Die Schwierigkeiten von Aprilia auf dem Fahrermarkt gehen weiter. Erst wird Andrea Iannone die Höchststrafe in seinem Doping-Prozess aufgedrückt und jetzt springt auch noch der nächste Ersatz-Kandidat ab. Nach Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow will auch Moto2-Pilot Marco Bezzecchi nicht zu den Italienern wechseln.
Das verriet er am Donnerstag vor dem Saisonfinale in Portimao. "Aprilia ist auf mich zugekommen und wollte mich unter Vertrag nehmen", bestätigt Bezzecchi ein offenes Geheimnis im MotoGP-Paddock. "Das war für mich sehr schön, weil ich von niemandem ein Angebot für die Königsklasse erwartet hätte."
Bezzecchi absolviert 2020 sein zweites Jahr in der Moto3 und hat beim Saisonfinale noch theoretische Chancen auf den Titel in der kleinsten WM-Kategorie. Ein Sprung in die Königsklasse wäre natürlich auch für den Italiener ein wahrgewordener Traum, dennoch hat sich Bezzecchi für den Moment dagegen entschieden.
"Aprilia und ich waren kurz vor einem Vertragsabschluss, aber ich habe in den letzten Tagen viel über alles nachgedacht", versuchter seine Entscheidung zu erklären. "Es wäre viel Arbeit gewesen, in die MotoGP aufzusteigen. Es war keine einfache Entscheidung. Sogar in Valencia habe ich noch darüber nachgedacht, weil ich einfach nicht wusste, was ich tun soll."
Letztendlich hat sich der VR46-Pilot aber für ein weiteres Jahr in der mittleren WM-Klasse entschieden. "Am Ende habe ich es für besser gehalten, noch ein Jahr in der Moto2 zu bleiben", so Bezzecchi. "Mir macht das Fahren dort Spaß und ich fühle mich gut. Außerdem, glaube ich, gibt mir ein weiteres Jahr auf demselben Bike in demselben Team eine Chance, als Fahrer zu wachsen."
Nachdem er sich lange mit der Entscheidung gequält hat, hat Bezzecchi nun aber einen konkreten Plan, wie seine Karriere in der Motorradweltmeisterschaft bestenfalls weitergehen soll. "Ich würde nächstes Jahr gern noch in der Moto2 bleiben und daraus eine starke Saison machen. Wenn die Ergebnisse entsprechend sind, kommen auch die Möglichkeiten für einen MotoGP-Wechsel", ist er überzeugt.
Aprilia weiter auf Fahrersuche
Eine Entschuldigung lässt er jedoch in Richtung Aprilia gehen: "Es tut mir leid für sie. Wenn sie ein bisschen früher dran gewesen wären, hätte das Ergebnis vielleicht noch anders aussehen können. Aber am Ende ist es jetzt so gekommen."
Der italienische Hersteller hat nun weiter ein Problem auf dem Fahrermarkt. Durch das späte Aus von Iannone sind nur noch wenige, starke Fahrer für die kommende Saison ungebunden. Mit Dovizioso, Crutchlow und Bezzecchi aus dem Rennen, dünnt sich das Feld der möglichen Piloten weiter aus.
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag bestätigte Aprilia-CEO Massimo Rivola, dass es noch immer keine Entscheidung bezüglich des Teamkollegen von Aleix Espargaro im kommenden Jahr gibt. "Wer der Teamkollege von Aleix wird, wissen wir leider noch nicht", so Rivola. "Wir wissen, dass wir spät dran sind, aber in diesem Jahr hat sich alles etwas verschoben. Das ist die Konsequenz dessen. Hoffentlich wissen wir bald mehr."
Mögliche Kandidaten auf der Liste von Aprilia könnten Tito Rabat, Jorge Lorenzo, Chaz Davies oder Bradley Smith sowie Lorenzo Savadori sein. Die beiden letzteren sind bereits Teil der Aprilia-Familie, jedoch in der Rolle der Testfahrer, obwohl sowohl Smith als auch Savadori in diesem Jahr schon als Ersatzfahrer für Iannone im Rennbetrieb unterwegs waren.
Rabat ist nach seinem Aus bei Avintia Ducati arbeitslos, könnte von Ducati aber in die Superbike-WM geschickt werden. Lorenzo bestätigte zuletzt, dass er mit Aprilia in Verhandlungen steht, dabei soll es allerdings ausschließlich um die Rolle als Testpilot gehen. Damit bleibt noch WSBK-Ass Chaz Davies, der wie Rabat seinen Platz bei Ducati verloren hat.
Vor allem Smith und Davies hätten gute Chancen auf einen Platz in der MotoGP, da durch das Aus von Cal Crutchlow am Ende des Jahres zum jetzigen Zeitpunkt kein britischer Pilot in der MotoGP-Saison 2021 an den Start gehen würde. MotoGP-Vermarkter Dorna würde damit einen wichtigen Markt verlieren.
"Bradley wäre auf jeden Fall eine gute Option für uns", erklärt auch Rivola am Donnerstag. "Er hat viel Erfahrung in der MotoGP. Aber wir schauen auch auf junge Talente, in der Moto2 sind viele Fahrer unterwegs, die sich hervorragend für die MotoGP eignen würden. Viele machen für 2021 schon den Aufstieg, also ist einer mehr vielleicht keine schlechte Idee. Wir arbeiten noch daran." Mit dem definitiven Aus von Bezzecchi wird es aber auch in den Nachwuchs-Klassen langsam enger für Aprilia.
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