Fünf Fahrer schickte Honda in das vergangene MotoGP-Rennwochenende in Jerez und damit so viele wie seit dem Spanien GP im Vorjahr nicht mehr. Zu den Stammpiloten Joan Mir, Alex Rins und Takaaki Nakagami gesellte sich im Werksteam Iker Lecuona als Ersatzmann für den weiterhin verletzten Marc Marquez, Testfahrer Stefan Bradl pilotierte eine Wildcard.
Die Bilanz des Spanien Grand Prix fällt dennoch verheerend aus: Im Qualifying mit Nakagami nur ein Honda-Pilot in den Top 11, alle anderen auf den Startplätzen 18, 19, 20 und 23. Keine Punkte und zwei Stürze im Sprint, dann zwei weitere im Hauptrennen. Dort war es erneut Nakagami, der mit Platz neun die Honda-Flagge hochhielt, Bradl punktete als 14. immerhin zweifach.
Mehr als neun mickrige WM-Zähler waren für die Japaner in zwei Rennen also nicht zu holen - und das auf einer Strecke, auf der die RC213V eigentlich immer gut dabei war und auf der Marc Marquez im Vorjahr noch um das Podium gekämpft hatte. Zwei Wochen nach dem sensationellen Triumph von Austin, wo Rins Honda den ersten MotoGP-Sieg seit September 2021 bescherte, ist der einstige Königsklassen-Dominator also wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen.
Nach Jerez-Horror: Ratlosigkeit im Honda-Lager
"Wir wussten, dass diese Strecke ganz anders sein würde als Austin. Die Kurven sind anders, viel enger. Wir haben also wieder bei Null angefangen", zeigt sich Rins wenig überrascht. Trotzdem hätte sich der LCR-Pilot mehr vom Jerez-Wochenende erhofft: "Was mich verwundert ist, dass uns keine Setup-Verbesserungen gelungen sind, damit wir ein besseres Turning in den Kurven haben. Das ist frustrierend."
Schlechte Stimmung herrschte auch auf der anderen Seite der LCR-Garage. Selbst ein neunter Platz, immerhin sein bestes Saisonergebnis, konnte Jerez-Spezialist Nakagami nicht glücklich stimmen: "Ich bin froh, das Rennen in den Top Ten beendet zu haben, aber die Performance war nicht gut. Wir sind noch weit davon entfernt, wo ich hinwill." Die Probleme, die den 31-jährigen Japaner auf seiner Paradestrecke plagten, sind altbekannt: "Ich bekomme auf dem Bike keine Pause. Das Turning ist okay, aber es fehlt an Rear-Grip. Der Reifen ist ständig in Bewegung und dreht durch. Das macht es schwer, das Motorrad zu fahren."
Noch angespannter ist die Lage bei Repsol-Honda-Neuzugang Mir. Der ehemalige Suzuki-Pilot stürzte in beiden Rennen und liegt nach vier Rennwochenenden mit lediglich fünf Punkten auf dem 20. Rang der Fahrer-Weltmeisterschaft. Zur Einordnung: Selbst Teamkollege Marquez hat mit einer einzigen Zielankunft im Sprint von Portimao schon zwei Zähler mehr gesammelt. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zeigte sich der Weltmeister von 2020 am Sonntagabend völlig ratlos: "Jedes Mal, wenn ich pushe, verliere ich die Front. Ich bin mit meinem Fahrstil am Limit. Wir müssen eine Lösung finden, damit ich Kurven fahren kann. Mein aktueller Kurvenspeed ist alles andere als gut."
Dank Kalex-Chassis: Mir sieht Honda auf dem richtigen Weg
Sämtliche Honda-Piloten legten deshalb große Hoffnungen in die achtstündigen Jerez-Testfahrten am Montag. Ein echter Durchbruch blieb aber auch hier aus. "Zu Beginn sind wir zu einem Chassis aus den Wintertests zurückgegangen. Mein Gefühl war damit etwas besser. Dann haben wir aber neue Reifen aufgezogen und ich bin sofort in Turn 6 gestürzt", berichtet Mir nach Testende. "Wir haben dann an der Geometrie gearbeitet. Da habe ich ein paar interessante Dinge gelernt, konnte aber nicht alles in einer Runde zusammenfügen."
Der Honda-Werkspilot beendete den Test auf Platz 15, auf die Bestzeit von Marco Bezzecchi fehlten ihm 0,942 Sekunden. Damit konnte Mir seinen Rückstand auf die Spitze gegenüber dem Spanien GP nicht spürbar verringern, trotzdem konnte er dem Tag Positives abgewinnen: "Unsere Priorität war es, mein Gefühl für die Front zu verbessern. In der letzten Ausfahrt war es besser, ich konnte mehr Kurvenspeed mitnehmen. Darüber freue ich mich. Wir haben die richtige Richtung gefunden."
Von besonderem Interesse war am Montag natürlich das Kalex-Chassis, welches Testfahrer Stefan Bradl nach langem Hin und Her erstmals ausprobieren konnte. Weil Honda dem Deutschen nach Testende keine Medienrunde erlaubte, wurde Mir nach ersten Eindrücken befragt. Der Spanier hatte den Kalex-Rahmen ebenfalls testen dürfen: "Ich bin nur eine Runde damit gefahren, weil ich in Turn 5 ein Elektronik-Problem hatte. Das macht es schwer, eine Einschätzung abzugeben. Es kann gut sein, muss aber nicht. Stefan war jedenfalls zufrieden. Das Bike ist etwas anders, das habe ich auf der Outlap gespürt. Aber ich weiß nicht, ob es auch schneller ist. Das müssen wir rausfinden."
LCR-Piloten vom Jerez-Test enttäuscht: Kein Fortschritt
Während in der Repsol-Honda-Box also wieder etwas Aufbruchstimmung eingekehrt ist, wird im LCR-Lager weiter Trübsal geblasen. "Wir haben unterschiedliche Aero-Pakete getestet, sind letztlich aber zur Standard-Variante zurückgegangen. Ich habe keinen großen Fortschritt gespürt", analysiert Nakagami am Montag trocken. Sein frustriertes Fazit: "Ich bin etwas enttäuscht von der Performance und hätte mir mehr erhofft, weil das ein wichtiger Test war. Uns fehlt es immer noch an Rear-Grip und teilweise war das Turning sogar noch schlechter."
Teamkollege Rins fand nach Testende in seiner Medienrunde ähnliche Worte: "Wir haben insgesamt fünf verschiedene Pakete probiert, die aber allesamt sehr ähnlich waren. Manche Flügel waren etwas besser und haben mir mehr Kurvenstabilität gegeben, aber im Vergleich mit dem Basis-Setup war die Rundenzeit fast identisch." Der Austin-Sieger war mit 1,148 Sekunden Rückstand auf Platz 17 gelandet. Für das nächste Rennwochenende in Le Mans [12. - 14. Mai, Anm.] macht er sich wenig Hoffnung auf Besserung: "Wir werden am Freitag sehen, wir nah oder fern wir von der Spitze entfernt sind. Ich sehe uns aber ehrlich gesagt nicht in den Top Ten."
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