Aprilia ist am Montag der größte Transfer seiner MotoGP-Geschichte gelungen. Mit Jorge Martin haben sie sich ab 2025 die Dienste des derzeit stärksten MotoGP-Piloten gesichert. Das Projekt steht damit aber auch vor der großen Aufgabe, dem WM-Leader ein konkurrenzfähiges Paket zur Verfügung zu stellen. Seit dem MotoGP-Einstieg im Jahr 2015 hat sich Aprilia mühsam an die Spitze der Königsklasse vorgearbeitet, ein echter Titelkandidat waren sie aber nie. Die entscheidenden Faktoren haben immer gefehlt. Einen dieser Faktoren haben sie nun behoben.
In den ersten Jahren der Aprilia-MotoGP-Geschichte hatten es die Italiener immer schwer. Das Motorrad war nicht konkurrenzfähig und konstant am Ende des Feldes zu finden. Selbst erfahrene MotoGP-Piloten wie Marco Melandri, Stefan Bradl und Alvaro Bautista hatten große Mühe, die RS-GP in die Punkte zu fahren. Auch nach der Ankunft von Aleix Espargaro im Jahr 2017 änderte sich daran Nichts. Der Katalane verlor allmählich die Motivation und sah sich nach anderen Optionen um. Sogar ein vorzeitiges Karrieende zog er damals in Erwägung.
Erst im Jahr 2021 trug die aufopferungsvolle Arbeit des Werkes aus Noale und seiner Piloten erste Früchte. In Silverstone feierten sie mit Aleix Espargaro damals das erste MotoGP-Podium. Danach steigerte sich Aprilia immer weiter, fuhr 2022 den ersten Sieg ein und sorgte mit weiteren Podestplätzen für eine echte Chance im WM-Kampf gegen Fabio Quartararo und Francesco Bagnaia. In der zweiten Saisonhälfte konnten sie allerdings nicht mehr an diese Leistungen anknüpfen und leisteten sich zudem auch noch Patzer wie in Japan, als man Espargaro im Spritsparmodus ins Rennen schickte.
In den letzten beiden Jahren hat sich Aprilia zu einem echten Konkurrenten für Ducati und KTM an der Spitze entwickelt. In bestimmten Situationen, wie schlechten Gripverhältnissen, gilt die RS-GP sogar als die MotoGP-Referenz und hält dabei auch die Desmosedici und die RC16 in Schach. Allerdings liegt dort auch das Aprilia-Problem. Sie haben ein starkes Motorrad, das aber nur selten sein volles Potential ausschöpfen kann.
Dasselbe gilt für die MotoGP-Piloten des Teams. Bei allem Respekt für Maverick Vinales, Aleix Espargaro & Co, die großartige Rennfahrer sind: Sie schaffen es nicht, konstant das Maximum der RS-GP auszuschöpfen. Beide haben in dieser Saison bereits großartige Leistungen gezeigt, während der jeweils andere im Mittelfeld unterwegs war. So gewann Vinales in Texas sowohl den Sprint als auch den Grand Prix, sein Teamkollege wurde nur Siebter. Espargaro trumpfte beim Heimspiel in Barcelona groß auf und gewann den Sprint. Vinales fand sich dort dagegen überhaupt nicht zurecht und verließ Montmelo mit sechs mickrigen Pünktchen.
Die Lösung, um die stark schwankenden Leistungen in den Griff zu bekommen, liegt auf der Hand: Sie brauchen einen echten Spitzenpiloten, der es schafft, immer 110% aus dem Material herauszuholen. Nur so können die Italiener um einen WM-Titel kämpfen. Mit Jorge Martin haben sie sich einen solchen Piloten geangelt. Der 26-Jährige ist ein kompletter MotoGP-Pilot, ist im Qualifying, Sprint und Grand Prix bärenstark und hat zudem 2023 und 2024 Erfahrungen im WM-Kampf gesammelt, kommt vielleicht sogar als amtierender Weltmeister zu Aprilia.
Dazu wechselt der 'Martinator' vom Klassenprimus Ducati nach Noale. Er bringt wertvolles Know-How mit und weiß, wo und wie die Desmosedici den Unterschied macht. Somit hat Aprilia 2025 die beste Gelegenheit, endlich nach den Sternen zu greifen.
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