Eigentlich ist der Sachsenring die Angststrecke Ducatis. Die Italiener hatten dort seit Casey Stoner im Jahre 2008 nicht mehr gewinnen können. Die traditionelle Ducati-Stärke großer Motorleistung konnte auf dem engen Kurs kaum ausgespielt werden. Dazu kam ab 2013 auch noch Marc Marquez, der der Konkurrenz auf der Strecke ohnehin nie eine Chance ließ. 2022 war er erstmals nicht am Start, doch Francesco Bagnaia stürzte im Kampf um die Spitze und Fabio Quartararo gewann mit deutlichem Vorsprung. Der Franzose hatte zu diesem Zeitpunkt 91 Punkte Vorsprung auf 'Pecco' und Ducati, er sah wie der sichere Weltmeister aus.
Seitdem hat Ducati jedoch zu einem Siegeszug sondergleichen, inklusive WM-Titel für Bagnaia, angesetzt. Die endgültige Bestätigung ihrer Vorherrschaft über die MotoGP gab es an diesem Wochenende bei der Rückkehr nach Deutschland zu sehen. Die Italiener gewannen nicht einfach nur auf ihrer Angststrecke, sie demütigten die Konkurrenz. Jorge Martin, Francesco Baganaia, Johann Zarco, Marco Bezzecchi und Luca Marini sorgten für einen Fünffachsieg. KTM-Pilot Jack Miller auf Rang sechs rettete die Rest-Ehre der anderen Hersteller, denn hinter ihm kamen die drei anderen Ducatis ins Ziel. Das macht 8 Desmosedicis in den Top 9. Einen Fünffachsieg hatte es seit dem Rio GP 2003 vor 20 Jahren nicht mehr gegeben. Damals führte Valentino Rossi eine Honda-Armada an.
Aleix Espargaro: Ducati auf anderem Planeten und überall besser
Die Konkurrenz lässt bereits Resignation durchblicken. "Ducati ist auf einem anderen Planeten", meint etwa Aprilias Aleix Espargaro. Der Katalane hätte sich nicht vorstellen können, dass die letztjährigen Dominatoren noch einmal zulegen: "Ich hätte nicht erwartet, dass sich Ducati im Vergleich zum Vorjahr so stark verbessert, aber sie haben es getan. Schaut euch die Rundenzeiten von diesem Jahr an und dann die vom letzten Jahr, ich glaube das Rennen war 20 Sekunden schneller. Wir haben dieses Level nicht."
Dieser Sichtweise widerspricht allerdings VR46-Pilot Luca Marini. Für ihn waren vor allem die niedrigeren Temperaturen für das schnellere Rennen verantwortlich. Für den Halbbruder von Valentino Rossi ist die Ducati-Dominanz so groß, gerade weil sich nicht viel im Vergleich zum Vorjahr geändert hat: "Dieses Jahr macht Ducati einen fantastischen Job im Vergleich zum Vorjahr, weil sie das Bike nicht so sehr angerührt haben. Die GP23 ist nur ein kleiner Fortschritt, aber sie sacken ein Resultat nach dem anderen ein, weil sie bei ihrem Paket nicht den Faden verlieren."
Espargaro hat dennoch den Eindruck mit seiner Aprilia auf verlorenem Posten zu stehen. Die Liste der Ducati-Vorteile ist lang: "Sie sind überall besser. In der Bremsleistung sind sie die Nummer 1 im Paddock. Sie können eine Menge Traktion erzeugen und viel Leistung auf die Straße bringen, ohne durchdrehende Räder zu haben. Das Bike sieht vielleicht nicht so aus, aber es ist auch super agil. Es lenkt besser ein als je zuvor. Dazu haben sie auch noch sehr gute Fahrer. Heute waren es 8 Ducatis in den Top 9."
Das Ducati-Erfolgsrezept: Viele Fahrer = Viele Daten für die Ingenieure
Tatsächlich fahren sowohl die aktuelle GP23 als auch das Vorjahresmodell GP22 der Konkurrenz um die Ohren. Doch wie können sie allesamt vorne sein? Sachsenring-Sieger Jorge Martin hat eine Erklärung: "Der Erfolg kommt, weil wir mit vielen Fahrern auch viele Daten haben. Wenn Pecco [Bagnaia] schnell ist, dann sehe ich mir seine Daten an. Das führt dazu, dass bis Sonntag alle Bikes funktionieren." Bagnaia stimmte zu: "Das ist der Weg zum Erfolg, allen Fahrern dasselbe Material zu geben. Dann können sich die Ingenieure bei allen Fahrern die Daten ansehen und sie vergleichen. Mit Sicherheit ist das der Grund, warum wir uns so stark verbessern."
Der Ducati-Vorteil ist laut der Piloten der Italiener also auch auf einer breit aufgestellten Setup-Arbeit und Optimierung des Bikes während des Rennwochenendes fußend. Momentan kann nur das Werksduo von KTM mit Brad Binder und Jack Miller die Ducatis hin und wieder herausfordern. Für Luca Marini hat Ducati nicht das bessere Bike als die Mattighofener, aber: "Wir sind mehr. Acht Fahrer können zwei Fahrer schlagen. Ducati hat sehr viele gute Fahrer, die jetzt auch etwas mehr Erfahrung mit dem Hersteller haben. Die Ducati-Ingenieure haben mehr Daten. Für KTM ist es das erste Jahr, wo sie in jedem Rennen um den Sieg kämpfen." Nur Alex Marquez stieß 2023 neu zu Ducati, die anderen sieben Piloten gehen mindestens in ihr zweites Jahr bei den Italienern.
Miller mit Kampfansage an Ducati: Werden sie schon kriegen!
Marini erwartet sich daher baldige Konkurrenz aus Österreich, wenn KTM ebenfalls Erfahrung gesammelt hat: "Mit Sicherheit werden sie nach vorne kommen. Nächstes Jahr, aber auch in den letzten Rennen werden sie da sein." Jack Miller, der 2022 noch fürs Ducati-Werksteam fuhr, stimmte zu: "Das Team arbeitet sehr gut, dieses Projekt ist noch sehr jung. Die einzigen zu sein, die mit diesen Ducatis kämpfen ist ziemlich gut." Deswegen gab er im Gegensatz zu Espargaro eine Kampfansage in Richtung Borgo Panigale ab: "Sie sind momentan sicher gut, da gibt es keinen Zweifel. Aber sie waren nicht immer so gut. Wir werden sie schon kriegen."
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