Der MotoGP-WM-Kampf zwischen Francesco Bagnaia und Fabio Quartararo 2022 war stets von größtem Respekt der beiden Titelrivalen gekennzeichnet. Selbst nach seinem Triumph in Valencia fand Bagnaia lobende Worte für seinen Widersacher: "Fabio ist immer noch ein kompletterer Fahrer als ich, aber ich versuche mich zu verbessern."

In Quartararos bärenstarker Saison 2022 findet Bagnaia aber doch auch den ein oder anderen Makel, vor allem im Hinblick auf die zweite Saisonhälfte, in welcher der Titelverteidiger ohne einen einzigen Sieg blieb und nur zwei Mal auf dem Podium stand. "Fabio war in dieser Phase der Weltmeisterschaft vielleicht zu defensiv", analysiert Bagnaia. "Ich weiß nicht, ob ich zu diesem Zeitpunkt besonders viel Druck auf ihn ausgeübt habt. Irgendetwas hat sich aber offensichtlich geändert, denn in der ersten Saisonhälfte waren sie deutlich konstanter, aber in der zweiten Halbzeit haben sie dann Probleme bekommen."

Quartararos Saison stand somit der von Bagnaia diametral gegenüber. Der Ducati-Star startete holprig in das Jahr und lag nach dem Deutschland-Grand-Prix auf dem Sachsenring bereits 91 Punkte hinter Quartararo in der Weltmeisterschaft zurück. Vier Mal war er in den ersten zehn Saisonrennen gestürzt. Bagnaia war daraufhin gezwungen, sich selbst zu hinterfragen.

"91 Punkte Rückstand waren eine Menge, aber ich habe immer an unser Potenzial geglaubt. Ich wusste, dass ich eigentlich kein Fahrer bin, der solche Ups und Downs hat. Ich habe gewusst, dass ich es besser machen, konkurrenzfähig sein und um den Titel kämpfen kann. Dieses Selbstvertrauen und dieser Ehrgeiz hat mir auch zu einer anderen Arbeitsweise verholfen. Wir haben begonnen, vom 1. Training an nur noch für das Rennen zu arbeiten und möglichst viel mit gebrauchten Reifen zu fahren. Das hat mir sehr geholfen."

Nur eine Woche nach dem bitteren Ausfall am Sachsenring startete Bagnaia in Assen eine sensationelle Erfolgsserie. Er gewann nicht nur das Rennen in den Niederlanden, sondern auch die folgenden drei in Silverstone, Spielberg und Misano. Vier Siege in Serie - das war vor ihm noch keinem Ducati-Fahrer gelungen in der MotoGP-Geschichte nur den Allzeitgrößen Valentino Rossi, Marc Marquez und Jorge Lorenzo. "Bei so einer Serie fühlst du dich irgendwann unbesiegbar", gesteht Bagnaia. Diese Quartett an Siegen war der Grundstein für den WM-Triumph des Italieners, den er mit soliden Resultaten im letzten Saisonviertel eintütete.