Mit großen Ambitionen war Pol Espargaro nach Jahren im Honda-Lager 2023 als GasGas-Stammpilot in die KTM-Familie zurückgekehrt. Schon am ersten Rennwochenende in Portimao folgte dann aber der Schock: Der Spanier stürzte im 2. Training am Freitagabend schwer und fiel seither verletzt aus. Er hatte sich eine Lungenquetschung und insgesamt acht Knochenbrüche an Rippen, Wirbeln und Kiefer zugezogen. Knapp drei Monate sind seither vergangen. Am Rande der Dutch TT ist Espargaro in Assen nun zurück im MotoGP-Paddock und sprach am Samstag erstmals öffentlich über seine Verletzung und die lange Auszeit.
"Es war hart für mich und das Team, ich wollte einfach alle Gesichter vor der Sommerpause nochmal sehen. Geplant war, am Sachsenring zu fahren, vielleicht schon in Mugello. Aber die letzten Röntgenaufnahmen haben nicht das gezeigt, was wir erhofft hatten. Deshalb haben mir die Ärzte geraten, besser noch etwas zu warten", begann der GasGas-Pilot eine eigens einberufene Medienrunde in Assen.
Anschließend blickte er auf die zurückliegenden drei Monate zurück und gab einen Einblick in seine Gefühlswelt während der Arbeit am Comeback: "Es gab viele Höhen und Tiefen. Anfangs konnte ich gar nicht sagen, welche Verletzung am schmerzhaftesten war, sie waren höllisch. Ich musste so viele Schmerzmittel nehmen. Manchmal kam der Schmerz vom Mund, dann vom Nacken, dem Rücken oder den Rippen. Ich hatte so viele Problemzonen, dass ich nach drei Monaten hier bin, ist ein Wunder."
Pol Espargaro: 2,5 Kilogramm Gewicht pro Woche verloren
Besonders die lange Zeit im Krankenhaus, in der Espargaro ans Krankenbett gefesselt war, setzte ihm zu. Das ging sogar so weit, dass der GasGas-Pilot an ein Karriereende dachte: "Meine Verletzungen waren so groß und wenn du im Krankenhaus bist ... Es ging mir so schlecht und ständig kamen Menschen, um mir zu sagen, wie schlimm meine Verletzungen sind. Ich habe eine Frau und zwei Töchter. Es war schwer. Aber das ist, was ich tue. Ich fahre mein ganzes Leben lang Rennen und tue mir selbst weh, das ist Teil des Jobs."
Mittlerweile denkt Espargaro nicht mehr an einen Rücktritt. "Ich freue mich darauf zurückzukommen", sagt er. Gleichzeitig verrät er aber auch: "Diese Momente holen dich in die Realität zurück. Das wird mir länger im Gedächtnis bleiben als ein gebrochener Finger oder eine gebrochene Hand. Du realisierst erst, wie schwerwiegend das war. Ich werde auf dem Bike sicher etwas vorsichtiger sein." Der GasGas-Pilot war im 2. Training in Portimao auf der Outlap gestürzt, weil seine Reifen wohl nicht im richtigen Temperaturfenster waren und er zu früh zu stark attackierte.
Deshalb will sich Espargaro die Schuld für den Crash auch selbst zuschreiben, Ausreden mit Blick auf zwei Rote Flaggen und kühle Außentemperaturen will er nicht gelten lassen. Als schlimmste Zeit nach dem Unfall bezeichnet er die vier Wochen, die er seinen Mund nicht öffnen konnte: "Ich konnte nicht essen, nur Flüssignahrung. Ich habe 2,5 Kilogramm Körpergewicht pro Woche verloren, das war verrückt - 2,5 Kilogramm Muskelmasse, kein Fett, weil ich keines hatte. Ich habe mich gefragt, wie ich das alles zurückholen soll. Das war ein schlimmes Gefühl. Ich habe ich den Spiegel geschaut und mich nicht wiedererkannt. Das war hart."
Pol Espargaro vor MotoGP-Comeback in Silverstone
Eine besondere Unterstützung lieferte in dieser Zeit Bruder Aleix, der gleichzeitig die MotoGP-Rennen in Argentinien, Austin, Jerez und Co. bestritt. "Er war immer für mich da", sagt der GasGas-Fahrer. "Wenn ich etwas über Motorräder hören wollte, habe ich ihn oder meinen Crewchief angerufen. Ich hätte nie gedacht, dass KTM, GasGas und die Pierer Mobility Group während all dieser Zeit so sehr hinter mir stehen würden. Sie haben viel getan, wovon ihr nichts wisst. Ich bin ihnen so dankbar."
Langsam geht der Blick bei Espargaro nun aber wieder nach vorne. Nach der sechswöchigen Sommerpause möchte er in Silverstone beim Großbritannien Grand Prix sein MotoGP-Comeback feiern. Er weiß aber, dass auch die nächsten Wochen nicht einfach werden: "Das wird wie eine zweite Saisonvorbereitung. Ich plane, auf mehreren Strecken zu fahren. Ich habe immerhin schon viel Gewicht zugelegt, ich habe alles zurückgeholt. Ich bin bereit."
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