Die MotoGP hat einen neuen WM-Leader: Fabio Quartararo eroberte in Barcelona die Führung mit seinem dritten Saisonsieg zurück, während mit Andrea Dovizioso und Valentino Rossi prominente Piloten ausfielen. Suzuki biss sich mit einem Doppel-Podium im Titelkampf fest, während Maverick Vinales nur eine Woche nach seinem Sieg wieder einmal ein desaströses Rennen lieferte. Der Katalonien-GP in Barcelona in der Analyse.

MotoGP-Analyse Barcelona: Wird WM zum Duell Quartararo vs. Mir? (33:59 Min.)

Yamaha dominiert

Wie bereits in Misano dominierte Yamaha auch auf dem Circuit de Catalunya die Sessions am Freitag und Samstag. In allen vier Trainings lag eine Yamaha an der Spitze, im Qualifying holte man die komplette erste Startreihe und selbst im Warm-Up lag ein Yamaha-Fahrer voran.

Am Start konnten sich Franco Morbidelli, Valentino Rossi und Fabio Quartararo gegen ihre Konkurrenz behaupten und bogen auf den ersten drei Rängen in die zweite Runde. Daran sollte sich 15 Runden lang nichts ändern und in Lap 13 hatte das Trio einen Vorsprung von zwei Sekunden auf den Rest des Feldes herausgefahren. Kurz nach Halbzeit sah es somit nach einem klaren Dreifacherfolg aus.

Alle drei Yamaha-Asse an der Spitze erzielten in der 13. Runde eine Rundenzeit von 1:40,6 bzw. 1:40,7 und Leader Quartararo war der schnellste Mann im gesamten Feld. Doch dann wendete sich das Blatt: Der Franzose sollte bis zum Ende des Rennens in keiner Runde die schnellste Einzelzeit fahren.

In seinem Windschatten machte Morbidelli in der 14. Runde einen entscheidenden Fehler, als er sich in Kurve 1 verbremste und Valentino Rossi passieren lassen musste. Rund 1,8 Sekunden kostete ihn das Missgeschick und danach sollte seine Rundenzeit nicht mehr unter 1:41,3 sinken. Morbidellis Rennen war gelaufen und er musste sich im letzten Renndrittel nach hinten verteidigen.

Für Valentino Rossi war aber nur zwei Runden nach Morbidellis Fehler in Turn 2 Endstation, als er ohne Fremdverschulden stürzte und somit seine Chancen auf den 200. Podestplatz in der MotoGP neuerlich begrub. "Die Temperatur war sehr niedrig. Kurve zwei ist sowieso immer gefährlich, weil man da auf der linken Reifenflanke wenig Hitze hat. Ich habe wahrscheinlich zu viel gepusht und mir ist das Vorderrad weggerutscht", analysierte Rossi nach dem Rennen.

Die ersten beiden Renndrittel

Kurz vor dem Ende des zweiten Renndrittels hatte sich die Situation somit verändert: Aus einem sich anbahnenden Dreifachsieg hatte Yamaha einen Fahrer verloren, ein weiterer befand sich in einem Gefecht um die Verteidigung seines zweiten Platzes, während nur Quartararo mit 2,8 bzw. 4,4 Sekunden Vorsprung auf seine ersten Verfolger nach wie vor souverän aussah.

Ergebnis 1. Renndrittel (Lap 1-8):

P Fahrer Rückstand
1. Franco Morbidelli 13:28,546
2. Fabio Quartararo +0,109
3. Valentino Rossi +0,430
4. Jack Miller +1,366
5. Joan Mir +2,181
6. Alex Rins +4,689

Das erste Renndrittel dominierte Yamaha klar. Das hohe Tempo von Morbidelli und Rossi, den Quartararo erst in der 6. Runde überholen konnte, bereitete dem späteren Sieger allerdings schon zu diesem frühen Zeitpunkt Kopfzerbrechen, wie er nach dem Rennen zugab: "Unsere Pace war zu diesem Zeitpunkt viel zu hoch, um den Reifen für das Rennende noch einigermaßen frisch zu halten. Vale und Franco haben das Tempo zu Beginn sehr hoch angesetzt, das hatte ich nicht erwartet. Ich wusste, dass der Reifen am Ende nachlassen würde und habe das schon zu Mitte des Rennens bemerkt."

Ergebnis 2. Renndrittel (Lap 9-16):

P Fahrer Rückstand
1. Fabio Quartararo 13:25,379
2. Alex Rins +1,481
3. Taka Nakagami +1,486
4. Joan Mir +2,154
5. Francesco Bagnaia +2,737
6. Franco Morbidelli +2,968

Dieser Abbau machte sich bei Quartararo ab der 14. Runde bemerkbar. Seine Rundenzeit fiel dort bereits auf 1:40,8, während sie im 16. Umlauf zum ersten Mal über 1:41 kletterte und diese Marke nicht wieder unterschritt. Mit 4,444 Sekunden Vorsprung auf den späteren Zweitplatzierten Mir hatte Quartararo in Lap 16 seinen Zenit erreicht und musste fortan auch in den Überlebensmodus wechseln - wenn auch mit souveränem Vorsprung.

Showdown im letzten Renndrittel

Fortan übernahmen die Piloten im Mittelfeld das Ruder: In der 17. Runde war Nakagami der schnellste Mann im gesamten Feld, einen Umlauf danach Alex Rins, gegen Ende drehten auch Francesco Bagnaia und Joan Mir die schnellsten Einzelrunden aller verbliebenen MotoGP-Piloten. Die schnellsten sechs Fahrer im Renndrittel waren jene Männer aus den Top-8 im Endklassement, die nicht auf Yamaha unterwegs waren.

Ergebnis 3. Renndrittel (Lap 17-24):

P Fahrer Rückstand
1. Taka Nakagami 13:33,964
2. Francesco Bagnaia +0,373
3. Alex Rins +0,737
4. Joan Mir +1,660
5. Danilo Petrucci +2,737
6. Jack Miller +3,489

Taka Nakagami, der letztlich nur auf P7 landete, konnte im letzten Renndrittel die größten Reserven mobilisieren, aber auch die verbliebenen Werks-Ducati sowie die beiden Suzuki-Fahrer waren nur knapp langsamer als der Japaner. Die Yamaha-Fahrer hingegen brachen völlig ein.

Morbidelli wurde in der vorletzten Runde vom zweiten auf den vierten Platz durchgereicht, Quartararo brachte gerade einmal neun Zehntel seiner einst über vier Sekunden Vorsprung auf Mir ins Ziel. Seine letzte und zugleich langsamste Runde war um 3,011 Sekunden langsamer als seine schnellste in diesem Rennen. Bei Morbidelli lag der Vergleichswert zwischen schnellster und langsamster Einzelzeit bei 3,012 Sekunden. Und selbst Maverick Vinales kam auf einen Wert von 2,586 Sekunden.

Zum Vergleich: Mirs schnellste und langsamste Zeit wies nur einen Unterschied von 2,024 Sekunden auf, jene von Rins einen Unterschied von 2,114 Sekunden. Jack Miller kam auf seiner Ducati auf 2,344 Sekunden. Den Bestwert erzielte Nakagami, dessen beste und schlechteste Runde sich nur um 1,917 Sekunden unterschieden.

Das Rennen des Maverick Vinales

Aus der Yamaha-Armada fiel diesmal ausgerechnet Misano-Sieger Maverick Vinales deutlich ab. Im Qualifying hatte er zwar den 5. Platz erobert, aber sein Start und seine 1. Runde waren diesmal katastrophal: Er verlor zehn Plätze, fiel unter anderem hinter den von P18 gestarteten Alex Marquez zurück und fand sich am Ende der 2. Runde gar nur auf dem 16. Platz wieder.

Wer sich eine Aufholjagd erhoffte, wurde enttäuscht: Mit Alex Marquez, Aleix Espargaro, Cal Crutchlow und Brad Binder überholte Vinales auf der Strecke nur vier Fahrer. Dass es dennoch zum 9. Rang reichte, war drei Ausfällen vor ihm geschuldet. In den ersten beiden Renndritteln verlor er bereits 13 Sekunden auf Quartararo, dem er nicht einmal im letzten Drittel Zeit abnehmen konnte. Obwohl die Zeiten des Führenden in den Keller sackten, nahm ihm Vinales in den letzten acht Runden lediglich 0,269 Sekunden ab.

Nach dem Rennen versuchte Vinales seine Performance auf seine M1 abzuschieben: "Unser Motorrad ist echt langsam. Nicht erst jetzt, sondern schon die letzten vier Jahre. Wenn es in den dritten, vierten und fünften Gang geht, haben die anderen Maschinen einfach viel mehr Potenzial. Wenn du weit vorne startest, kannst du pushen. Wenn du weiter hinten liegst, könntest du auf das Rennen auch gleich verzichten."

Die Topspeed-Liste gibt Vinales Recht: Beim Durchschnitt der fünf höchsten Topspeed-Messungen kommt der Katalane auf einen Wert von nur 337,0 km/h (Bestwert: Bagnaia mit 349,4 km/h). Damit belegte Vinales den drittletzten Platz in diesem Ranking. Allerdings: Morbidelli wurde mit 1,7 km/h weniger Letzter und kämpfte bis zur vorletzten Runde um einen Podestplatz.

Fazit

Muss die Yamaha nun die Flucht nach vorne suchen, wie von Vinales angesprochen? Oder war die Pace zu Beginn doch ein wenig zu hoch, was Yamaha letztlich ein Mehrfach-Podium kostete und Quartararo um ein Haar den Sieg? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Fakt ist aber, dass sich in Barcelona die Fahrer von Ducati und Suzuki sowie Nakagami, als im Moment einzig konkurrenzfähiger Honda-Pilot, das Rennen besser einteilen konnten und gegen Ende noch Reserven hatten.

Aus diesem Umstand muss Yamaha in den kommenden Wochen seine Lehren ziehen, um nicht gegen Ende der Saison den Aufholjagden der Konkurrenz zum Opfer zu fallen. Auf eine schnelle Runde scheint die Yamaha aktuell die besten Voraussetzungen zu haben: Fünf von acht möglichen Pole Positions, darunter drei in den vergangenen drei Wochen, sprechen eine klare Sprache. Zumal unter diesen Poles auch ein Vierfach-, ein Dreifach und zwei Doppel-Siege im Qualifying waren.

In den Rennen avancierte die Suzuki in den vergangenen Wochen zum konstantesten Motorrad. Joan Mir brachte das drei Podien binnen drei Wochen ein, während sich Suzuki über das erste Doppelpodest seit 2007 freuen durfte. Im Gegensatz zu Yamaha bleibt aber das Qualifying die große Schwäche.

Yamaha vs. Suzuki als Duell der Gegensätze bringt uns in den kommenden Wochen hoffentlich noch viele spannende Zieleinläufe. In der WM-Wertung sieht es sechs Rennen vor dem Ende aktuell jedenfalls nach einem Duell Fabio Quartararo vs. Joan Mir aus.