Seit dem Beginn der neuen Turbo-Ära schwingt eine besondere Zahl mit: die magischen 300 km/h. Vor dem ersten Rennen mit den Zwei-Liter-Motoren gab es zahlreiche Spekulationen, ob die 610 PS starken DTM-Autos diese prestigeträchtige Marke knacken könnten.

Was sich bereits nach den ersten Testfahrten angedeutet hatte, sollte sich später in der Saison bestätigen: Für 300 km/h reichte es mit den Turbo-Tourenwagen nicht ganz.

Die Höchstgeschwindigkeit erreichte Mike Rockenfeller während der zweiten Runde im Sonntagsrennen beim Auftakt in Hockenheim: 291 km/h zeigte der Tachometer seines Audi RS 5 am Ende der Parabolika an. Beim Saisonfinale an gleicher Stelle erreichte Markenkollege Pietro Fittipaldi immerhin 290 km/h, beide mit Unterstützung des DRS-Klappflügels.

Eine letzte und zumindest theoretisch vielversprechende Gelegenheit, die 300 in diesem Jahr doch noch zu knacken, bietet sich am kommenden Wochenende (23./24. November) beim gemeinsamen 'Dream Race' mit der Super GT in Fuji.

Der Fuji Speedway bietet nicht nur große Motorsport-Historie, sondern auch eine der längsten Geraden. Mit 1,475 Kilometern verfügt die insgesamt 4,563 Kilometer lange Strecke über eine der längsten Vollgas-Passagen überhaupt im Rennsport. Zum Vergleich: Die Parabolika in Hockenheim ist rund einen Kilometer lang.

"Wahrscheinlich erleben wir den höchsten Topspeed der Saison", glaubt Rene Rast nach einigen Sessions im Audi-Simulator. BMW-Konkurrent Marco Wittmann pflichtet dem zweifachen DTM-Champion bei: "Das wird der höchste Topspeed der Saison. In unserem Simulator waren wir knapp an den 300 km/h dran."

Ein wichtiges Werkzeug steht den DTM-Vertretern in Fuji allerdings nicht zur Verfügung. Der Einsatz von DRS und auch des Push-to-Pass-Systems ist verboten, weil die Super-GT-Autos nicht über diese Überholhilfen verfügen. In Hockenheim brachte der flachgestellte Heckflügel bis zu 20 km/h Geschwindigkeitsunterschied - und fehlt nun bei den zwei Show-Rennen mit den Japanern.

Zudem wird sich die Höchstgeschwindigkeit stark nach dem jeweiligen Setup richten. Während die schier unendlich lange Gerade nach möglichst wenig Downforce verlangt, wird im dritten Sektor mit dem Kurvengeschlängel von Turn 10 bis 16 (bei insgesamt 16 Kurven) ein gewisser Anpressdruck nötig sein, um einen guten Ausgang für die nachfolgende Start/Ziel-Gerade zu erwischen.

"Du brauchst ein gutes Setup für den Straightline-Speed, gleichzeitig aber auch Downforce für den letzten Sektor", bestätigt Rast. "Das wird knifflig, aber ich freue mich drauf." Die Erfahrungen aus der regulären DTM-Saison haben gezeigt, dass im Zweifel Audi der sicherere Kandidat für den Topspeed-Rekord ist. Der RS 5 verfügte über eine bessere Beschleunigung und erzielte durchweg höhere Geschwindigkeiten als der BMW M4.

Gegen die GT500-Autos dürften sich hingegen beide Hersteller aus Deutschland auf den Geraden schwer tun. Der seit einigen Jahren in Japan zum Einsatz kommende Turbo-Motor gilt als etwas leistungsstärker. In Hockenheim beim trockenen Samstags-Qualifying - wo DRS und Push-to-Pass verboten sind - wurde Button mit der Höchstgeschwindigkeit von 272 km/h geblitzt. Timo Glock im BMW und Rast erreichten jeweils 270 km/h.

"Auf den Geraden könnten wir Probleme bekommen", unkt Audi-Werksfahrer Loic Duval, der in Fuji neben Rast, Mike Rockenfeller und Benoit Treluyer eines der vier Audi-Cockpits besetzt. Der Franzose fuhr von 2006 bis 2012 in der Super GT und gewann in der Saison 2010 die Meisterschaft mit Honda.