Der deutsche Motorradsport auf der Rundstrecke ist an einem Tiefpunkt. 2023 ist mit Lukas Tulovic in der Moto2 nur mehr ein deutscher Fahrer in der Weltmeisterschaft vertreten. Damit sich das in Zukunft wieder ändert, muss die Flaute im Nachwuchsbereich beendet werden. Dafür arbeiten mittlerweile der ADAC und der Deutsche Motor Sport Bund in einer gemeinsamen Initiative: Dem Motorsport Team Germany. Diese Nachwuchsförderung unterstützen auch die Ex-MotoGP-Piloten Stefan Bradl und Alex Hofmann.

Beim Blick auf die konzentrierte Organisation, die damit in der Nachwuchsförderung geschaffen wird, ist Hofmann begeistert. In seiner Jugend war dies noch undenkbar: "Wenn ich an meine Zeit denke, als ich 13, 14, 15 war. Es gab das ADAC-Juniorteam, es gab die Sportstiftung - ich habe da auch die Unterstützung genossen -, aber es war 100% von Eigeninitiative abgewickelt. D.h. es waren ein paar verrückte Familien, die mit einem Traum durch Europa gefahren sind und dafür alles gemacht haben, ohne die Möglichkeiten, die wir heutzutage haben. Ohne Anlaufpunkte. Ohne eine Treppe zu sehen: Das wäre mein Plan. Es war: Was haben wir jetzt? Wo sind wir? Was können wir uns leisten? Wie geht es weiter?"

Bradl, Öttl, Cortese: Vor einigen Jahren waren noch viel mehr deutsche in der Motorrad-WM, Foto: LCR Honda
Bradl, Öttl, Cortese: Vor einigen Jahren waren noch viel mehr deutsche in der Motorrad-WM, Foto: LCR Honda

Jahrelang mussten sich die Verbände Kritik anhören, auch von Rennfahrern wie Bradl und Hoffmann. Mittlerweile sollte es nach Hofmann aber auch Anerkennung geben, für große Anstrengungen im Nachwuchs: "Man haut gerne drauf auf den ADAC und die Nachwuchsförderung, aber ich möchte auch einmal eine Lanze brechen: Es war noch nie so gut wie jetzt, was die Strukturen angeht, die wir jetzt in Deutschland haben. Wir haben zu wenig Trainingsmöglichkeiten und zu viel schlechtes Wetter im Vergleich zu den Spaniern und wenig breite Masse, die das so sehr liebt wie wir. Aber die Möglichkeiten, dass da einer kommt und sagt: Alex, ich will das so wie du machen! Die sind mittlerweile so viel. Ich wüsste gar nicht mehr, was es alles gibt. Ich müsste erst nachfragen, weil wir so gut aufgestellt sind."

Hofmann: Wunsch der Kinder erhören und nicht mit neuem Handy abspeisen

Dass Deutschland zu einer Motorrad-Nation wie Spanien oder Italien wird, bleibt auch weiterhin utopisch. Aber mit mehreren Fahrern vertreten zu sein und hin und wieder Erfolge feiern zu dürfen, wird jetzt mit konzentriertem Engagement angestrebt. An Fans mangelt es weiterhin nicht, besonders in der Region um den Sachsenring, doch wirklich mit Motorradsport anfangen, das wagen die Wenigsten. Hofmann geht deswegen vor allem die Eltern an: "Wir brauchen Leute, die sagen: Mein Sohn stand vor mir mit solchen Augen und meint, er will der nächste Marc Marquez werden. Dann muss er sagen: Das machen wir, wenn du das willst!"

Doch genau diese Leute gäbe es in der heutigen Gesellschaft kaum noch. Der Eintritt in den Motorradsport sei ungeliebter denn je: "Genau da ist der Knackpunkt. 99,9% der Eltern sagen dann: Du kriegst ein neues Handy." Das Risiko werde gerade in jungen Jahren nicht mehr geduldet: "Es geht schon los mit dem Fahrradfahren. Keine Ahnung, wie oft ich früher blutig heimgekommen bin. Wer macht das heute noch? Wir sind durch Neubausiedlungen gefahren als vier bis fünfjähriger. Das war mein Trainingsplatz."

Alex Hofmann will bei der Nachwuchsförderung mit anpacken, Foto: Tobias Linke
Alex Hofmann will bei der Nachwuchsförderung mit anpacken, Foto: Tobias Linke

Alles für Nachwuchsförderung bereit, wenn Eltern es zulassen

Die Eingangsschranke in den Zweiradsport hat sich von mangelnder Förderung hin ins Elternhaus verschoben: "Wir müssen es schaffen und das ist die entscheidende Frage: Wird das in der Gesellschaft mal wieder cool und akzeptiert? Wir müssen die Eltern überzeugen zu sagen: Lassen wir diesen Traum leben und nicht, das ist lebensgefährlich. Der Sport ist gefährlich, aber wir geben dir trotzdem die Möglichkeit, weil ich in deine Augen blicke und du brennst und du willst nichts anderes. Das müssen wir unterstützen!" Wie dies jedoch zu erreichen ist, ließ der erste deutsche MotoGP-Pilot offen.

Eines steht für ihn jedoch fest. Sollte sich ein Elternhaus entscheiden, dem eigenen Kind den Wunsch nach einer Motorradkarriere ermöglichen zu wollen, dann sehe die Lage besser aus denn je. "Wenn da einer steht, dann stehen hier alle bereit. Dann steht der ADAC bereit, dann steht Stefan Bradl bereit, dann stehe ich bereit. Es ist alles da. Wir haben eine Red-Bull-KTM-Macht vom Rookies Cup bis in die MotoGP. Ich wäre gerne nochmal 12, da bin ich ganz ehrlich", machte Hofmann eine Ansage. Für den deutschen Motorradsport bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Familien diesem Ruf folgen werden.