Die Silly Season der MotoGP 2024 ist in vollem Gange. Nachdem kurz vor Saisonstart zunächst Weltmeister Francesco Bagnaia seinen Ducati-Vertrag verlängerte, legte vergangene Woche auch Ex-WM-Rivale Fabio Quartararo nach. Der Franzose unterzeichnete etwas überraschend einen neuen Zweijahres-Kontrakt bei Yamaha. Nun zeichnet sich die nächste Entwicklung auf dem MotoGP-Transfermarkt ab. Im Mittelpunkt der Spekulationen: Das Pramac Racing Team .

Der Rennstall von Paolo Campinoti befindet sich derzeit im letzten Vertragsjahr seines aktuellen Ducati-Kontrakts, mit Ende des Jahres 2024 läuft dieser aus. Eine Fortsetzung der erfolgreichen Partnerschaft - Pramac fährt seit 2004 mit Maschinen aus Borgo Panigale und wurde 2023 als erster Privatrennstall MotoGP-Teamweltmeister - galt lange Zeit eigentlich nur als Formsache. Ende März erklärte Teammanager Gino Borsoi gegenüber 'GPOne.com' noch: "Wir haben eine Option für die nächsten zwei Jahre mit Ducati und sind zufrieden mit ihnen. Es ist praktisch schon alles unterschrieben, wir können diesen Geschichten ein Ende setzen. Die Welt müsste untergehen, damit wir uns umorientieren."

Francesco Bagnaia vor Jorge Martin
Pramac startet seit 2004 als Ducati-Kunde in der MotoGP, Foto: LAT Images

MotoGP: Verdrängt VR46 das Pramac-Team als Ducati-Kunde Nr. 1?

Möglicherweise passiert nun aber genau das. Denn wie 'Sky Italia' berichtet, soll Ducati das VR46 Racing Team ab 2027 befördern und Pramac als 'Kundenteam Nr. eins' ablösen. Auch der Vertrag des Rennstalls von MotoGP-Legende Valentino Rossi, welches seit dem Königsklassen-Einstieg 2022 auf Ducati-Material unterwegs ist, läuft nämlich mit Saisonende aus. Ein Wechsel zu Yamaha, wo händeringend nach einem neuen Kundenteam gesucht wird, galt lange Zeit als realisitisch, scheint nun aber vom Tisch zu sein.

Stattdessen steht 'Sky Italia' zufolge die Verkündung einer Vertragsverlängerung mit Ducati kurz bevor, welche VR46 Racing zunächst bis 2026 an den Hersteller aus Borgo Panigale binden würde. Darüber hinaus existiere aber bereits auch Einigkeit über eine Verengung der Partnerschaft ab der Saison 2027. Bislang ist VR46 ein Kundenteam im klassischen Sinne, bezieht Vorjahresmotorräder von Ducati und entscheidet selbst über die eigene Fahrerpaarung. Speziell Ersteres scheint dem Rennstall von Rossi nun aber nicht mehr auszureichen, es sollen zukünftig Werksmotorräder her. Und Ducati scheint bereit, diese auch zu liefern - auf Kosten von Pramac Racing.

Denn Ducati besitzt nicht die Kapazitäten, um gleich zwei Kundenteams mit aktuellem Material zu beliefern. Wird der VR46-Deal finanlisiert, droht Pramac ab 2027 also der Verlust sämtlicher Werksunterstützung aus Borgo Panigale. Das eröffnet dem Team von Paolo Campinoti nun zwei Möglichkeiten: Den auslaufenden Ducati-Vertrag per Option um zwei Jahre verlängern, dann aber ab 2027 vor einer ungewissen Zukunft stehen oder Ducati schon jetzt verlassen und ab 2025 Yamaha -Kundenteam werden. Knapp anderthalb Monate verbleiben noch, ehe die Option zur Vertragsverlängerung mit Ducati verfällt. Anfang Juni sollte also Klarheit herrschen.

Pramac-Boss Paolo Campinoti pflegt enge Kontakte ins Ducati-Lager, Foto: LAT Images
Pramac-Boss Paolo Campinoti pflegt enge Kontakte ins Ducati-Lager, Foto: LAT Images

Andrea Iannone vor MotoGP-Comeback mit Pramac?

Ein großes Fragezeichen steht derweil auch hinter Pramacs Fahrer-Lineup für die kommende MotoGP-Saison 2025. Topstar Jorge Martin wird den Rennstall aller Voraussicht nach verlassen, ihn zieht es in ein Werksteam. Franco Morbidellis Zukunft ist nach schwachen Yamaha-Jahren und schwierigem Saisonstart samt schwerer Kopfverletzung ebenso unklar. Sicher scheint einzig: Bleibt Pramac bei Ducati, dürfte ein Motorrad an Moto2-Shootingstar Fermin Aldeguer, der Mitte März bei Ducati unterschrieb, gehen. Was auf der anderen Seite der Garage passiert, ist jedoch völlig offen.

Einen überraschenden Kandidaten, den 'Sky Italia' nun ins Spiel bringt: Andrea Iannone. Der Ex-MotoGP-Pilot war Ende 2019 positiv auf das anabole Steroid Drostanolon getestet und anschließend von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA für vier Jahre gesperrt worden. Nach Ablauf der Sperre kehrte Iannone nun in diesem Jahr in den Motorradrennsport zurück, er fährt 2024 für das Ducati-Kundenteam Go Eleven in der Superbike-WM. Dort benötigte er keinerlei Anlaufzeit und stand schon im ersten Rennen auf Philipp Island als Dritter auf dem Podest.

Andrea Iannone fuhr 2013 und 2014 für Pramac in der MotoGP, Foto: LAT Images
Andrea Iannone fuhr 2013 und 2014 für Pramac in der MotoGP, Foto: LAT Images

Auch in den fünf nachfolgenden Rennen gehörte Iannone bislang stehts zu den Spitzenpiloten im WSBK-Feld. Dieses beeindruckende Comeback hat den Italiener wohl auch wieder ins MotoGP-Blickfeld befördert. Dort startete der 34-jährige bereits zwischen 2013 und 2019 und errang in dieser Zeit einen Grand-Prix-Sieg sowie zwei Pole Positons - jeweils mit Ducati. Sollten die Italiener, die eine elementare Rolle bei Iannones Superbike-Einstieg 2024 spielten, ihren Schützling nun in die MotoGP zurückbringen wollen, wäre Pramac bei einer Vertragsverlängerung natürlich die logische Wahl. Dort platziert Ducati seit Jahren die eigenen Piloten. "Sag niemals nie", kündigte Ex-Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti bereits im Frühjahr 2023 an.

Doch selbst wenn Pramac zu Yamaha wechseln sollte, bleibt Iannone laut 'Sky Italia' ein realistischer Anwärter beim Campinoti-Rennstall. Denn Iannone fuhr bereits 2013 und 2014 zwei Jahre für den Rennstall, kennt das Team also bestens und das Team weiß, welche Qualitäten Iannone mitbringt. Außerdem gilt Campinoti als großer Fan von Iannones kontroversem Fahrerprofil, welches speziell in der italienischen Heimat von Fahrer und Team viel Aufmerksamkeit mit sich bringt. Aber auch für das strauchelnde Yamaha könnte Iannone eine wertvolle Ergänzung darstellen. Neben vier Jahren auf Ducati verbrachte der einmalige MotoGP-Sieger auch zwei Saisons auf Suzuki und eine auf Aprilia, könnte mit seiner Erfahrung also beim Wiederaufbau helfen.