Nach einer ruhigeren Ausgabe in Austin knüpfte der Sprint von Jerez wieder an die unterhaltsamen, ereignisreichen Debütrennen in Portimao und Termas de Rio Hondo an. Vor allem die KTM-Piloten Brad Binder und Jack Miller sorgten mit ihren Überholmanövern für ordentlich Spektakel. Für Aufruhr sorgte am Samstag aber auch ein Start-Crash, in den mehrere Fahrer involviert waren und welcher für eine zwischenzeitliche Rennunterbrechung sorgte.

Was war passiert? Yamaha-Pilot Franco Morbidelli attackierte nach gutem Start in der zweiten Kurve Alex Marquez. Er stach auf der Innenbahn in eine kleine Lücke, die sich schnell wieder schloss, nachdem sein Kontrahent Richtung Scheitelpunkt der Kurve lenkte. Morbidelli konnte nicht mehr zurückziehen, es kam zur Kollision. Beide Piloten stürzten. Marco Bezzecchi konnte nicht mehr ausweichen, traf die auf der Strecke liegende Yamaha und flog ebenfalls ab.

Im hinteren Feld verlor auch noch Augusto Fernandez beim Versuch, dem Chaos vor ihm zu entkommen, die Kontrolle über seine KTM RC16 und stürzte ebenso. Glücklicherweise blieben alle vier Piloten unverletzt, die Unfallstelle benötigte allerdings längerdauernde Aufräumarbeiten. Die Rennleitung unterbrach das Rennen deshalb mit einer Roten Flagge. Als knapp 15 Minuten später wieder gestartet werden konnte, standen alle vier Piloten wieder in der Startaufstellung.

Alex Marquez: Stewards sind eine Lotterie

Die Rennleitung verzichtete während des Rennens auf eine Untersuchung des Unfalls und sprach zunächst keine Strafe aus. Bei Marquez sorgte das für Unverständnis: "Ich habe ihn da nicht erwartet. Ich war auf der Innenbahn, da gab es keinen Raum. Dann habe ich plötzlich ein Bike gehört und den Kontakt gespürt, der recht heftig war. Wir hatten Glück, dass uns niemand getroffen hat."

Morbidelli und Marquez rutschten nach der Kollision quer über die Strecke in Richtung Kiesbett, während von hinten noch zahlreiche Piloten angeschossen kamen. Alex Rins und speziell Takaaki Nakagami konnten ihren Kontrahenten nur gerade so noch ausweichen. Morbidelli wurde gar noch leicht vom Motorrad des Japaners am Rücken berührt. Marquez übt deshalb harsche Kritik: "Für mich war der Überholversuch über dem Limit, weil da kein Platz war. Die Stewards sind eine Lotterie. Wir werden sehen, was diesmal passiert."

Nach dem Sprint wurde Unfall nämlich doch noch untersucht. Das Resultat: Die Stewards erkannten ein unverantwortliches Manöver Morbidellis und sprachen eine Strafe in Form einer Longlap aus, die der Italiener im Rennen absitzen muss, an dem er teilnimmt - aller Voraussicht nach der Spanien GP am Sonntag. Yamaha legte Berufung gegen die Strafe ein, der Einspruch wurde jedoch abgelehnt.

Durchaus kurios: Selbst Fabio Quartararo, immerhin Teamkollege von Morbidelli bei Yamaha, konnte den Ärger von Marquez verstehen: "Das war sehr optimistisch. Für mich war er [Alex Marquez, Anm.] auf der Innenbahn. Ich würde da nicht überholen." Dass sein Stallgefährte nun doch bestraft wird, kann der Franzose durchaus verstehen: "Das war ein Rennunfall, aber er war eben etwas optimistisch."

An der Unfallstelle blieb ein Bild der Verwüstung, Foto: LAT Images
An der Unfallstelle blieb ein Bild der Verwüstung, Foto: LAT Images

Bezzecchi wiederum hielt sich mit Kritik an seinem Landsmann zurück und gab sich lieber selbst die Schuld: "Das Rennen ist das Resultat von heute Vormittag [Aus in Q1, Anm.] Wegen Maverick [Vinales, Anm.] bin ich etwas weit gegangen und als ich auf meine Linie zurückwollte, habe ich das Bike von Frankie vor mir gesehen. Ich konnte nicht mehr ausweichen und habe es recht hart mit meinem linken Körperteil getroffen. Das war recht schmerzhaft."

Morbidelli verteidigt sich: Wollte ihn gar nicht überholen

Morbidelli selbst verteidigte sich nach Rennende und wollte von einer möglichen Schuld an der Kollision nichts wissen: "Ich habe nicht versucht, Alex zu überholen. Ich bin nur meine Kurve, meine Linie gefahren. Ich meinen Augen hat er die Linie gekreuzt. Er hat mich nicht gesehen und keinen Platz gelassen. Das Resultat davon ist, dass wir uns berühren und stürzen."

Die Ursache für den Crash sieht der Yamaha-Pilot vielmehr im hektischen Sprintformat. "Es geht so eng zu. Jede Position, die du gutmachst, bedeutet etwas. Überholen ist heutzutage so schwierig, weshalb du eine Position, die du in der Startphase gutmachst, höchstwahrscheinlich bis zum Ende behältst. Da passieren solche Sachen, die Fahrer riskieren viel mehr", erklärt er und stellt sich folgende Frage: "Macht das noch Spaß, wenn du nur versuchst, lebend rauszukommen?" Sein Fazit: "Ich bin glücklich, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Bei Taka möchte ich mich besonders für seinen katzenartigen Reflex bedanken. Er hat sich ein schönes Geschenk von mir verdient."