Elf Grand-Prix-Siege, sieben Sprinterfolge, sechs Pole Positions - Francesco Bagnaia legte 2024 eine Saison für die MotoGP-Geschichtsbücher hin. Nie schnitt der 27-jährige Italiener besser ab, stellte mit 498 Punkten einen persönlichen Bestwert auf. Weltmeister wurde er dennoch nicht, der Titel ging an WM-Rivale Jorge Martin. Dieser gewann 2024 zwar deutlich weniger Rennen, sammelte aufgrund der größeren Konstanz aber ganze 508 Punkte und damit nochmal zehn mehr als Bagnaia - der neue Rekordwert in der MotoGP.
Entscheidenden Anteil an Bagnaias WM-Niederlage hatten dabei seine zahlreichen Stürze, etwa in Barcelona, Misano oder Sepang. Daraus machte der Ducati-Pilot auch selbst nie einen Hehl, suchte die Schuld nur bei sich selbst. "Ich wollte immer gewinnen und das bestmögliche Ergebnis erzielen, weil es nicht in meiner Natur liegt, mich mit einer schlechteren Position zufriedenzugeben. Manchmal gibt es aber Zeitpunkte, an denen es besser ist, etwas vom Gas zu gehen", erklärte er zuletzt immer wieder und weiß: "Dieses Jahr hätte ein Fehler weniger den Unterschied ausmachen können."
Francesco Bagnaia: MotoGP-Punktesystem nicht mehr zeitgemäß
Im Rahmen der Ducati-Feierlichkeiten 'Campioni in Festa' brachte Bagnaia am Montagabend aber dennoch einen interessanten Vorstoß hervor. Er forderte MotoGP-Promoter Dorna und Motorradweltverband FIM nämlich indirekt auf, das aktuelle Punktesystem zu überdenken, um künftig zu verhindern, dass - wie in seinem Fall - der vermeintlich schnellste Fahrer einer Saison am Jahresende nicht Weltmeister wird.
"Dieses Punktesystem gibt es schon seit ich denken kann und bestand schon, bevor die Sprints eingeführt wurden. Mit ihnen hat sich das System, mit dem du während eines Rennwochenendes Punkte bekommst, aber stark verändert", meint Bagnaia. Tatsächlich greift das aktuelle Grand-Prix-Punktesystem in seiner aktuellen Form schon seit 1993 und wurde nach Einführung der Sprints im Vorjahr unverändert beibehalten. Für die Sprints selbst wurde ein eigener Punkteschlüssel eingeführt, der an die kürzere Renndistanz angepasst wurde. Ein System, das bislang bei allen Fahrern der Königsklasse gut angekommen war.
Bagnaia meint nun jedoch: "Mit Einführung der Sprints sollten wir, finde ich, darüber nachdenken, einen Bonuspunkte für diejenigen einzuführen, die beide Rennen gewinnen oder die schnellste Runde fahren. Es sollte etwas geben, das diejenigen belohnt, die am schnellsten sind." Damit will der Ducati-Star verhindern, dass sich Piloten wie WM-Rivale Martin mit guten Leistungen im kürzeren Sprint und zahlreichen zweiten Plätzen im längeren GP-Rennen zum Weltmeister krönen. "Die Sprints beeinflussen verschiedene Fronten, nicht nur die Show. Daher sollte vielleicht einmal über Veränderungen nachgedacht werden."
Ohne Sprints: Francesco Bagnaia wäre MotoGP-Weltmeister 2024
Ein Blick auf die reine GP-Wertung erklärt Bagnaias abwertende Haltung gegenüber den Sprints. Dort holte Martin nur 337 Punkte, während Bagnaia 370 Zähler anschrieb und somit souverän zum Weltmeister geworden wäre. Da er in den Sprints jedoch zu oft patzte, verlor er die WM-Krone an seinen Kontrahenten. Und auch schon 2023 hätten die Sprints das WM-Pendel beinahe noch in Richtung von Martin ausschlagen lassen, dort retteten einzig zwei dicke Patzer des Pramac-Piloten und ein defekter Michelin-Hinterreifen Bagnaias dritten WM-Gewinn.
Kein Wunder also, dass sich der Ducati-Star eine Abschwächung der Sprints bzw. eine Stärkung anderer Faktoren wünscht. Doch hätte ein verändertes Punktesystem wirklich für einen veränderten WM-Ausgang im Jahr 2024 gesorgt? Motorsport-Magazin.com hat sich auf Spurensuche begeben und verschiedene Szenarien - etwa mit einem Extrapunkt für zwei Siege an einem Rennwochenende oder für die schnellste Runde - durchgerechnet.
Alternative MotoGP-WM-Ausgänge mit Extrapunkten
1 Extrapunkt für … | Punkte Jorge Martin | Punkte Francesco Bagnaia |
Doppelsieg in Sprint & GP: | 509 | 503 |
Schnellste GP-Runde: | 510 | 504 |
Doppelsieg & Schnellste GP-Runde: | 511 | 509 |
Doppelsieg & Schnellste Runde in GP & Sprint: | 515 | 515 |
Das Ergebnis fällt aus Sicht Bagnaias enttäuschend aus. Selbst wenn es 2024 einen Extrapunkt für Doppelsiege oder - wie (noch) in der Formel 1 - für die Schnellste Runde im GP gegeben hätte, wäre noch immer Martin Weltmeister geworden. Dieser gewann beide Rennen in Le Mans und kann damit die fünf Doppelsiege Bagnaias in Mugello, Assen, Spielberg, Motegi und Barcelona II kontern. Ebenso behält er dank zweier schnellster Runden am Sachsenring und in Motegi die Oberhand gegenüber Bagnaia, dem auch ein Extrapunkt für sechs schnellste Runden in Jerez, Mugello, Assen, Spielberg, Misano II und Sepang nicht zum Titelgewinn genügt hätten.
Damit Bagnaia 2024 doch noch Weltmeister geworden wäre, hätte es schon jeweils einen Extrapunkt für Doppelsiege, die schnellste Runde im GP und auch für die schnellste Runde im Sprint gebraucht. Dann wäre es nämlich zum Punktegleichstand gekommen, den Bagnaia aufgrund der größeren Anzahl an GP-Siegen für sich entschieden hätte. Damit Bagnaia nur durch Extrapunkte für Doppelsiege oder Schnellste GP-Runden Weltmeister geworden wäre, hätte es jeweils drei Extrapunkte geben müssen. In diesem Fällen hätte der Ducati-Pilot dann mit 513 zu 511 Punkten (Doppelsiege) beziehungsweise 516 zu 514 Punkten (Schnellste Runden) gewonnen. Ob eine solche Anzahl an Extrapunkten für Doppelsiege oder speziell schnellste Runden gerechtfertigt wäre, sei aber mal dahingestellt.
Was meint ihr: Wäre eine Überarbeitung des MotoGP-Punktesystems nach Bagnaias Ansichten sinnvoll? Sagt uns eure Meinung in den Kommentaren!
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