Für die MotoGP-Saison 2024 scheint Ducati kaum bezwingbar zu sein. Nicht nur haben die Italiener acht der besten Bikes der Königklasse am Start, sondern sitzen auf diesen auch zahlreiche Spitzenpiloten, inklusive Superstar Marc Marquez. Nie hatte ein Hersteller so viele Optionen auf den Weltmeistertitel. Doch wenn es nach MotoGP-Legende Livio Suppo geht, dann könnte das 2025 bereits vorbei sein. Suppo, der als Teamchef bei Ducati, Honda und zuletzt Suzuki große Erfolge feierte, warnt Gigi Dall'Igna und den neuen Sportdirektor Mauro Grassilli vor einem möglichen Fahrer-Exodus.

"Der Vertrag von allen Ducati-Fahrern endet in diesem Jahr, also gehe ich davon aus, dass der Markt sich bald öffnet", begann der Italiener seine Ausführungen im Interview bei motogp.com. Die Attraktivität von Ducati könnte bald geringer werden: "Ihr Motorrad ist des beste, also wollen alle Ducati-Fahrer momentan auf einer Ducati bleiben. Aber KTM und Aprilia gehen ihren Weg weiter, und Yamaha und Honda haben Concessions, die ihnen mehr Potential geben sollten. Bereits in Valencia haben wir gesehen, dass Honda ein Fortschritt gelungen ist. Wenn sie diese Concessions weise nutzen, dann könnten sie die Lücke bis zur Mitte der Saison bereits deutlich geschlossen haben. Dann wäre der Markt ein komplett anderer."

Livio Suppo warnt Ducati vor Fahrer-Abgängen, Foto: LAT Images
Livio Suppo warnt Ducati vor Fahrer-Abgängen, Foto: LAT Images

Nur Bagnaia gesetzt, Kampf um zweiten MotoGP-Platz im Ducati-Werksteam

Für ihn steht fest, dass Ducati in Sachen Fahrerentscheidung eine schwere Zeit vor sich hat. Klar ist für den 59-Jährigen nur eine Personalie: "Ich bin sicher, dass Ducati zuerst versuchen wird mit Pecco [Bagnaia] zu verlängern. Er ist zweifacher Weltmeister und Ducatis Speerspitze, also müssen sie ihn halten. Daher nehme ich an, dass es nur einen weiteren Platz im Werksteam geben wird und um diesen wird ein Kampf entbrennen." Und in diesem Wettstreit könnte die Konkurrenz die Fühler ausstrecken: "Derweil werden Ducatis Rivalen, falls sie zu Saisonbeginn Fortschritte zeigen, es schwieriger machen für Ducati, alle Fahrer zu halten. Und sie werden auch weniger Zeit für ihre Entscheidungen haben. Ich denke sie würden gerne bis zum Sommer warten, aber vielleicht wird das nicht möglich sein."

Neben Enea Bastianini, der den Werksplatz aktuell innehält, und Marco Bezzecchi denkt Suppo dabei vor allem an zwei Piloten. Der eine hat seinen Standpunkt zuletzt betont: " Jorge Martin hat bereits klargestellt, dass er nächstes Jahr im Werksteam sein will, oder er wird zu einem anderen Werksteam gehen. Er will ein Werksbike. Das bedeutet, dass wenn zur Saisonmitte einer aus KTM, Aprilia, Honda oder Yamaha gezeigt hat, dass sie die Lücke geschlossen haben, dann wird Jorge auf dem Markt sein." Bereits 2023 gab es Anwerbeversuche von Yamaha, letztlich holten die Japaner dann aber Alex Rins von LCR. In diesem Jahr könnte es einen neuen Versuch geben. Pramac-Teamchef Paolo Campinoti sieht seinen Schützling jedoch eher bei Honda.

Jorge Martin (l.) und Marco Bezzecchi (m.) sind Kandidaten für den Platz neben Francesco Bagnaia (r.), Foto: LAT Images
Jorge Martin (l.) und Marco Bezzecchi (m.) sind Kandidaten für den Platz neben Francesco Bagnaia (r.), Foto: LAT Images

Zukunft von Marc Marquez unklar: Zwickmühle für Ducati

Beim anderen Piloten handelt es sich natürlich um Marquez. Der Starpilot könnte Ducati in eine Zwickmühle treiben: "Wer weiß, was mit Marc [Marquez] passieren wird? Er wird konkurrenzfähig sein, also wird in der Theorie das Ducati-Werksteam Interesse an ihm haben. Aber das würde wiederum bedeuten, dass sie einen der anderen Piloten verlieren werden. Das wird nicht einfach zu handhaben sein."

Andererseits ist aber auch noch gar nicht klar, was Marquez selbst für 2025 will: "Marc wollte den Einjahresvertrag und den bekam er bei Gresini. Er wollte diesen Deal, um erst einmal zu sehen, ob er noch schnell genug für einen Titelkampf ist. Sobald er das für sich bestätigt hat, dann wird er die Freiheit haben zu sehen, was Honda macht, was KTM macht, was Ducati macht, und dann eine Entscheidung treffen."

Eine Verlockung streicht Suppo bei diesem Thema heraus: "Man sollte die Möglichkeit einer Rückkehr von Marc zu Honda nicht ausschließen. Sehen sie sich nur die Art und Weise der Trennung an. Das war alles auf sehr freundliche Art und Weise, nicht nur PR. Marc und Honda bemühten sich wirklich um eine Lösung für beide Seiten. Es ist eine Möglichkeit für Marc, zu alter Stärke zu finden, und gleichzeitig nimmt es Druck von Honda, ein Bike ohne Marc zu entwickeln, denn Marc will gewinnen und dazu wird das Bike zu Saisonbeginn nicht bereit sein. Am Ende blieb sein Team [die Crew rund um Santi Hernandez, Anm. d. Red.] bis auf einen [Javi Ortiz, Anm. d. Red.] bei Honda und wir wissen, wie stark diese Verbindung war. Also, wer weiß?" Dem sportlich so erfolgsverwöhnten Ducati-Lager stehen also zumindest in Sachen Fahrerkader einige Herausforderungen bevor.

Was meint ihr? Wer wird am Ende den zweiten Werksplatz bekommen und wer wird Ducati verlassen? Sagt es uns in den Kommentaren.