Nach den MotoGP-Testfahrten breitete sich bei Yamaha vorsichtiger Optimismus aus. Die YZR-M1 hatte Fortschritte gemacht und die neuen MotoGP-Concessions machten Hoffnung auf weitere Verbesserung während der Saison. Der Saisonauftakt brachte aber sofort die Ernüchterung. Yamaha hat sich zwar in Sachen Rundenzeit verbessert, aber die Entwicklungsrate der europäischen Konkurrenz war noch viel höher. Nach zwei Rennen steht bereits fest: Fabio Quartararo und Neuzugang Alex Rins haben unter vielen Problemen zu leiden.

Platz 7 für Quartararo in Portimao: Der Schein trügt gewaltig

"Ich hätte mir erhofft, etwas näher an den Spitzenleuten ins Ziel zu kommen. In Sachen der Position hätte ich aber nichts Besseres erwarten können", konstatierte Quartararo zwiespältig nach dem Rennen in Portimao. Beide Yamahas qualifizierten sich direkt für das Q2. Und auch Rang sieben im Grand Prix für Quartararo liest sich prinzipiell nicht allzu schlecht.

Die andere Seite der Medaille zeigt aber das Ausmaß der Yamaha-Probleme auf. Rang sieben kam nur zustande, weil durch Maverick Vinales' Getriebeschaden und die Kollision von Marc Marquez und Francesco Bagnaia gleich drei Spitzenleute ausfielen. Noch schmerzhafter ist aber der Rückstand auf Sieger Jorge Martin: 20 Sekunden verlor Quartararo und damit sogar noch einmal drei mehr als beim enttäuschenden Saisonstart in Katar. Der Franzose hat vollkommen recht mit seiner Einschätzung: Das Ergebnis ist viel besser als die Leistung.

Schwierige Lage bei Yamaha: Viele Probleme, aber nur zwei Bikes

Während Alex Rins die Meinung vertritt, dass nicht der Reihenmotor, sondern die Aerodynamik für den großen Rückstand verantwortlich ist, so widerspricht Quartararo: "Ich habe noch nie einen V4-Motor gefahren, also weiß ich es nicht. Aber ich glaube nicht, dass es bei uns nur um die Aerodynamik geht." Der Ex-Weltmeister hat fünf Jahre Erfahrung auf dem Bike und sieht die Problemlage viel weiter gefächert: "Wir haben nicht nur ein großes Problem, das es zu lösen gilt. Es sind viele kleine Dinge, die wir Schritt für Schritt verbessern müssen."

Fabio Quartararo in Portimao
Ex-Weltmeister Fabio Quartararo durchlebt harte Zeiten, Foto: LAT Images

Keine Priorität bei der Problemlösung zu haben, macht es für Yamaha aber nur noch komplizierter: "Es ist ein bisschen beim Grip am Heck, bei der Elektronik, bei der Aero, bei der Geometrie und Sitzposition...Es sind viele kleine Dinge und das macht es noch schwieriger als bei einem großen Problem." Entmutigen lassen will 'El Diablo' sich nicht, aber er spricht auch ein entscheidendes Problem bei der technischen Aufholjagd gegenüber Ducati & Co. an: "Ich glaube wir sind auf einem guten Weg, aber wir müssen geduldig sein. Mit nur zwei Bikes ist es recht schwer, schneller zu werden."

Dass Yamaha händeringend auf der Suche nach einem Kundenteam ist, überrascht niemanden im Paddock. Lin Jarvis dürfte damit aber große Mühe haben. Zuletzt gab es Gerüchte um VR46 und Pramac. Aber wer würde aktuell eine Ducati gegen eine Yamaha tauschen wollen? Im Bestreben, Yamaha wieder nach vorne zu bringen und Quartararo vielleicht doch noch halten zu können, wäre es ein wichtiges Signal. Der Franzose kann aber auch nur bestätigen, dass es ein großes Thema im Yamaha-Lager ist: "Ja, darüber haben wir viel gesprochen. Aber darüber darf ich euch nichts sagen."

Alex Rins nach ersten Yamaha-Rennen enttäuscht

Während der Teamleader voll den Blick auf die Weiterentwicklung legt, so muss Alex Rins erst einmal lernen, das Beste aus dem aktuellen Paket herauszuholen. Nach Rang 13 in Portimao war er alles andere als zufrieden: "Es waren meine ersten Punkte für Yamaha, aber vermutlich nicht genug. Es waren harte Rennen. Katar und Portimao liefen nicht so, wie ich es mir erwartet hätte."

Alex Rins in Portimao
Alex Rins verliert vor allem beim Einlenken, Foto: LAT Images

"Ich rutsche viel an der Front, wenn ich die Bremse loslasse und das Gas öffne. Ich habe Probleme, das Bike zu wenden. Ich kann nicht genug Schräglage fahren", beschrieb er seine Probleme. Mit der Honda kam er im Vorjahr sofort zurecht, gewann sogar sensationell das dritte Rennen in Austin. 2024 wird es wohl etwas länger dauern: "Ich bin nicht glücklich. Aber es ist nicht die Schuld des Teams oder des Bikes, es ist einfach erst unser zweites Rennen gewesen. Wir müssen uns anpassen und haben daher Arbeit vor uns."

Mit Quartararo-Setup auf Kriegsfuß: Rins muss sich M1 zu eigen machen

Er hat erkannt, dass er seinem neuen Bike erst einmal selbst den Stempel aufdrücken muss: "Wir müssen mehr Arbeit selbst erledigen können. Wir haben kleinere Änderungen vorgenommen, aber immer mit dem Blick auf dem Setup, das Fabio fährt. Nach diesen Rennen verstehe ich, dass ich mit dem Bike anders [als Quartararo, Amn. d. Red.] umgehen muss.".

In den nächsten Rennen dürften daher weitere Experimente folgen. Rins verriet, was er sich wünscht: "Ich glaube es geht mehr um das Setup als um meine Position auf dem Bike. Mitte des Rennens [in Portimao] veränderte ich meinen Fahrstil, um mehr Druck auf der Front aufzubauen. Aber es war nicht genug. Ich brauche mehr Gewicht an der Front, um das Bike zum Einlenken zu bringen." Demnächst geht es wieder auf seine Lieblingsstrecke nach Austin (12.4. bis 14.4). Gelingt dort bereits ein Fortschritt? Auch Quartararo konnte im Vorjahr in Texas den ersten Podestplatz der Saison einfahren. Vielleicht geht auf dem Circuit of the Americas ja ein bisschen mehr als in den ersten beiden Rennen 2024.