Bei der Vorstellung der neuen Fahrerpaarung und Ducati-Bikes für 2023 erinnerte Geschäftsführer Carlo Merlini an das für Gresini fast märchenhaft verlaufene Vorjahr: "Letztes Jahr haben wir ein neues Projekt begonnen. Es war sehr herausfordernd, nach allem, was wir 2021 durchgemacht haben. Wir brauchten Stabilität und waren gewillt Faustos Erbe weiterzuführen. Die Saison 2022 war unglaublich. Vier Siege in der MotoGP waren eine wunderbare Geschichte. Es war eine Freude den dritten Platz [in der Fahrer-WM, Anm. d. Red.] zu erreichen."

2021 verlor das Team seinen Gründer Fausto Gresini, der an den Folgen einer Covid-Erkrankung verstarb. Seitdem wird Gresini von seiner Witwe Nadia Padovani geleitet. Dazu kam auch noch ein sportlicher Umbruch: Nach jahrelangem Antreten als Aprilia-Werksteam folgte der Wechsel auf Vorjahresmaterial von Ducati. Damit lieferte das Team eine Sensation ab: Schon das erste Rennen in Katar gewann Neuzugang Enea Bastianini. Es folgten drei weitere Siege und WM-Platz Drei für den Italiener. Aber der Erfolg hatte auch seinen Preis: Bastianini stieg ins Werksteam auf. Ihn ersetzen soll jetzt Neuzugang Alex Marquez, der erstmals in seiner MotoGP-Karriere keine Honda fahren wird.

Gresini will wieder überraschen

Komplettiert wird die Fahrerpaarung durch Fabio Di Giannantonio, der seine letztjährige Rookie-Saison, abgesehen von einer Sensationspole in Mugello, im sportlichen Schatten von Bastianini absolvierte. Die Teamchefin will mit ihren Fahrern aber erneut überraschen: "Wir sind sehr gespannt auf unser neues Abenteuer. 2022 war in jeglicher Hinsicht unglaublich, aber die Idee ist, uns weiter zu verbessern und zu überraschen. Wir sind ein junges Team mit großer Ambition: Fabio wird in seinem zweiten Jahr die Chance haben, sein ganzes Potential zu zeigen, und Alex will wieder auf die große Bühne zurück. Wir werden unser Bestes geben, um beiden zum Erfolg zu verhelfen."

Alex Marquez wird in der neuen Paarung den Part des etablierten MotoGP-Fahrers übernehmen, doch kennt er bisher nur die Honda. Der Kennenlernprozess mit seinem neuen Arbeitsgerät, der Ducati von 2022, wird sehr wichtig: "Ich hatte schon die Möglichkeit die Ducati für einen Tag zu fahren. Nach nur einem Tag ist es allerdings schwer, Rückschlüsse zu ziehen. Das Potential ist da, ich war nicht am Limit. Das Bike hat großes Potential, wir müssen nun verstehen, wie wir das meiste herausholen."

Alex Marquez ist der neue Mann bei Gresini, Foto: Gresini
Alex Marquez ist der neue Mann bei Gresini, Foto: Gresini

Dafür haben Marquez und seine Crew allerdings wenig Zeit. Sein neuer Crewchief, Donatello Giovanotti, zeigte sich trotzdem beeindruckt von Gresinis-Neuzugang: "Es war nicht viel Zeit ihn kennenzulernen, aber das Gefühl war gut. Er ist ein guter Kerl, sehr professionell und sehr ruhig. Seine Rückmeldung ist sehr präzise formuliert. Das ist sehr wichtig für unsere Arbeit. Alex ist zweifacher Weltmeister, so etwas kann nicht jeder erreichen."

Ex-Crewchief von Joan Mir soll Di Giannantonio helfen

Bei Teamkollege Fabio di Giannantonio hängen die Trauben höher als in seiner Rookie-Saison: "Ich bin total aufgeregt. Das wird ein wichtiges Jahr für mich, denn ich habe jetzt eine Saison Erfahrung. Im Vorjahr hatte ich viele Aufs und Abs. Ich bin mehr als bereit, die neue Saison in Angriff zu nehmen." Um seine Ausbeute von 24 Punkten aus dem Jahr 2022 deutlich zu erhöhen, wurde dem Italiener auch ein neuer Crewchief zur Seite gestellt. Frankie Carchedi hatte zuvor bei Suzuki mit Joan Mir, Weltmeister von 2020, zusammengearbeitet.

Di Giannantonio ist begeistert von der Neuverpflichtung seines Rennstalls: "Als Rookie muss man einige Dinge ausprobieren. Fehler helfen dir aber auch zu verstehen, das ist ein normaler Prozess. Auf meiner Garagenseite waren im Prinzip alle Leute Rookies. Die Ankunft von Frankie ist also etwas sehr Gutes, denn seine Erfahrung wird uns helfen, den nächsten Schritt zu machen." Und wie stellt er sich dies vor? Der letztjährige 20te der WM will in Etappen nach vorne: "Ich will Konstant in den Top 15 sein. Von dieser Grundlage aus will ich mich steigern: Top 10, dann Top 5 und vielleicht sogar mehr." Sein bisher bestes Resultat in der Königsklasse war ein achter Rang am Sachsenring.

Mit neuer Crew an seiner Seite will Fabio di Giannantonio angreifen, Foto: Gresini
Mit neuer Crew an seiner Seite will Fabio di Giannantonio angreifen, Foto: Gresini

Wo geht es hin für Gresini? Alex Marquez: Bike hat WM-Potential

Gresinis Sportdirektor Michele Masini will auf der bestehenden Grundlage aufbauen und mahnt die Wichtigkeit der Testfahrten in Malaysia ab Ende Februar an: "Der Valencia-Test war positiv. Wir hatten nur einen Tag mit dem neuen Bike, also hatten die Fahrer das Ziel von viel Laufleistung. Fabio hat sich wohl gefühlt und fuhr schneller als seine beste Runde im Rennen zuvor. Das macht unsere Erwartungen für 2023 von interessanter. Alex fuhr ein komplett anderes Bike als in den Jahren zuvor, aber auch er war schon schneller als im Grand Prix. Das Ziel für Sepang wird sein, möglichst viele Kilometer zu fahren. Mit dem neuen Format der Sprints am Samstag wird es nicht leichter werden, Änderungen am Setup vorzunehmen. Wir müssen also in Sepang sofort den richtigen Weg finden."

Und wenn die Tests erfolgreich verlaufen, was ist dann für Gresini drin? Alex Marquez lies mit seiner Aussage aufhorchen: "Wir wissen, was das Motorrad kann: Um die Weltmeisterschaft kämpfen. Wir müssen hart arbeiten, da wir wissen, dass die Saison Aufs und Abs haben wird. Es wird Momente der Freude geben und wir werden auch kleine Krisen durchmachen. Wenn wir aber alle gut zusammenarbeiten, dann kann uns eine sehr gute Saison gelingen." In der Moto3 und der Moto2 hat Marc Marquez jüngerer Bruder bereits Titel und Rennen gewonnen. In der MotoGP ist sein bestes Rennresultat bisher ein zweiter Rang.