Mit den 6 Stunden von Bahrain endet die WEC-Saison 2016. Vor dem Wochenende im Wüstenstaat ist die wichtigste Entscheidung noch offen, nämlich jene, wer sich nach dieser Saison neuer Langstrecken-Weltmeister nennen darf. Das Porsche-Trio Lieb/Dumas/Jani hat 152 Punkte auf dem Konto, 17 mehr als die Toyota-Piloten Kobayashi/Conway/Sarrazin. Im Gegensatz zu vielen anderen Serien gibt es in der WEC jedoch nicht nur am Rennsonntag Punkte zu vergeben, sondern auch in der Qualifikation. Wer auf die Pole fährt, wird mit einem Extra-Punkt belohnt. Spannung ist also garantiert.

Rückblick: Das LMP1-Kräfteverhältnis in Shanghai

In Shanghai dominierte das noch amtierende Weltmeister-Trio Webber/Hartley/Bernhard in der Qualifikation und auch im Rennen. Dahinter lag Audi lange Zeit auf Kurs Rang zwei, ehe technische Probleme an beiden Autos sowie zur Krönung eine teaminterne Kollision alle Chancen zunichtemachten. Nutznießer war Toyota, die nach dem Heimsieg in Fuji auch in Shanghai ordentlich punkteten. Ein strategischer Kniff brachte die beiden Japan-Renner vor den zweiten Porsche, wodurch die WM-Entscheidung überhaupt erst vertagt wurde.

Audi vor den 6h von Bahrain 2016

In Bahrain endet Audis Ära im Langstreckensport, Foto: Audi
In Bahrain endet Audis Ära im Langstreckensport, Foto: Audi

Eine Ära geht zu Ende. In Bahrain bestreitet Audi das letzte Rennen in der LMP1-Klasse. Der Ausstieg aus der WEC wurde verkündet, in Bahrain steigt der große Abschluss. "Die Veranstaltung in Bahrain wird ganz sicher ein sehr emotionaler Abschied für uns alle", ist sich Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich sicher. In der WM kann Audi nichts mehr ausrichten. Bei den Herstellern steht Porsche bereits als Sieger fest, in der Fahrer-WM liegt das Trio Duval/di Grassi/Jarvis auf Rang drei, jedoch ohne Chance auf den Titel.

Somit kann es für die Ingolstädter nur darum gehen, sich standesgemäß aus dem Langstreckensport zu verabschieden. Und blickt man in die Geschichte Audis, heißt standesgemäß auch siegreich. In Bahrain gewann Audi 2012, zudem stand man 2013 und 2015 auf dem Podest. "Es lässt sich nur schwer in Worten ausdrücken, was dieses Programm für die Marke bedeutet", formuliert Ullrich die Wertschätzung, die Audi für die Langstrecke hat.

Porsche vor den 6h von Bahrain 2016

Dumas/Jani/Lieb stehen kurz vor dem WM-Titel, Foto: Porsche
Dumas/Jani/Lieb stehen kurz vor dem WM-Titel, Foto: Porsche

In der Schlussphase der Saison geht dem #2-Porsche ein wenig die Luft aus. Seit dem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans standen Lieb/Dumas/Jani nicht mehr auf dem Podest. Dass sie die WM vor dem letzten Rennen aber dennoch recht beruhigend anführen, verdanken sie dem starken Saisonstart sowie den doppelten Punkten beim Saisonhöhepunkt in Frankreich. 17 Zähler liegen sie vor den ärgsten Verfolgern, damit ist klar: Rang fünf im Rennen am Sonntag reicht auf jeden Fall zum WM-Titel. "Das Rennen in Bahrain wird ein großer Tag – in etwa so wie Le Mans, weil es bei diesem letzten Rennen um so viel geht. Es ist hundertprozentige Konzentration gefordert, wir dürfen keine Fehler machen. Wir müssen diesen Weltmeistertitel holen", formuliert es Romain Dumas klar. Gutes Omen: Im vergangenen Jahr gewannen die Drei das Rennen in Bahrain.

Ähnlich wie bei Audi gilt es im Schwesterauto mit der #1, Abschied zu nehmen. Mark Webber bestreitet sein letztes Rennen der Karriere, er wird nach der Saison Markenbotschafter für Porsche. "Bahrain wird natürlich kein normaler Einsatz für mich. Es wird sehr emotional. Dort anzukommen und zu wissen, dass ich das letzte Mal ernsthaft Rennen fahre, wird ein großer Moment für mich", so der Australier. "Es kommen sehr viele Freunde aus der ganzen Welt, vor allem aus Australien und Europa, um mich zum letzten Mal fahren zu sehen. Natürlich würde ich meine Profilaufbahn gerne mit einem Sieg beenden, aber ganz unabhängig vom Ergebnis wünsche ich mir einfach ein gutes Rennen, um dann entspannt auf eine lange Karriere zurückblicken zu können, auf die ich sehr stolz bin", erklärt Webber.

Toyota vor den 6h von Bahrain 2016

Kobayashi/Conway/Sarrazin haben 17 Punkte Rückstand, Foto: Toyota
Kobayashi/Conway/Sarrazin haben 17 Punkte Rückstand, Foto: Toyota

Mit verbliebenen Restchancen auf den WM-Titel reist Toyota zum Finale. Kobayashi/Conway/Sarrarzin haben rechnerisch noch Möglichkeiten auf den ganz großen Coup, jedoch benötigen sie dafür einen eigenen Sieg und Schützenhilfe durch die Konkurrenz - oder einen technischen Defekt der WM-Führenden. "Wir haben noch Titelchancen was den Fahrertitel angeht, 17 Punkte ist zwar ein ziemlicher Rückstand, aber es ist noch alles drin, also werden wir auch bis zuletzt kämpfen", kündigt Stephane Sarrazin an. Ähnlich äußert sich auch Kamui Kobayashi. "Entscheidend für uns ist, dass wir mit einer Chance auf den WM-Titel nach Bahrain reisen, und den zu holen wird unser Ziel sein, auch wenn das nicht einfach wird."

Von derartigen Hoffnungen können Buemi/Davidson/Nakajima nur träumen. Nach gerade einmal einem Punkt aus den ersten drei Rennen inklusive Le-Mans-Aus fünf Minuten vor dem Sieg geht es in der WM um rein gar nichts mehr. Vielmehr steht ein versöhnlicher Saisonabschluss auf der Agenda. "Wir von der Fünfer-Mannschaft wollen die Saison natürlich in einem Hoch beenden, wir wollen einen Saisonsieg und ich finde, den hätten wir auch verdient. Vor allem nachdem uns sowohl in Spa als auch Le Mans der Sieg durch die Finger glitt", blickt Davidson zurück.

WEC Bahrain 2016: Das LMP1-Kräfteverhältnis im Vorjahr

Drei Hersteller, alle drei auf dem Podest - das Bahrain-Rennen 2015 war extrem ausgeglichen. Auch damals fiel die WM-Entscheidung erst in der Wüste, nach dramatischen 6 Stunden krönten sich Webber/Hartley/Bernhard zu den neuen Champions. Der Sieg im vergangenen Jahr ging an Porsche und das Trio Lieb/Dumas/Jani, die mit einem ähnlichen Ergebnis eine perfekte Saison krönen könnten.

Die Aussagen der Verantwortlichen vor den 6h von Bahrain 2016

Dr. Wolfgang Ullrich, Motorsportchef Audi: "Die Veranstaltung in Bahrain wird ganz sicher ein sehr emotionaler Abschied für uns alle. Es lässt sich nur schwer in Worten ausdrücken, was dieses Programm für die Marke bedeutet. Bis heute haben die verschiedenen Rallye-Modelle des Audi quattro, mit denen 1981 alles begann, einen besonderen Platz im Herzen des Publikums. Ich bin mir sicher, dass auch die von einer weltweiten Fangemeinde geschätzten Sportwagen noch lange das historische Bild unserer Marke prägen werden."

Andreas Seidl, Teamchef Porsche: "Die Strecke und die zu erwartenden hohen Temperaturen kommen unserem 919 Hybrid weniger entgegen als der Kurs von Shanghai, wo wir klar das schnellste Auto hatten. Umso wichtiger ist eine starke Teamleistung für die optimale Vorbereitung und Fahrzeugabstimmung, anhaltende technische Zuverlässigkeit, weiterhin schnelle Boxenstopps und richtige Strategieentscheidungen. Natürlich wollen wir die Saison am liebsten mit einem Sieg und gleichzeitig dem Fahrertitel abschließen. Dafür werden wir alle bis zur letzten Runde kämpfen."

Toshio Sato, Team-Präsident Toyota: "Wir freuen uns sehr auf das Rennen in Bahrain. Es gibt in beiden Weltmeisterschaften noch eine Menge, worum es sich lohnt zu kämpfen. Es wird erneut ein sehr knappes Rennen zwischen allen drei LMP1-Herstellern werden. Um den Weltmeistertitel in der Fahrer-Wertung zu erringen, realistisch gesehen brauchen wir hierfür ein wenig Glück auf unserer Seite. Aber unser Ziel ist es ein starkes Ergebnis zu erzielen und den Vizetitel in der Hersteller-Wertung zu holen. Das wäre die verdiente Belohnung für all die vom Team geleistete harte Arbeit in diesem Jahr. Wir werden alles geben um stark anzutreten, so wie wir das immer tun."