Seit dem letzten Rennen der Saison 2022 hat kein Reihenmotor mehr ein MotoGP-Rennen gewonnen. Die damaligen Sieger von Suzuki sind gar nicht mehr dabei. Nurmehr Yamaha ist das gallische Motorendorf gegen vier Hersteller mit V4-Aggregaten. Die Japaner fahren aber immer mehr hinterher und bestätigen nach Gerüchten der letzten Wochen nun öffentlich: Der V4-Motor für die M1 kommt!
Lin Jarvis bestätigt Gerüchte: Arbeiten fleißig an einem V4
"Was die Gerüchte um den V4 angeht, die wir letztens in den Medien gelesen haben, sie sind wahr. Ich kann bestätigten, dass wir fleißig an der Entwicklung eines V4-Motors arbeiten", beendete Yamaha-Boss Lin Jarvis jegliche Geheimniskrämerei am Donnerstag vor dem zweiten Rennen in Misano. Lange galt dies als undenkbar. Yamaha hatte sich auf den Reihenvierzylinder spezialisiert und stets dessen Handlingvorteile einer möglichen höheren Leistung des V4 vorgezogen.
In der Erfolglosigkeit der letzten Jahre kam es zum Umdenken. Zahlreiche Ingenieure der Konkurrenz sowie F1-Motorenexperte Luca Marmorini wurden angeworben. Ein weiterer Impuls kam aber auch durch die Entscheidung eines ehemaligen Konkurrenten: "Als Suzuki noch hier war gab es zwei Hersteller mit einem Reihenvierzylinder und die anderen fuhren den V-Motor. In den letzten Jahren haben wir aber viele technische Entwicklungen in diesem Sport gesehen und Suzuki hat sich zurückgezogen. Wir verblieben also die einzigen mit dem Reihenmotor."
Fabio Quartararo stellt klar: Ingenieure haben Motoren-Entscheidung vorangetrieben
Es geht also vor allem um die Vergleichbarkeit mit der Konkurrenz: "Der Reihenvierzylinder hat unserer Meinung nach immer noch einiges an Kapazität, um weiterentwickelt und verbessert zu werden. Aber wenn alle deine Konkurrenten V4s fahren und wir auf die Regeln für 2027 blicken, dann ist es wichtig für uns, das volle Potential eines V4 im Vergleich zum Reihenmotor zu verstehen. Daher haben wir vor einiger Zeit entschieden, dieses Projekt anzugehen." Gleichzeitig heißt das aber auch, dass der Reihenmotor nicht aus dem Spiel ist. Yamaha hält sich seine Optionen offen.
Vielfach wurde spekuliert, dass insbesondere Starpilot Fabio Quartararo die Entwicklung eines V4-Motors gefordert hätte. Der Franzose widersprach dem aber: "Ich kann doch nicht eine Entscheidung für etwas herbeiführen, dass ich nie ausprobiert habe. Ich sehe nur von außen, dass die Top-3-Hersteller mit dem V4 fahren. Seit vielen Jahren haben sie diesen Motor, aber ich bin kein Ingenieur, der sagen kann, dass wir den V4 brauchen. Aber all die Ingenieure [die Yamaha angeworben hat, Anm. d. Red.] haben einen Wechsel zum V4 in Betracht gezogen. Sie haben viele Informationen zu Rate gezogen, bevor sie das getan haben."
Yamahas V4-Motor: Testfahrten schon 2025 möglich, Renneinsatz unklar
Dem zunehmenden europäischen Einfluss auf das japanische Werk ist nun also auch die letzte 'heilige Kuh' der Yamaha-Technik zum Opfer gefallen, oder sie könnte es zumindest. Ob das Projekt erfolgreich sein wird, steht ja noch nicht fest. Zumindest konnte Jarvis angeben, wo sich die Entwicklung in etwa befindet: "Das Design des Motors war bereits auf dem Prüfstand. Wir haben ihn noch nicht in einem Motorrad gefahren, dafür ist es noch nicht an der Zeit."
"Wenn die Ausdauertests fertig sind, dann werden die Tests auf der Strecke beginnen", erklärt der Brite, der mit der Saison 2024 seine Karriere beenden wird. Die ersten Ausfahrten eines V4-MotoGP-Motors von Yamaha wird er wohl nicht mehr in leitender Funktion miterleben. "Ich weiß nicht, wann ihr ihn im Rennen sehen werdet, aber Tests auf der Strecke werden nicht so weit weg sein. Basierend auf hoffentlich positiven Entwicklungen können wir ihn dann vielleicht Mitte des nächsten Jahres auf der Strecke sehen", gibt er an.
Mitte 2025 darf im Idealfall also mit den ersten Ausfahrten gerechnet werden. Das eigentliche Ziel ist aber weiterhin ein anderes Datum: "Unsere Intention ist es, vorherzusehen und zu überprüfen, welchen Motortypen wir für 2027 brauchen." Ob ein Renneinsatz bereits vor dem neuen Regelzyklus möglich ist, ließ Jarvis offen. Der 66-Jährige scherzte nur: "Wenn er schneller als der Reihenvierzylinder ist, dann werden wir ihn bringen." Die neuen Ingenieure müssen nun also beweisen, dass ihr Wunsch einer V4-Entwicklung gerechtfertigt war.
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