Der WM-Kampf der MotoGP wird immer heißer. Mit seinem Sieg im Sprint von Katar hat Jorge Martin den Rückstand auf Titelverteidiger Francesco Bagnaia halbiert. Nurmehr sieben Punkte trennen die beiden Ducati-Piloten vor dem Grand Prix in Losail. Dabei musste sich der Spanier am Titelverteidiger vorbeikämpfen. Gleich zweimal gab es Kontakt zwischen den beiden Rivalen. Martins Sieg war auf Messers Schneide, während Bagnaia die Welt nicht mehr verstand: Wo war seine Pace hin?

Schlechter Reifen? Bagnaia rätselt über Pace-Verlust

"Ehrlicherweise habe ich mich das gesamte Wochenende zuvor anders Gefühl. Ich dachte, wir hatten das Potential für den Sieg" musste ein geknickter 'Pecco' Bagnaia nach dem Rennen feststellen. Plötzlich ging aber nichts mehr für den Ducati-Star: "Als das Rennen aber startete, war mein Gefühl ein ganz anderes. Ich konnte nicht pushen, keine normale Pace fahren. Die hatte ich heute Morgen noch konstant gezeigt. Ich bin also ziemlich wütend. So sieben Punkte zu verlieren ist eine bedauerliche Sache. Ich sehne mich jetzt nach morgen, denn ich glaube wir können normal schneller sein."

Bagnaia vermutet, einen schlechten Reifen erwischt zu haben. Gegen die vier Ducati-Kollegen vor ihm hatte er keine Chance: "Mein Gefühl für den Grip am Heck war sehr schlecht. Ich konnte nicht so herausbeschleunigen wie die Jungs vor mir." Wie beim Turiner üblich, schaltete er sofort in den Analyse-Modus: "Ich habe mir bereits alles angesehen, denn es war sehr merkwürdig." Eine Lösung konnte er aber noch nicht präsentieren. Damit im Rennen mehr als Rang Fünf drin ist, wird er eine Reifenentscheidung treffen müssen: "Ich fühle mich gut auf dem harten Vorderreifen, also wird das ok sein. Der Hinterreifen hingegen war schwierig zu verstehen."

Martin geht ins Risiko, Bagnaia gefällts

Sein Rivale Martin hatte mit einem anderen Unsicherheitsfaktor zu kämpfen: "Ich hatte vor dem heutigen Rennen einige Zweifel, denn ich konnte das ganze Wochenende keinen guten Start machen. Es gab immer Wheelspin. Ich wusste also nicht, wie es kommen würde. Am Start habe ich also nicht erwartet, dass ich dritter sein würde. Und dann ist mir ein Fehler unterlaufen." Marc Marquez und Bagnaia schlüpften wieder durch. Martin musste seine Jagd nach dem Sieg von vorne beginnen und das erste Hindernis war sein großer WM-Konkurrent. Keine leichte Aufgabe: "Es war schwierig hier zu überholen, denn die Ideallinie ist sehr schmal. Da musst du ein großes Risiko eingehen, eine andere Linie zum Überholen zu wählen."

Wie groß das Risiko war, konnten die Fans mit Begeisterung beobachten. Gleich zweimal gab es Berührungen zwischen den beiden Titelkandidaten. In der zweiten Runde ging der Spanier mit voller Härte am WM-Leader vorbei. Martin empfand sein Duell mit Bagnaia aber gar nicht als den heikelsten Moment des Rennens: "Ich glaube, das war nicht so riskant. Vielleicht hat er die Linie etwas zugemacht, aber es war kein verrücktes Manöver. Ich nahm mehr Risiko als ich sah, dass Diggia [Fabio di Giannantonio] herankam. In der letzten Runde habe ich gewaltig gepusht, aber ich musste das Risiko gehen. Jeder Punkt zählt." Am Ende konnte der Pramac-Pilot seinen Sieg aber gegen den Italiener verteidigen.

Fabio di Giannantonio war Martins härtester Gegner am Samstag, Foto: LAT Images
Fabio di Giannantonio war Martins härtester Gegner am Samstag, Foto: LAT Images

Doch wie dachte Bagnaia über den Vorfall? Der Respekt zwischen den beiden ehemaligen Moto3-Teamkollegen ist ungebrochen. Er freute sich, denn ein harter Endkampf in der WM ist damit eröffnet: "Es war cool, dass er das getan hat. Damit macht er ein Fass auf, das mir gefällt." Das wird aber wohl heißen, dass auch Bagnaia in Zukunft nicht vor Risiko und Härte zurückstecken wird. Eine Pause in dem rasanten Duell gibt es nicht. Schon am Sonntag könnte Martin die WM-Führung übernehmen. Er scharrt mit den Hufen: "Morgen ist ein großer Tag für uns alle, für Pecco und mich. Abhängig davon, wie es läuft, wird es die Geschichte für Valencia bestimmen." Eines hat Martin mit seinem Sprint-Erfolg definitiv schon erreicht: Die Entscheidung fällt erst in Valencia. Selbst bei einem Bagnaia-Sieg mit Ausfall Martins kann der Spanier in seiner Heimat immer noch zurückschlagen.