Pol Espargaros Wechsel zu Repsol Honda nach Saisonende 2020 gilt als beschlossene Sache. Lediglich die offizielle Bestätigung des MotoGP-Deals fehlt noch. Dass sich Espargaro nach vier Jahren von KTM verabschiedet, war für die gesamte Szene eine Überraschung. Vor allem aber für die Verantwortlichen in Mattighofen und Munderfing.

Dort stand man plötzlich ohne den Spitzenpiloten im Projekt da. Eine Lücke, die aus dem bestehenden Fahrerkader niemand zu füllen vermag. Miguel Oliveira hat erst 16 MotoGP-Rennen bestritten, Iker Lecuona eines und Brad Binder noch gar keines. Dass ein externer Ersatz für Espargaro her muss, steht also außer Zweifel.

Das Problem: Routinierte und schnelle Fahrer sind generell ein seltenes Gut. Für 2021 steht noch dazu bereits ein Großteil von ihnen bei der Konkurrenz unter Vertrag: Marc Marquez hat für vier weitere Jahre bei Honda unterschrieben, Maverick Vinales und Fabio Quartararo für je zwei Saisons bei Yamaha, ebenso wie Alex Rins bei Suzuki oder Aleix Espargaro bei Aprilia.

Einzige Option schien deshalb zunächst Andrea Dovizioso zu sein. Die Verhandlungen zwischen ihm und Ducati über eine Vertragsverlängerung gestalten sich zäh. Gerüchte über ein Interesse von KTM an Dovizioso gibt es seit mehreren Wochen. Und der MotoGP-Vizeweltmeister der letzten drei Jahre scheint weiterhin ein Thema in Österreich zu sein. Uneinigkeit zwischen Dovizioso und Ducati soll es vor allem im finanziellen Bereich geben. KTM würde in der aktuellen Notlage sicherlich tief in die Tasche greifen, um einen Mann von Doviziosos Kaliber zu bekommen.

Zwischen Dovizioso und Technikguru Dall'Igna gibt es immer wieder Reibereien, Foto: Ducati
Zwischen Dovizioso und Technikguru Dall'Igna gibt es immer wieder Reibereien, Foto: Ducati

Dies gilt aber nur für den Fall, dass 'Dovi' tatsächlich die einzige Hoffnung von Pit Beirer und Co. ist. Genau das wird nun jedoch immer unwahrscheinlicher. In den letzten Tagen sollen sich mehrere Fahrer bei KTM angeboten haben. Da wäre zum einen Danilo Petrucci. Für ihn scheint es im Ducati-MotoGP-Lager keinen Platz mehr zu geben, auf einen Wechsel in die Superbike-WM hat Petrucci nicht wirklich Lust. Bei Aprilia könnte sich eine Türe für ihn öffnen, wenn Andrea Iannones Berufung vor dem Internationalen Sportgerichtshof scheitert. Oder eben bei KTM.

Crutchlow plötzlich KTM-Anwärter?

Überraschender als das Interesse Petruccis kommen die Ambitionen eines anderen Piloten. Cal Crutchlow soll mit KTM in Kontakt getreten sein. Der Hintergrund dieser Anbahnung ist klar: Wenn Pol Espargaro zu Repsol Honda wechselt, wird HRC für Alex Marquez mit ziemlicher Sicherheit einen neuen Platz bei LCR suchen. Dort müssten dann entweder Crutchlow oder Takaaki Nakagami ihre Koffer packen. Crutchlow ist noch die klare Nummer eins im Team. Sein japanischer Teamkollege hat aber Namenssponsor Idemitsu auf seiner Seite - und ist sechs Jahre jünger. Crutchlow liebäugelte in der Vergangenheit bereits mit dem Karriereende. Gut möglich aber, dass den stolzen und selbstsicheren Briten gerade die Tatsache, dass man ihn bei Honda vor die Tür setzen könnte, noch einmal die Energie für einen weiteren Vertrag in der Königsklasse gibt. Die nächsten Wochen auf dem Transfermarkt werden auf jeden Fall hektisch.