne man auch über Hybrid-GT-Fahrzeuge nachdenken. Die DTM hat angekündigt, ab 2022 mit einem Einheits-Hybridsystem fahren zu wollen.

Der GT3-Vorschlag dürfte bei DTM-Boss Gerhard Berger weiterhin auf wenig Gegenliebe stoßen. Bereits vor eineinhalb Jahren hatte der Österreicher derartigen Überlegungen einen Riegel vorgeschoben. Schließlich verfolge die DTM ein gänzlich anderes Konzept ohne eine Balance of Performance (Berger: "Nur über meine Leiche") und Amateurfahrer, die den GT-Sport mitfinanzieren.

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So neu klingt das nicht

Stuck hatte weitere Ideen, wie die DTM unterhaltsamer für Fans werden könne. Die 2020 ausgetragenen zehn Rennwochenenden könne man auf sieben Veranstaltungen reduzieren, dann laut Stuck "aber richtig geile Motorsportwochenenden daraus machen mit Beteiligung verschiedener Rennserien wie DTM, GT-Masters, Rallyecross und mehr".

Ganz neu klingen diese Vorschläge allerdings nicht. Gemeinsame Events von DTM und ADAC GT Masters gab es zuletzt 2016 und 2017 auf dem Lausitzring. Die Veranstaltungen galten als Erfolg, eine Fortsetzung scheiterte jedoch am Kompetenzgerangel beider Serien. Mit einer Neuauflage ist spätestens seit den aktuellen Querelen um die neue DTM Trophy, die in direkter Konkurrenz zur ADAC GT4 Germany steht, in naher Zukunft nicht zu rechnen.

Stuck: Will man die DTM retten...

Das Experiment mit der Rallycross-Weltmeisterschaft gab es bereits in den Jahren 2015 bis 2017 bei den DTM-Rennen auf dem Hockenheimring. Die spektakuläre, zuletzt jedoch arg schwächelnde WRX-Meisterschaft kehrt im kommenden Jahr nach einer Pause zurück nach Deutschland und gastiert im Rahmen eines VLN-Wochenendes auf dem Nürburgring.

Stuck abschließend: "Will man die DTM retten, muss man offen sein für neue Ideen." Eine interessante Aussage nur eine Woche nach dem ersten großen Aufeinandertreffen zwischen DTM und Super GT in Fuji, das als Startschuss für eine international ausgerichtete Zukunft der deutschen Traditionsserie gilt.