Eigentlich hätte es ein idealer Rennsonntag in Brünn werden sollen. Nach den teils heftigen Regenfällen am Samstag war für die Rennen der Moto3, Moto2 und MotoGP in Tschechien bestes Wetter prognostiziert. Rund 25 Grad, Sonnenschein, null Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Diese Prognose hielt aber nur bis kurz nach Ende des Moto2-Rennens.

Was zunächst mit leichtem Nieselregen begann, wuchs schnell zu einem kurzen, aber ergiebigen Schauer an. 45 Minuten vor dem geplanten Start des MotoGP-Rennens war die Strecke völlig nass. Oder zumindest Teile davon. Kurioserweise hatte es nämlich wenige hundert Meter Luftlinie entfernt von Start und Ziel, wo der Niederschlagsschwerpunkt lag, gar nicht geregnet. Man sah sich also mit zwei vollkommen konträren Bedingungen auf der 5,4 Kilometer langen Strecke in Brünn konfrontiert: Nässe von der letzten bis zur ersten Kurve, trockener Asphalt am Rest des Kurses.

Zunächst wurde das Rennen noch als "Wet Race" deklariert, die Fahrer hätten bei abtrocknender Strecke also die Möglichkeit gehabt, von Regenmaschinen auf Trockenmotorräder zu wechseln. Das Problem: Regenreifen und Regensetup wären am Start zwar die sicherere Variante gewesen, definitiv aber nicht die schnellere. Alle Fahrer waren entschlossen, mit Slicks in das Rennen zu gehen. 23 Fahrer wären also mit der eigentlich falschen Bereifung in Richtung Kurve eins gerast - ein Himmelfahrtskommando. "Wenn du da in der ersten Startreihe stehst, fühlst du dich nicht gerade sicher", schmunzelte Jack Miller, beileibe nicht als Feigling bekannt, nach dem Rennen.

So entschieden sich die Verantwortlichen von Promoter Dorna, Teamvereinigung IRTA und die Rennleitung, abzuwarten. Gut eine halbe Stunde lang drehte das Safety Car in Brünn seine Runden, um die Bedingungen zu prüfen und vielleicht etwas beim Abtrocknen der Strecke zu helfen. In dieser Zeit sahen sich einige Experten, ebenso wie Fans dazu bemüßigt, den Start des Rennens zu fordern. War die Verschiebung also unnötig und hätte man den besten Motorradfahrern des Planeten diese Bedingungen zumuten können?

MotoGP-Fahrer einig: Zu gefährlich

"Die Entscheidung, zu verschieben, war absolut richtig", stellt Pol Espargaro klar. "Ich habe auf Twitter gelesen, dass einige ehemalige Fahrer der Meinung waren, wie hätten gleich starten können. Das haben sie aber auch nur gesagt, weil es sie nicht betroffen hat. Am Start war es völlig nass. Bei der Leistung unserer Maschinen kommst du da mit Slicks leicht zu Sturz. Man muss sich nur vorstellen, was passieren würde, wenn ich in der zweiten Reihe stürze und ein nachkommender Fahrer trifft mich. Der kann mich umbringen!"

Marquez stellte persönliche Überlegungen hinten an, Foto: Tobias Linke
Marquez stellte persönliche Überlegungen hinten an, Foto: Tobias Linke

Wäre die Strecke im Startbereich trocken gewesen, hätte Espargaro einen Start als vertretbar angesehen. "Die letzte und erste Kurve waren auch gefährlich, aber wir sind MotoGP-Piloten. Damit müssen wir zurechtkommen. Das gilt aber nicht für den Start. Wir haben dann später, als es fast trocken war gesehen, dass immer noch einige Fahrer Probleme hatten", gibt der KTM-Mann zu bedenken.

Zustimmung erhält er von den erfolgreichsten Fahrern an diesem Sonntag. "Ich wurde in der Startaufstellung gefragt, ob wir fahren können", verrät Sieger Marc Marquez. "Natürlich wären diese Mischbedingungen ideal für mich gewesen, aber ich habe gesagt, dass es zu gefährlich ist, weil wir alle mit Slicks im Nassen gefahren wären. Es ist gut, dass die Rennleitung in solchen Situationen auf uns hört." Andrea Dovizioso sah das ganz ähnlich: "Mit Slicks bei diesen Bedingungen wäre es einfach zu gefährlich gewesen."