Jerez ist beeindruckend! Anders lässt es sich nicht ausdrücken. Die Spanier sind wirklich heiß auf den Motorradsport. Das war das erste von drei Rennen auf der iberischen Halbinsel und man hat gemerkt, dass sie förmlich auf das Rennen hingewartet haben. Dort kommen immer Massen an Motorradfahrern vorbei und das hebt die Stimmung noch einmal. Wir haben zwar auf dem Sachsenring auch immer sehr viele Zuschauer, darunter aber nur rund ein Drittel der Motorradfahrer, die zum spanischen Rennen kommen.

Die Zuschauerkulisse in Jerez ist beeindruckend, Foto: Suzuki
Die Zuschauerkulisse in Jerez ist beeindruckend, Foto: Suzuki

Diesmal haben die Fans bei der MotoGP mit Valentino und Dani gefeiert. Rossi war so weit vorne, wie ich es mir vor dem Beginn des Wochenendes gedacht habe. Die Strecke liegt ihm ausgezeichnet und ist auf die gut fahrbare Yamaha zugeschnitten deswegen bin ich davon ausgegangen, dass er dominieren wird. Nach dem Qualifying sah es dann aber nicht mehr so aus. Da konnte man denken, dass alles extrem nahe zusammen liegen wird. Aber auf dieser Strecke gibt es gegen Valentino einfach kein Ankommen. Und auch wenn Jorge Lorenzo nach seinem 250er-Sieg die Fahne mit "Lorenzo's Land" geschwenkt hat, Jerez ist Valentino Land.

Die Bowling-Einlage auf der Strecke nach seinem Sieg war wieder einmal typisch Rossi. Gewinnen können viele, auch ein Dani Pedrosa hat in der 250er schon ganz viele Rennen gewonnen. Er ist aber außer in Spanien bei weitem nicht so ein Publikumsmagnet und -liebling wie Valentino. Der versteht es perfekt, die Show beim Rennen einzubauen und das belastet und stört ihn anscheinend nicht. Diese Dinge muss man sich ja vor dem Rennen einfallen lassen und die anderen Fahrer haben kaum die Zeit und den Nerv, um sich damit zu beschäftigen. Das zeichnet Valentino noch zusätzlich aus.

Beim aktuellen Weltmeister hat man diesmal ein paar Fortschritte erkennen können. Im Training hat es nicht schlecht ausgesehen, auch wenn der Startplatz das nicht unbedingt widergespiegelt hat. Es sah in jedem Fall besser aus als in Katar, auch wenn man sehen konnte, dass er sich noch nicht hundertprozentig auf der Maschine wohlfühlt und noch nicht die Lockerheit vom vorigen Jahr hat.

Für Alex Hofmann war das Rennen nach dem Start eigentlich schon wieder gelaufen. Das Team hat meiner Ansicht nach sogar richtig reagiert. Sie haben ihm ein Motorrad hingestellt, auch wenn es regeltechnisch nicht funktionieren konnte. Aber andernfalls hätten sie gar keine Chance gehabt, weil bis das Einsatzmotorrad repariert gewesen wäre, hätten die anderen das Rennen schon zu Ende gefahren.

125cc: deutsch-österreichische Lichtblicke

Gabor Talmacsi hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, Foto: Team Aspar
Gabor Talmacsi hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, Foto: Team Aspar

Das Rennen der 125er-Klasse lieferte viel Positives zu Tage. Da war einerseits Gabor Talmacsi, den ich 2003 als Teamkollegen hatte. Und während des Rennens hatte ich das Gefühl, wenn er es so gefahren wäre wie früher, dann hätte er am Ende nicht gewonnen. Damals hat er es nicht geschafft, an der Spitze konstante Rundenzeiten zu fahren. Diesmal hat man aber schön gesehen, wie er sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat und das war wirklich eine starke Leistung von ihm. Er hat das Rennen von vorne kontrolliert und am Schluss die Nase vorne - wenn auch nur knapp.

Bei Sandro Cortese haben wir ja schon länger darauf gewartet, dass so etwas wie sein siebter Platz passiert. Im Prinzip wissen wir alle, dass er ein großes Talent ist und dass er schnell fahren kann. Ein paar Mal hat er das ja schon gezeigt, auch wenn es zu unpassenden Zeiten wie im freien Training oder Warm-Up war. Aber die Glanzpunkte sind für einen jungen Fahrer ganz wichtig. So kann es ihm schon einmal passieren, dass er auf Platz 20 kommt, aber im Warm-Up kann er auch in die Top Fünf fahren. Und da sehen er und alle Beobachter dann das Potential und merken, dass er nicht bei Platz 15 stehen bleibt. Jetzt hat er es auch einmal im Rennen umgesetzt und damit nach seinem zehnten Rang in Portugal im Vorjahr seinen zweiten Top Ten Platz und sein bestes Ergebnis überhaupt geholt.

Michael Ranseder sitzt jetzt auf einer Derbi und ist damit auch gut unterwegs. Was man jetzt auch sieht ist, dass KTM derzeit nicht ganz auf dem Stand der Spitzenmaschinen ist. Sie können noch nicht ganz vorne mitfahren, es fehlt ein Ausnahmefahrer wie Stoner oder Kallio im der im vorigen Jahr ganz viel ausgebügelt hat. Die jetzige Leistung von Ranseder ist sicher hoch einzuschätzen und ich glaube nicht, dass es im Vorjahr nur an ihm gelegen hat. Koyama hat Fortschritte gemacht und war auf der KTM vorne dabei, ist aber gestürzt, was zeigt, dass er schon über dem Limit war. Es macht im Moment den Eindruck, dass die KTM nicht so einfach an der Spitze fahren kann wie eine Aprilia oder Derbi.

250cc: Alles Gute Roberto

Bei den 250ern stand am Wochenende alles im Schatten des Sturzes von Roberto Locatelli. Was genau passiert ist, wird man wahrscheinlich nie zu hören bekommen. Die Variante, dass man sich eine Fußraste in den Stiefel hineinbohrt, scheint mir ziemlich absurd. Die Stiefel sind alle mit Karbon verstärkt und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass das geht. Wenn so ein Sturz passiert, ist es natürlich immer tragisch. Aber wenn so etwas geschieht, dann wird der Sport auch wieder einmal ins rechte Licht gerückt und jeder sieht, dass es wirklich gefährlich ist. Jeder sagt: "Die stehen ja immer wieder auf und das tut überhaupt nicht weh." Der Motorradsport ist leider immer noch eine gefährliche Sache. Roberto Locatelli wünsche ich in jedem Fall gute Besserung.

Andrea Dovizioso hatte wieder unterlegenes Material, Foto: Honda
Andrea Dovizioso hatte wieder unterlegenes Material, Foto: Honda

Das Rennen an sich war dann das beste des ganzen Wochenendes. Von Lorenzo haben wir schon einige solche Rennen gesehen, wo er am Anfang und in der Mitte einen Durchhänger zu haben scheint und am Ende dann ganz stark aufdreht. In Jerez hatte er außerdem noch einen internen Kampf mit Hector Barbera und dass der vor ihm angekommen wäre, hätte aus Lorenzos Sicht überhaupt nicht sein können.

Andrea Dovizioso ist wieder ein ganz starkes Rennen gefahren. Man konnte deutlich sehen, dass er auf der Maschine wieder Nachteile hatte. Auf jeder längeren Geraden war er leichte Beute. Trotzdem hat er ein starkes Rennen gezeigt und wenn Bautista kurz vor Schluss nicht der Fehler unterlaufen wäre, durch den sich Lorenzo absetzen konnte, dann hätte Dovizioso sicher noch einmal angegriffen. Das war eines der Rennen, wo er die Chance auf den Sieg gehabt hat.