Früher Rivalen, heute Teamkollegen: Die Karrieren von Stefan Bradl und MotoGP-Superstar Marc Marquez sind eng miteinander verflochten. Seit mittlerweile fünf Jahren stehen die Beiden gemeinsam bei HRC unter Vertrag - Marquez als Einsatz-, Bradl als Test- und Entwicklungsfahrer. Ihr Verhältnis hat sich über die Jahre stark gewandelt. Aktuell ziehen sie an einem Strang, um die Honda RC213V wieder konkurrenzfähig zu machen. Doch das war nicht immer so:

"Wir haben kaum miteinander gesprochen, wir waren große Rivalen", erinnert sich Bradl in der HRC-Dokumentationsreihe 'Behind the Dream'. Im Jahr 2011 lieferten sich die beiden einen packenden Kampf um den Moto2-Weltmeistertitel. Bradl startete mit vier Siegen aus den ersten sechs Grand Prix stark in die Saison, musste sich dann allerdings immer häufiger Marquez geschlagen geben. Der Moto2-Rookie und amtierende 125ccm-Champion gewann Rennen um Rennen und verkleinerte den Rückstand immer weiter. Die Entscheidung fiel erst im vorletzten Rennen zu Gunsten Bradls, als sich Marquez bei einem Sturz verletzte und auch in Valencia nicht mehr antreten konnte.

Bradl wurde 2011 Moto2-Weltmeister, Foto: Milagro
Bradl wurde 2011 Moto2-Weltmeister, Foto: Milagro

Der Deutsche stieg somit als amtierender Moto2-Weltmeister in die Königsklasse auf, erhielt bei LCR-Honda aber nur eine Satelliten-Maschine. Marquez, der sich ein Jahr später doch noch zum Moto2-Champion krönte, wurde dann aber direkt ins Werksteam der Japaner befördert. Er trat die Nachfolge von Casey Stoner an und wurde Teamkollege von Dani Pedrosa, während Bradl bei LCR blieb. "Als Marc in die MotoGP kam, war ich sehr eifersüchtig", verrät er.

Der gebürtige Augsburger wollte 2013 direkt ein Zeichen setzen und seinen Rivalen übertreffen, musste aber schnell einsehen, dass er nicht mehr mithalten konnte. Marquez übertraf in seinem Rookie-Jahr in der MotoGP bekanntlich sämtliche Erwartungen, feierte sechs Saisonsiege und wurde Weltmeister. "Ich habe den Titel gegen ihn gewonnen, natürlich wollte ich ihn schlagen. Aber er war so viel schneller, ich hatte keine Antwort", gesteht Bradl.

In der Folge fragte er sich häufig, wie er schneller als 'dieser Typ' sein könne, fand aber keine Antwort. "Ich war damals 23 Jahre alt und er noch jünger. Das zu akzeptieren, war schwer, sehr schwer", sagt Bradl. "Ich hatte viel Respekt vor ihm als Rennfahrer, weil er unglaublich talentiert war. Aber er war schneller als ich und das habe ich gehasst. Er hat mich zerstört."

Bradl und Marquez lieferten sich 2013 in Laguna Seca einen packenden Zweikampf, Foto: Repsol Honda
Bradl und Marquez lieferten sich 2013 in Laguna Seca einen packenden Zweikampf, Foto: Repsol Honda

Bradl: Superbike-Wechsel größter Fehler meines Lebens!

Während sich Marquez auch im Folgejahr anschickte, die MotoGP in einer nie dagewesenen Art und Weise zu dominieren - er gewann die ersten zehn Saisonrennen allesamt - kam Bradl 2014 nicht über drei vierte Plätze hinaus. Der Deutsche musste seinen Platz bei LCR-Honda räumen und wechselte erst zu Forward-Yamaha, ein halbes Jahr später dann zu Aprilia.

Weil sich auch dort keine zufriedenstellenden Ergebnisse einstellten, folgte 2017 der Wechsel in die Superbike-WM zum Red Bull Honda Team. "Das war der größte Fehler, den ich in meinem Leben gemacht habe, weil ich in diesem Jahr wie verrückt gelitten habe", gesteht Bradl rückblickend. Überschattet wurde die Saison vom tragischen Tod seines Teamkollegen Nicky Hayden nach einem Rennrad-Unfall. "Ich war dann alleine in diesem Team und wusste nicht, wie mein Leben weitergehen soll", fährt er fort.

Erst ein Anruf von HRC-Technikdirektor Takeo Yokoyama öffnete wieder neue Türen. "Er fragte mich, ob ich Interesse daran hätte, MotoGP-Testfahrer für Honda zu werden und ich antwortete ihm, dass ich sehr interessiert wäre", erzählt Bradl. Wenig später unterzeichnete er seinen neuen Vertrag und arbeitet seither für HRC - Seite an Seite mit Ex-Rivale Marquez.