'Chattering', ein Begriff den wohl jeder MotoGP-Fan schon einmal gehört hat. Zuletzt trat das Phänomen beim Saisonauftakt 2024 in Katar am Hinterrad der Ducatis auf. Doch was genau ist Chattering? Was passiert beim Chattering, wie entsteht es und warum ist es so problematisch für die MotoGP-Piloten? MSM erklärt.

Was ist Chattering?

Prinzipiell handelt es sich beim Chattering um eine heftige Vibration des Rades in Schräg- bzw. Kurvenlage. Diese Vibration bei niedriger Frequenz (ca. 20 Hertz) kann sich dann vom Rad auf das gesamte Bike, bis hin zum Fahrer, übertragen. Da die MotoGP-Räder mit Felge, Bremsscheibe und Gummi immerhin eine Masse von etwas mehr als 7 Kilogramm aufweisen, können die übertragenen Kräfte der Vibration durchaus signifikant sein. Das Chattering-Phänomen kann an Front, Heck und an beiden Rädern gleichzeitig auftreten.

Chattering kann sich über das gesamte Bike übertragen, Foto: LAT Images
Chattering kann sich über das gesamte Bike übertragen, Foto: LAT Images

Wie entsteht Chattering an einem MotoGP-Bike?

Auf der Kontaktfläche zwischen dem Reifen und dem Asphalt entstehen in der Kurvenfahrt logischerweise hohe Kräfte. Normalerweise wird der Reifen vom jeweiligen Hersteller (aktuell Michelin) so konstruiert, dass er diese Kräfte absorbiert. Die Fachleute sprechen vom 'Tyre self damping effect'. Wenn die Kräfte allerdings so groß sind, dass die Absorptionsfähigkeit des Reifens überschritten wird, so übertragen sie sich auf das ganze Motorrad weiter und die Chattering-Vibrationen entstehen.

Je stärker die Belastung auf einen Reifen ist, desto größer ist seine Deformation und desto wahrscheinlicher ist, dass er nicht alle Kräfte absorbieren kann. Neben den prinzipiellen Eigenschaften des Motorrads wie Gewicht, Balance oder neuerdings auch Aerodynamik, kann auch die Strecke entscheidend für das Auftreten von Chattering sein. Die Asphaltbeschaffenheit kann sowohl in Sachen Grip als auch bei Fahrbahnunebenheiten den Chattering-Effekt verstärken oder gar erst hervorrufen. Auch die Reifenwahl spielt logischerweise eine Rolle. Eine Faustregel, dass härtere oder weichere Reifen eher zu Chattering neigen, gibt es aber nicht. Es hängt von der Situation ab.

Ein Michelin-Hinterreifen
Der Reifen ist der entscheidende Faktor, Foto: Michelin

Warum ist Chattering ein Problem für die MotoGP-Fahrer?

Chattering ist zunächst einmal ein Problem auf fahrerischer Seite. Zum einen stören die Vibrationen das Fahrgefühl. Wenn ein Pilot nicht genug Gefühl hat, sinkt das Vertrauen in das Motorrad. Vermutlich geht er dann weniger stark ans Limit. Doch selbst wenn ein Fahrer so gut ist, dass er das auf eine Runde im Qualifying ausblenden kann, so ist dies im Rennen unmöglich. Die Vibrationen sorgen mit der Zeit für Taubheit und Ermüdung der Hände und Muskeln. Stichwort: Armpump. Ein komplettes Rennen mit Chattering am Limit zu fahren ist rein körperlich unmöglich.

Dazu kommt der physikalische Effekt. Das Chattering sorgt auch für weniger Grip, da die Verbindung des Reifens zum Asphalt durch die Vibration gestört wird. Außerdem wird der Reifen logischerweise auch stärker belastet, wenn er über sein Absorptionslimit gebracht wird. Der Verschleiß ist somit höher. Insgesamt bringt Chattering also ein großes Gesamtpaket an negativen Effekten mit sich, weshalb alle MotoGP-Fahrer und Teams es vermeiden wollen.

Was tun gegen Chattering?

Dementsprechend stellt sich die Frage, mit welchen Maßnahmen Chattering vermieden werden kann. Die erste Möglichkeit ist die Reifenwahl. Michelin bringt drei verschiedene Mischungen für den Vorderreifen und zwei Varianten für den Hinterreifen zu den Grand Prix. Manche Mischungen können stärker anfällig für Chattering sein als andere. Welche dies sind, kann jedoch nur durch Ausprobieren festgestellt werden. Weiche Reifen absorbieren in der Regel stärker, erlauben aber auch höhere Kurvengeschwindigkeiten und sind somit auch größeren Kräften ausgesetzt. Bei der härteren Mischung ist es entsprechend umgekehrt.

Die zweite Möglichkeit sind Setup-Veränderungen. Wenn das Chattering vermehrt an einem Rad auftritt, dann sollte dieses möglichst entlastet werden. Eine Änderung in der Balance bzw. der Gewichtsverteilung kann dies bewirken. Auch eine Anpassung der Dämpfer kann helfen. Mit der Elektronik kann zumindest am Hinterrad nachgeholfen werden, in dem die Belastung beim Herausbeschleunigen durch ein weniger aggressives Motor-Mapping reduziert wird. Dazu gibt es in der modernen MotoGP auch die Möglichkeit, den Anpressdruck der Aerodynamik zu verringern.

Marc Marquez mit Crewchief Frankie Carchedi
Fahrer und Ingenieure können Lösungen für Chattering finden, Foto: LAT Images

Das letzte Mittel gegen Chattering ist der Fahrer selbst. Stellt er fest, dass das Phänomen in bestimmten Kurven oder bspw. über eine Bodenwelle auftritt, so kann er dies vielleicht umfahren, etwa durch eine andere Linienwahl. Auch kann er versuchen die Zeit mehr auf der Bremse und beim Herausbeschleunigen gutzumachen als durch die Kurvengeschwindigkeit. Treten die Vibrationen aber in einer Mehrheit der Kurven oder gar in allen Kurven auf, so ist auch der geschickteste MotoGP-Pilot nicht in der Lage dauerhaft gegen das Chattering anzukämpfen. Dann kann nur eine technische Lösung helfen.