Audi hat das 24h-Rennen Nürburgring 2022 gewonnen. Bei der 50. Auflage des Eifel-Klassikers setzte sich der #15 Phoenix-Audi (Kelvin van der Linde/Dries Vanthoor/Frederic Vervisch/Robin Frijns) nach 159 Runden durch. Vor 230.000 Zuschauern am Wochenende komplettierten der #3 Getspeed-Mercedes (Adam Christodoulou/Maximilian Götz/Fabian Schiller) und das Schwesterauto #4 Getspeed-Mercedes (Maro Engel/Jules Gounon/Daniel Juncadella) das Podium.

Für Audi war es der sechste Gesamtsieg beim größten Autorennen der Welt auf der Nürburgring-Nordschleife.

GetSpeed-Mercedes-Duo auf dem Podium

Beim Zieleinlauf nach 24 Stunden respektive 4.035 Rennkilometern hatte Phoenix-Audi-Schlussfahrer Kelvin van der Linde einen Vorsprung von rund einer Minute auf den Zweitplatzierten GetSpeed-Schlusspiloten Adam Christodoulou. Der Drittplatzierte Maro Engel folgte etwa vier Minuten später im zweiten GetSpeed-Mercedes über den Zielstrich.

Der #22 Car-Collection-Audi (Christopher Haase/Nico Müller/Patric Niederhauser/Rene Rast) und der #16 Phoenix-Audi (Giermaziak/Schramm/Beretta/Winkelhock) komplettierten die Top-5 des Gesamtklassements. Sechs der über 30 gestarteten GT3-Autos in der SP9-Klasse beendeten das Rennen in der Führungsrunde von Sieger Phoenix-Audi. Insgesamt hatten 135 Autos in unterschiedlichen Klassen das Rennen am Samstagnachmittag aufgenommen.

"Das war ein geiles Rennen", sagte der Zweitplatzierte Fabian Schiller. "Platz zwei ist natürlich schön. Aber hier zählt nur der große Sieg. Wir kommen nächstes Jahr zurück!" GetSpeed-Teamkollege und amtierender DTM-Champion Maximilian Götz: "Wir sind ins Rennen gegangen mit dem Ziel zu gewinnen. Viele Favoriten sind aber ausgefallen, deshalb muss man zufrieden sein mit dem, was man hat. Auf nasser Strecke war ich ein bisschen verloren mit Slicks, aber es gehört auch Glück dazu."

#24 Car-Collection-Audi (Kolb/Drudi/Mies/Niederhauser), #12 HRT-Mercedes (Marciello/Ellis/Stolz) und der #6 HRT-Mercedes (Haupt/Piana/Bastian) folgten auf den Plätzen sechs bis acht. Damit waren nur GT3-Autos der Marken Audi und Mercedes-AMG in den Top-8 vertreten. BMW und Porsche erlebten hingegen sportliche Debakel.

Sechster Nürburgring-Sieg für Phoenix-Racing

Phoenix-Teamchef Ernst Moser freute sich über den sechsten Nürburgring-Gesamtsieg seiner Meuspather Truppe nach 2000, 2003, 2012, 2014 und 2019 mit Rennwagen von Porsche, Opel und Audi. "Wir waren relativ lange vorne und haben wenig Fehler gemacht", sagte Moser. "Deshalb haben wir auch gewonnen."

Für Audi-Doppelstarter Kelvin van der Linde war es der zweite Nürburgring-Sieg nach 2017, seine Teamkollegen Dries Vanthoor und Frederic Vervisch waren bereits 2019 siegreich. Robin Frijns als vierter Phoenix-Fahrer im Bunde freute sich unterdessen über seinen ersten Gesamtsieg beim 24h-Rennen Nürburgring.

Phoenix-Audi nachträglich bestraft

Zittern musste die Phoenix-Mannschaft noch einmal kurz vor dem Zieleinlauf, als die #15 wegen eines Vergehens beim Boxenstopp unter Untersuchung der Rennleitung stand. Bis zum Rennenede war keine Strafe verteilt - mit einer sportlichen Bestrafung, die den Sieg kosten könnte, rechnete man zunächst nicht.

Update: Der #15 Phoenix-Audi wurde nachträglich mit einer 32-Sekunden-Strafe und das Team mit 5.000 Euro Geldstrafe belegt. Während des Boxenstopps wurde der Motor des Autos gestartet, obwohl es noch betankt wurde. Das ist laut Ausschreibung verboten.

Kelvin van der Linde: "Der Moment war wirklich der Horror! Hier am Ring muss es immer eine Schrecksekunde sein. Ich weiß nicht, warum. Die Inlap war komisch - feiere ich oder muss ich heulen? Zum Glück können wir heute Abend feiern." Teamkollege Frijns bangte ebenfalls: "2017 haben wir das Rennen in der letzten Runde verloren. Bei der Boxenstopp-Untersuchung kam diese Erinnerung wieder hoch."

Debakel für BMW und Porsche

Die Führung wechselte mehrfach im Rennen. Erstmals setzte sich der von Platz 22 gestartete #15 Phoenix-Audi in der 49. Runde an die Spitze, insgesamt sammelte das Audi-Quartett 84 Führungsrunden. Die Phoenix-Fahrer Dries Vanthoor, am Samstag noch folgenschwer mit Bruder Laurens und dessen #1 Manthey-Porsche kollidiert, und Kelvin van der Linde kontrollierten die Pace in den letzten Stunden trotz zwischenzeitlicher Regenfälle und vereinzelten Hagelschauern.

Die Schlussstunde begann mit einem schweren Unfall des #18 KCMG-Porsche (Olsen/Burdon/Tandy/Bamber) bei hoher Geschwindigkeit eingangs der Döttinger Höhe. Porsche-Fahrer Olsen konnte den 911er aus eigener Kraft verlassen und wurde zum Sicherheitscheck ins Medical Center eingeliefert. KCMG belegte zuvor als bestplatziertes Porsche-Team den neunten Platz - ein höchst unbefriedigendes Resultat für den Sportwagenbauer aus Zuffenhausen, der wie BMW zahlreiche Ausfälle zu beklagen hatte.

Der Autobauer aus München kassierte ausgerechnet beim 50. Jubiläum der BMW M GmbH in den letzten 30 Minuten einen weiteren Rückschlag. Nach zuvor bereits zahlreichen Ausfällen war auch für den #20 Schubert-BMW (Krohn/Sims/Klingmann/Krütten) wegen eines technischen Problems Feierabend. Der BMW M4 GT3 belegte zu diesem Zeitpunkt den fünften Platz und machte sich kleine Hoffnungen auf einen Podestplatz. "Wir haben noch eine Rechnung mit dem Nürburgring offen", sagte Teamchef Torsten Schubert nach zuvor extrem erfolgreichen Wochen.

24h-Rennen: Wetter-Kapriolen, aber kein Abbruch

Erstmals seit 2019 ging das 24h-Rennen Nürburgring ohne eine wetterbedingte Unterbrechung über die volle Distanz. Im Vorfeld befürchtete starke Regenfälle blieben größtenteils aus, nur am frühen Sonntagmorgen und gegen Mittag sowie in den letzten Rennstunden regnete es mehrfach über unterschiedlichen Bereichen der 25,378 Kilometer langen Rennstrecke in der Eifel. Auch mit leichten Hagelfällen hatten die Teilnehmer in der Schlussphase zu kämpfen - das berüchtigte Eifel-Wetter hielt sich auch 2022 nicht ganz zurück.

Große Enttäuschung bei BMW M zum 50. Jubiläum

Die Jubiläums-Ausgabe der 24h Nürburgring war von zahlreichen Ausfällen im Favoriten-Feld der SP9-Klase geprägt. Einen Rückschlag erlebte vor allem BMW im Jahr des 50. Jubiläums der BMW M GmbH. Von sieben gestarteten BMW M4 GT3 spielten sechs der neuentwickelten Autos keine Rolle beim Kampf um den Gesamtsieg.

"Wir sind alle sehr enttäuscht", fand BMW-M-Boss Franziskus van Meel deutliche Worte. "Es ist extrem blöd, wenn man in den ersten zwei Stunden mit dem Messer zwischen den Zähnen zwei Autos wegwirft. Das waren fahrerische Fehler und die waren unnötig. Vom Start weg bis zum Porsche-Unfall sind alle hart gefahren und auch mit viel Risiko. Das kann gutgehen, muss aber nicht. Das Rennen wird nicht durch die BoP entschieden, sondern durch die Arbeit der Teams."

Gemeint waren die beiden Unfälle des #99 ROWE-BMW (De Phillippi/Eng/Farfus/Yelloly), der den #27 Toksport-WRT-Porsche (Andlauer/Campbell/Jaminet) nach einem vorangegangenen Boxen-Crash wenig später auf der Strecke unsanft aus dem Rennen beförderte, und des mit Hoffnungen auf den Gesamtsieg gestarteten #72 BMW Junior Team (Harper/Hesse/Verhagen). Das von RMG betreute Nachwuchs-Trio leistete sich zunächst einen Unfall mit einem BMW 330i und crashte in frühen Morgenstunden heftig auf der Nordschleife.

Für das erfahrene Langstrecken-Team ROWE Racing, 2020 Sieger der 24h Nürburgring sowie des 24-Stunden-Rennen Spa-Francorchamps, gab es diesmal nichts zu holen. Neben dem Ausfall der #99 fiel auch das Schwesterauto #98 (Catsburg/Edwards/S. van der Linde/Wittmann) wegen eines Radlager-Schadens in der Nacht auf Sonntag frühzeitig aus. Die drei privat von Walkenhorst Motorsport eingesetzten BMW M4 GT3 waren nach Schäden ebenfalls chancenlos.

Vanthoor-Crash - Deutliche Kritik von Klaus Ludwig

Ähnlich enttäuschend verlief das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring für Porsche Motorsport. Titelverteidiger #1 Manthey-Porsche (Christensen/Estre/Makowiecki/Vanthoor) schied nach einer Aufholjagd vorzeitig aus. Der Unfall von Laurens Vanthoor am Samstagmittag ausgerechnet mit seinem jüngeren Bruder Dries im Phoenix-Audi war eines der größten Themen im Fahrerlager. Der Porsche-Fahrer nahm die Schuld für den Highspeed-Crash auf der Nordschleife auf sich, entschuldigte sich unter Tränen und sprach später von einem "schwarzen Tag".

Deutliche Worte fand der dreimalige 24h-Sieger Klaus Ludwig dazu im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Für mich hat diesen Zwischenfall eindeutig und ganz allein Laurens Vanthoor zu verantworten. Er hat in den Audi seines Bruders hineingelenkt und die Kollision billigend in Kauf genommen - das ist bei einer Geschwindigkeit von mehr als 250 km/h kriminell! Zudem können wir von großem Glück sprechen, dass nicht noch mehr passiert ist als lediglich ein völlig unnötig zerstörter Porsche. Ich denke vielmehr an die Sportwarte, die direkt hinter der Leitplanke standen, um dort ihren Job zu erledigen. Wenn die Streckenbegrenzung an dieser Stelle nachgibt, endet der Unfall mit einer Katastrophe!"

Porsche-Projektleiter: "Das war eigentlich abzusehen"

Für Porsche sollte sich das Rennen kaum zum Besseren entwickeln. Am Samstagabend fiel der #44 Falken-Porsche (Bachler/Picariello/Pilet/Ragginger) einer Kollision mit dem #5 Phoenix-Audi (Kolb/Stippler/Feller/K. van der Linde) zum Opfer. Der Crash, in den auch ein Opel Astra mit Stellantis-Boss Carlos Tavares unschuldig involviert war, sorgte für den vorzeitigen Ausfall des Falken-Porsche.

Auch die beiden Dinamic-Porsche #28 (Engelhart/Cairoli/Ledogar/Preining) und #29 (Cairoli/De Leener) wiesen schon nach wenigen Rennstunden einen deutlichen Rückstand aufgrund von Zwischenfällen aus.

Die Porsche-Vorfälle kommentierte Projektleiter Sebastian Golz in Form einer indirekten Kritik an der Balance of Performance, die vor dem Rennen mehrfach angepasst wurde. "Das war eigentlich abzusehen. Die Fahrer mussten enormen Einsatz zeigen, um das Tempo der Konkurrenz mitgehen zu können. Dies bedeutet bei einem 24-Stunden-Rennen mit über 130 Rennwagen immer ein hohes Risiko. Hierdurch passieren Unfälle."

Pole-Ferrari und Aston Martin nach Unfällen raus

Auffällig im Audi-Lager war unterdessen der Crash von Kelvin van der Linde, der für den #5 Phoenix-Audi (Kolb/Stippler/Feller/K. van der Linde) das vorzeitige Aus bedeutete. Die Startnummer #5 hatte schon zuvor für Wirbel gesorgt durch einen Crash mit einem Porsche Cayman sowie einer deftigen Zeitstrafe, weil Top-Talent Ricardo Feller eine Gelbphase völlig missachtet hatte dafür eine 2:32-Minuten-Zeitstrafe kassierte.

Zwei Exoten im SP9-Feld erlebten unterdessen eine Achterbahn der Gefühle. Der Pole-Setter #26 octane126-Ferrari (Grossmann/Trummer/Hirschi/Ludwig) führte das Rennen mit Pole-Fahrer Luca Ludwig in der Startphase an, erlitt später allerdings einen Reifenschaden und fiel am frühen Sonntagmorgen nach einem Unfall durch Grossmann aus. Ähnlich erging es dem #90 TF-Sport-Aston-Martin (Sorensen/Thiim/Pittard/Martin), der zwischenzeitlich in Führung lag und gegen Mitternacht durch einen Unfall die Segel streichen musste.

Felix von der Laden: Feuer-Unfall

Für einen Schreckmoment sorgte der Fahrer mit der insgesamt wohl größten Aufmerksamkeit aller Teilnehmer: YouTube-Star Felix von der Laden hatte Glück im Unglück, als sein KTM X-Bow GTX mit der Startnummer #160 nach rund fünf Stunden im Rennen Feuer fing und teilweise abfackelte.

Der 27-Jährige konnte das von Teichmann Racing eingesetzte Fahrzeug rechtzeitig verlassen, während der X-Bow stark brannte. Von der Laden, dem 3,21 Millionen Menschen auf YouTube folgen, kam nach einem Check im Medical Center mit dem Schrecken davon.

24h-Rennen Nürburgring 2022: Fast Facts

  • Crash zwischen Laurens (Manthey) & Dries Vanthoor (Phoenix)
  • Manthey-Porsche raus - L. Vanthoor kämpft mit Tränen
  • #98 ROWE-BMW erleidet Unfall kurz vor Mitternacht
  • #90 TF-Sport-Aston-Martin: Unfall kurz vor Mitternacht
  • 2:32-Zeitstrafe für #5 Phoenix-Audi nach Gelb-Vergehen
  • #5 Phoenix-Audi crasht später mit Porsche Cayman und scheidet aus
  • #22 Car-Collection-Audi dreht #44 Falken-Porsche, Opel Astra involviert
  • #44 Falken-Porsche beendet Rennen danach vorzeitig
  • KTM von Felix von der Laden fackelt ab - Fahrer okay
  • #99 ROWE-BMW crasht in Box mit #27 Toksport-WRT-Porsche
  • Wenig später dann noch Kollision auf der Strecke - Strafe für BMW
  • #27 Toksport-WRT-Porsche vom Rennen abgemeldet
  • #72 BMW Junior Team schießt BMW 330i ab
  • Junior-BMW schlägt am Sonntag heftig in der Mutkurve ein
  • #20 Schubert-BMW rutscht Sonntagmorgen von P1 aus: Reifenschaden
  • Schubert-BMW fällt 30 Minuten vor Schluss auf P5 aus
  • Alle drei Walkenhorst BMW M4 GT3 mit größeren Problemen hinten
  • Porsche-Pech: Falken-Duo mit Crash und Reifenschaden, Dinamic-911er fliegt ab
  • #98 KCMG-Porsche verunfallt schwer in Schlussstunde von P9
  • Pole-Ferrari von octane fällt nach frühem Reifenschaden zurück und später aus