Der Titelkampf der MotoGP 2024 zeichnet sich langsam durch ein – für die Fans wunderbares – Muster aus: Immer wenn der Eindruck entsteht, dass ein Fahrer im Vorteil ist, so gibt es die nächste überraschende Wende. So geschehen mit dem fatalen Fehler Jorge Martins beim ersten Rennen in Misano, als er an die Box für Regenreifen fuhr und am Ende nur auf Rang 15 kam. Wie steht nun eigentlich die Lage in diesem verrückten Titelkampf? Und sind es wirklich nur zwei Fahrer, oder nicht doch ein Vierkampf? So schätzen die Stars ihre Situation vor der Schlussphase der Saison ein.
Jorge Martin gesteht: Bin konzentrierter, wenn WM-Abstand gering
"Ich versuchte alles, um zu gewinnen. Aber als ich verstand, dass es sehr schwierig war, Marc [Marquez] zu schlagen, da habe ich einfach versucht das Rennen mit der maximal möglichen Punktzahl zu beenden. Ich wurde Zweiter und holte 19 Punkte auf, das ist eine Menge. Ich bin jetzt wieder nur 7 Punkte hinten", reflektierte Francesco Bagnaia vor dem zweiten Wochenende in Misano und gab damit zu, dass die Weltmeisterschaft im Kopf stets mitfährt.
Dies scheint wohl auch bei Jorge Martin der Fall zu sein. Er gibt ein besonderes Phänomen zu: "Die Meisterschaft ist jetzt wieder etwas interessanter. Es scheint so, dass ich immer, wenn ich ein bisschen Vorsprung habe, einen großen Fehler mache. Ich fühle mich konzentrierter, wenn Pecco [Bagnaia] näher dran ist. Ich habe mich falsch entschieden. Ich dachte es wäre richtig, aber das war es nicht. Es ist wichtig aus diesen Fehlern zu lernen." Tatsächlich war es nicht sein erster Aussetzer. Auch der Sturz am Sachsenring verhinderte, dass der Spanier in der Punktetabelle wegziehen konnte.
Martin und Bagnaia singen im Chor: Stehe besser da als 2023!
Schon 2023 kämpften Bagnaia und Martin um die Krone, mit besserem Ende für den Italiener. Beide betonen nun, dass sie in einer besseren Position als damals seien. Dies sind aber nicht nur reine Kampfansagen, sondern sie können dies auch mit Fakten untermauern. "Im Vergleich zu 2023 fühle ich mich körperlich in viel besserer Verfassung. Zu dieser Zeit der Saison war ich damals nicht in guter Form", erinnert 'Pecco' an harte Wochen im Saisonfinale der Vorsaison. Damals verlor er einen großen Punktevorsprung als Folge seines Horrorunfalls in Barcelona.
Genau auf jenen Vorsprung wies der 'Martinator' hin: "Meine Position ist viel besser als im letzten Jahr. Da war ich 35 oder 40 Punkte hinten. Mit Sicherheit ist es jetzt anders." Nur sieben Zähler trennen die beiden, und der Pramac-Pilot ist diesmal sogar vorne. "Wichtig ist, dass ich immer schnell und konstant abliefere. Das macht mich zufrieden", wiederholt Martin sein WM-Mantra zum x-ten Male. Sollte er dieses durchziehen, so glaubt Konkurrent Bagnaia dass es "mehr oder weniger bis Valencia gehen" wird. Der Titelverteidiger sieht sich bereit für die Herausforderung: "Es wird nicht einfach, aber ich liebe diese Phase der Saison."
Enea Bastianini hält sich raus: Geht um Podien statt Titel
Doch sollten wir nicht noch zwei weitere Fahrer aus dem Ducati-Lager auf der Rechnung haben? Marc Marquez und Enea Bastianini haben 53 bzw. 62 Punkte Rückstand auf Martin. Sie haben also noch deutlich mehr, als die so häufig zitierten 'theoretischen' Chancen auf den WM-Titel.
Dennoch müssten die beiden ein signifikantes Punktepolster wettmachen, und das Spitzenduo hat seinerseits meist eine gute Ausbeute vorzuweisen. Bastianini will daher von einem Titelkampf nicht wirklich etwas wissen: "Ich komme aufs Podest, aber es fehlt immer ein bisschen was. Für den Kampf um den Titel müsste ich immer ganz vorne sein. Mir müsste ein Fortschritt gelingen, um darum kämpfen zu können." Doch an diesen scheint 'La Bestia' nicht mehr wirklich zu glauben. Er ruft einzelne Highlights als Ziel aus: "Ich habe weniger Druck als die anderen, aber das ändert nicht die Karten, die auf dem Tisch liegen. Es wird so weitergehen. Ich möchte ein paar Podien und auch Siege."
Marc Marquez sieht Mission 2024 erfüllt, aber noch mehr ist willkommen!
Marc Marquez hat in den letzten beiden Rennen vorgemacht, wie es gehen könnte. Er holte satte 67 Punkte und damit 25 mehr als Martin und sogar satte 37 mehr als Bagnaia. Trotzdem sieht der Gresini-Pilot seine beiden Kontrahenten als stärker an: "Ich fahre besser als in den Rennen zuvor. Besonders seit Österreich ist mir ein großer Fortschritt gelungen, aber es ist immer noch nicht genug. Sie sind immer noch ein bisschen schneller. Ich müsste noch ein paar Dinge verbessern." Tatschlich profitierte er in den beiden Rennen vor allem von Fehlern des Spitzenduos. Bagnaia kollidierte in Aragon mit seinem Bruder und Martin beging den Boxenfauxpas vor zwei Wochen.
Dennoch schlägt Marquez die Tür zum WM-Titel aber nicht ganz so fest zu wie Bastianini. Zuallererst betont er aber, dass seine Mission bereits erfüllt ist: "Für mich ist das Wichtigste, dass ich alle Ziele für dieses Jahr erreicht habe. Wenn noch etwas kommt, dann ist das willkommen, aber ich versuche das nun zu genießen und dieses Level bis zum Saisonende zu halten, um mich gut auf 2025 vorzubereiten." Dann wird Marquez im Werksteam ein Wort um den Titel mitreden wollen. Bis dahin scheint es sich aber erstmal um eine Angelegenheit für zwei zu handeln. Zumindest, wenn man den Piloten selbst glauben schenkt.
Im Falle eines erneuten Titelgewinns hätte Francesco Bagnaia 2025 bereits deren drei auf den Konto. Das allergrößte wäre für ihn jedoch etwas anderes, zu dem er im kommenden Jahr die Chance bekommt:
diese MotoGP Nachricht