Das Fahrerlager der Motorrad-Weltmeisterschaft lässt sich in vielerlei Hinsicht mit einem kleinen Dorf vergleichen. Und jeder, der einmal in einem solchen gelebt hat weiß, dass dort nichts unbeobachtet bleibt. Das gilt auch - oder besonders - wenn sich im Paddock die großen MotoGP-Stars zu einem vermeintlich geheimen Beisammensein treffen.

So geschehen am Donnerstagabend am Circuit de Catalunya vor den Toren Barcelonas. Angesprochen auf das Meeting, wollten die meisten Fahrer am Freitag nichts mehr davon wissen. "Welches Meeting?", antworteten die Espargaro-Brüder Aleix und Pol unabhängig voneinander mit einer wortgleichen Gegenfrage. Schließlich rückten die Piloten aber doch mit einigen Details zu ihrem Treffen heraus.

Aleix Espargaro beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Sicherheit in der MotoGP, Foto: LAT Images
Aleix Espargaro beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Sicherheit in der MotoGP, Foto: LAT Images

Wie Aleix Espargaro verriet, dienten die Vorkommnisse des Großbritannien-GP als Anregung für das Meeting. Dort fand das 2. Freie Training am Samstag bei sintflutartigem Regen statt. Bedingungen, welche die MotoGP-Stars als nicht tragbar erachteten. Die Rennleitung entschied sich aber gegen einen Abbruch der Session. Anschließend suchten einzelne Fahrer untereinander das Gespräch, um über die Situation zu diskutieren. Marc Marquez etwa klopfte an das Motorhome von Aleix Espargaro. "Es ist aber schwierig, mit allen Kollegen zu sprechen und zu verstehen, wie jeder denkt", erklärt der Aprilia-Pilot.

Deshalb organisierten sich die Fahrer. Sie gründeten eine WhatsApp-Gruppe und vereinbarten den Termin am Donnerstagabend in Barcelona. Ein Termin, der sicherlich nicht zufällig gewählt wurde. Um Themen wie den ausgebliebenen Abbruch von Silverstone gegenüber Vertretern von Promoter Dorna und Weltverband FIM anzusprechen, steht den Fahrern das Meeting der Safety-Commission an den Freitagabenden der Rennwochenenden zur Verfügung. Dort präsentieren die Piloten aber oft unterschiedliche Standpunkte. Und so bleibt eine echte Lösung meist aus. Das könnte sich nun ändern.

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"Es geht darum, dass Meinungsverschiedenheiten unter den Fahrern nicht gegen uns verwendet werden", erklärt Pol Espargaro. "Wir müssen an einem Strang ziehen. Dafür ist ein direkter Draht zwischen uns nötig - ohne Umwege." Bruder Aleix stimmt zu: "Gute Kommunikation ist immer die beste Grundlage."

Weitere derartige Treffen sollen vorerst nicht geplant sein. Das Meeting von Barcelona könnte dennoch einen wichtigen Wendepunkt in der Durchsetzung der Fahrerinteressen darstellen. Seit Jahren klagen die Aktiven darüber, bei den MotoGP-Verantwortlichen nicht ausreichend Gehör zu finden. Eine Fahrergewerkschaft nach Vorbild der GPDA in der Formel 1 wird seit langer Zeit diskutiert, konnte aber bislang nicht umgesetzt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte nun gemacht sein.