Die erste MotoGP-Schlacht des Jahres ist geschlagen und ging im großen Duell Ducati vs. Yamaha an Maverick Vinales. Weltmeister Joan Mir wurde auf dem Weg zu einem fast perfekten Saisonauftakt erst auf den letzten Metern vom Podest verdrängt, während Aprilia dank Aleix Espargaro in der Konstrukteurs-Wertung nun sogar vor Honda und KTM liegt. Der Grand Prix von Katar in der Analyse.

Yamaha vs. Ducati

Bereits in den Sessions zeichnete sich ein Duell zwischen Yamaha und Ducati um die diesjährige Vormachtstellung in Katar ab. In allen Trainings lag ein Motorrad eines der beiden Hersteller voran und im 2. Training - aufgrund der Temperaturen die entscheidende Session für den direkten Q2-Einzug - schafften es drei Ducati und alle vier Yamaha direkt in den zweiten Qualifying-Abschnitt. Dort belegten die Bikes der Japaner und der Italiener die ersten sieben Plätze.

Die Yamaha-Fahrer stellten bereits am Freitag klar, dass sie eine gute Grid-Position und einen starken Start benötigen würden, um eine Chance auf den Sieg zu haben. So meinte etwa der spätere Sieger Vinales: "Unsere einzige Chance ist, als Führende in die erste Kurve zu gehen und danach auf Teufel komm raus Gas zu geben." Eine falsche Einschätzung, wie sich am Sonntag herausstellen sollte.

MotoGP-Katar: Ducati vom Winde verweht, Vinales glänzt: (12:22 Min.)

Ducatis Blitzstart

Denn Ducati erwischte im Rennen einen der besten Starts in der Geschichte der MotoGP. Bereits in der ersten Kurve lagen alle vier Desmosedici der aktuellen Generation in Führung - inklusive des nur von Platz 14 gestarteten Rookies Jorge Martin, der mit einem Zugewinn von zehn Plätzen der größte Gewinner des Starts war.

Positionsveränderung Grid zu Lap 1:

Ducati+/- Yamaha+/-
Jorge Martin+10Fabio Quartararo-3
Johann Zarco+4Maverick Vinales-3
Jack Miller+2Valentino Rossi-3
Francesco Bagnaia0Franco Morbidelli-9

Johann Zarco legte um vier Ränge zu, Jack Miller immerhin um zwei. Einzig Francesco Bagnaia konnte keine Position gutmachen, da er bereits von Pole Position ins Rennen gegangen war und diese dort verteidigte. Bei Yamaha hingegen ging es am Start nach hinten: Das Trio Quartararo/Vinales/Rossi verlor jeweils drei Plätze, während es für Morbidelli in der ersten Runde um ganze neun Ränge nach hinten ging. Das war einem Problem am Federbein geschuldet, wie er später ausführte, das erst in der Startaufstellung auftrat.

Die Kombination aus Ducati-Power und der neuen Startvorrichtung der Roten, bei der man sowohl Front als auch Heck absenken kann, ließ Yamaha keine Chance. Die angestrebte Führung in der ersten Kurve war in weiter Ferne und damit mutmaßlich auch der Sieg.

Vinales fliegt zum Sieg

Doch Maverick Vinales sollte mit einem perfekt eingeteilten Rennen für eine Überraschung sorgen. Nach der ersten Runde nur auf Rang 6 zu finden, zeigte er bereits in Runde vier mit der schnellsten Rennrunde sein Potenzial. Vor allem in der zweiten Rennhälfte drehte Vinales aber auf. Sein Positionsverlauf im Rennen zeigte sich wie folgt: Martin konnte er bereits in der 3. Runde kassieren, Miller im 8. Umlauf. Erst in Lap 11 schaffte es Vinales zum besten Yamaha-Fahrer, als er Quartararo hinter sich ließ und sich dessen 3. Rang schnappte. Einen Umlauf später war Zarco fällig, in der 15. Runde sicherte sich Vinales letztlich die Führung und brachte diese souverän ins Ziel.

Ergebnis Lap 4 - Ziel

PFahrer Rückstand
1.Maverick Vinales
2.Joan Mir+0,142
3.Johann Zarco+2,618
4.Alex Rins+2,624
5.Francesco Bagnaia+3,260
6.Fabio Quartararo+3,498

Von der 4. Runde bis zum Zielstrich nahm er Johann Zarco 2,6 Sekunden ab, Francesco Bagnaia sogar 3,2 Sekunden. Denn der Leader rieb sich bei starkem Wind an der Spitze auf. Dass Vinales in der Anfangsphase an der Ducati-Armada dranbleiben konnte, war der Schlüssel zum Sieg: Der Schnitt von Bagnaias fünf besten Topspeed-Werten betrug 345,0 km/h. Vinales Vergleichswert lag mit 342,4 km/h nur 2,6 km/h dahinter und selbst Topspeed-König Johann Zarco war mit einem Schnitt von 347,4 nur fünf km/h schneller als Vinales.

Dass es sich vor allem in der ersten Rennhälfte in Katar um eine Windschattenschlacht handelte, zeigt die Liste der schnellsten Fahrer pro Rennrunde: In den acht Laps von 5 bis 12 waren acht verschiedene Fahrer jeweils schnellster Mann eines Umlaufs, darunter etwa auch Alex Marquez (Lap 10) oder die Espargaro-Brüder Pol (Lap 9) und Aleix (Lap 11), die allesamt nur im Mittelfeld unterwegs waren.

Während Bagnaia an der Spitze mit abbauenden Reifen zu kämpfen hatte, konnte sich Vinales für das letzte Renndrittel Reserven aufsparen. In Runde 15 machte er ernst und konnte Bagnaia sofort davonziehen. Die Rundenzeiten des Italieners begannen stark zu schwanken, weshalb er drei Runden vor Schluss sogar seinen Podestplatz verlor. Immerhin konnte Bagnaia mit der schnellsten Schlussrunde aller Fahrer (er nahm Vinales, Zarco und Mir über eine halbe Sekunde ab) doch noch das Podium erklimmen.

Von Runde 15 bis 19 nahm Vinales Bagnaia 2,265 Sekunden ab, die letztlich der Schlüssel zum Sieg waren, ehe er in den letzten beiden Runden noch ein wenig auf seine beiden Ducati-Verfolger einbüßte.

Der Suzuki-Faktor

Während ein Sieg-Duell zwischen Ducati und Yamaha spätestens am Samstag nach dem Qualifying abzusehen war, stellte das Weltmeister-Team von Suzuki einmal mehr eine Wundertüte dar. Die schnelle Zeitenjagd war auch diesmal kein Fall für die GSX-RR, doch am Sonntag waren Alex Rins und Joan Mir erneut zur Stelle.

Die Startplätze 9 und 10 entsprachen in etwa dem üblichen Standard von Suzuki, wo man in der Vergangenheit schon öfter einen Piloten in Q1 verlor. Diesmal konnten sich Rins und Mir am Start aber um keine einzige Position verbessern und hatten nach drei Runden jeweils nur einen Platz aufgeholt. Das war zu wenig, um letztlich ganz vorne mitzumischen.

MotoGP-Analyse: Die Verlierer des Auftaktrennens in Katar: (24:26 Min.)

Alex Rins lag zwar von der 14. bis zur 17. Runde auf dem 4. Rang, konnte aber ab Lap 17 nur noch Zeiten über 1:56 Minuten fahren und musste sich am Ende mit dem 6. Platz begnügen - mehr als zwei Sekunden hinter dem Podest.

Teamkollege Joan Mir hatte ein starkes Finish, war in den Runden 20 und 21 mit mittleren 1:55er-Zeiten sogar der schnellste Mann im gesamten Feld. Doch ein kleiner Fehler in der letzten Kurve warf ihn im Beschleunigungsduell mit den beiden Ducati um zwei Plätze zurück und damit vom Podium. Suzuki bewies aber, dass 2021 an den Rennsonntagen erneut mit Mir und Rins zu rechnen sein wird.

Aprilia darf hoffen

Was sich bereits im Zuge der Testfahrten ankündigte, konnte Aleix Espargaro beim MotoGP-Saisonauftakt bestätigen: Aprilia konnte zu den anderen Herstellern aufschließen. Der Katalane stellte die RS-GP im 1. und 3. Training auf den 2. Platz, zog direkt in Q2 ein und holte mit Platz 7 Aprilias bestes Katar-Ergebnis seit 2016. Mit nur 5,934 Sekunden Rückstand auf Vinales war man zudem so nahe an einer Siegerzeit dran wie noch nie zuvor in der MotoGP.

Dabei überzeugte die Aprilia auf allen Ebenen: Beim Topspeed lag man in etwa gleichauf mit KTM, Suzuki und Yamaha, in der Abrechnung der schnellsten Rennrunden war Espargaro 8. und in Lap 11 war er sogar der schnellste Mann im gesamten Feld. Er ließ im Rennen alle KTM- und alle Honda-Fahrer hinter sich. Diese Umstände geben Aprilia Grund zur Hoffnung, wobei Espargaro erst beweisen muss, dass Aprilia auf allen Strecken eine derartige Leistung abrufen kann.

Klar ist nach dem ersten Rennwochenende, dass er auch 2021 der Einzelkämpfer des italienischen Herstellers sein wird. Denn Lorenzo Savadori belegte im Qualifying, im Rennen und bei der schnellsten Rennrunde jeweils abgeschlagen den letzten Rang. Da kommt Andrea Doviziosos Test für Aprilia (Mitte April in Jerez) gerade recht.

Fazit: Alles wie 2020?

Der erste Schlagabtausch lässt auf eine ähnlich ausgeglichene MotoGP-Saison wie im Vorjahr hoffen. Drei verschiedene Hersteller schafften es in die Top-4, fünf verschiedene fanden sich in den Top-8 - und das alles innerhalb von nur acht Sekunden hinter der Siegerzeit. Yamaha, Ducati und Suzuki erscheinen wieder siegfähig, während Aprilia und Honda hoffen dürfen. Aprilia, weil man endlich den Anschluss an die erweiterte Spitze schaffen könnte. Honda, weil sich das Comeback von Marc Marquez allmählich abzeichnet und Pol Espargaro mit dem Motorrad gut zurecht zu kommen scheint.

Einzig bei KTM muss man sich Sorgen machen, da sich der Trend der Testfahrten während des gesamten Wochenendes bei allen Fahrern der Österreicher bestätigte. Finale Schlüsse kann man aber noch nicht ziehen, da es aufgrund des ausgefallenen Rennens im Vorjahr keinen direkten Vergleichswert gibt und man 2020 schon bei den Testfahrten in Katar nicht unbedingt glänzte.

Abzusehen ist hingegen, dass Ducatis Startvorrichtung bald kopiert werden wird. Wiederholt sich die beeindruckende Machtdemonstration am Start auch am kommenden Sonntag, muss die Konkurrenz nachziehen. Vor allem Yamaha und Suzuki, wo man nach wie vor nicht Heck und Front gleichzeitig absenken kann. Die Startvorrichtung ist zwar nicht rennentscheidend, wie man am Sonntag klar gesehen hat, doch je enger der WM-Kampf ist, desto wichtiger sind auch kleine Vorteile.