Jorge Lorenzo startete in Barcelona so gut in ein MotoGP-Rennen wie noch nie seit seinem Wechsel zu Honda. In Runde zwei attackierte er Maverick Vinales im Kampf um Rang drei. Dabei klappte Lorenzo aber das Vorderrad ein, er kam zu Sturz und nahm Vinales, Andrea Dovizioso und Valentino Rossi aus dem Rennen.

Eine Aktion, die natürlich für viel Aufregung sorgte. Motorsport-Magazin.com traf im MotoGP-Paddock von Barcelona Ex-Racer Alex Hofmann um den Vorfall zu besprechen. Seine Einschätzung:

Motorsport-Magazin.com: Alex, wie hast du das Manöver von Jorge Lorenzo gesehen, mit dem er sich, Andrea Dovizioso, Maverick Vinales und Valentino Rossi aus dem Rennen genommen hat? War das ein Anfängerfehler?
Alex Hofmann: Für mich war es ein klassischer Fehler, aber als Anfängerfehler möchte ich es nicht bezeichnen.

Vinales hat es so genannt...
Alex Hofmann: Wenn ich Vinales wäre, würde ich die Situation auch anders sehen. Der ist natürlich extrem enttäuscht. Ich muss aber mit Jorge auch hart ins Gericht gehen. So etwas darf so früh im Rennen nicht passieren und schon gar nicht einem Jorge Lorenzo. Ja, solche Fehler sind uns allen mal unterlaufen, aber wenn du das ganze Wochenende auf der Suche nach Grip am Vorderrad bist, dann musst in dieser Situation ruhiger ans Werk gehen - bei aller Geilheit, zu beweisen, wie gut er immer noch ist und auch wenn er nach einem guten Start vorne mit dabei war. Dieser Mann hat immerhin über elf Jahre MotoGP-Erfahrung.

2016 wurde Lorenzo in derselben Kurve von Iannone torpediert, Foto: Milagro
2016 wurde Lorenzo in derselben Kurve von Iannone torpediert, Foto: Milagro

Gibt es mildernde Umstände, die für Lorenzo sprechen?
Alex Hofmann: Die Situation mit so vielen Fahrern auf engstem Raum war natürlich nicht leicht abzuschätzen, weil eigentlich nur Dovizioso korrekt gebremst hat. Marquez hat selbst attackiert und Vinales hat versucht gegenzuhalten, was Lorenzos Bremspunkt natürlich auch beeinflusst hat. Aber noch einmal: Jorge war schon gut platziert. Da wäre etwas mehr Geduld angebracht gewesen. Er hat sich für die Brechstange entschieden und das ist nicht das, was man sich von einem Fahrer seiner Klasse erwartet.

Auch, weil er ja nicht gegen irgendwelche Fahrer gekämpft hat, sondern gegen echte Sieg- und WM-Anwärter?
Alex Hofmann: Ja, er hat sich zwar für seinen Fehler entschuldigt, aber was er gemacht hat ist natürlich katastrophal für die gesamte Meisterschaft. Dovizioso, Rossi und Vinales wären wohl auch die drei Fahrer gewesen, die Marc heute wirklich fordern und ihm Probleme machen hätten können. Und die brauchten auch alle die Punkte für die Gesamtwertung. So gesehen hat er einen guten Job für Honda gemacht, aber selbst sieht er natürlich richtig doof aus.

Lorenzos bislang bestes Honda-Wochenende nahm einen unrühmlichen Ausgang, Foto: LAT Images
Lorenzos bislang bestes Honda-Wochenende nahm einen unrühmlichen Ausgang, Foto: LAT Images

Würdest du eine Strafe angemessen finden? Dovizioso und Vinales meinten, das wäre angebracht.
Alex Hofmann: Ich fände es absolut okay, ihn in Assen ein bis zwei Reihen in der Startaufstellung nach hinten zu versetzen. Er hat immerhin die Weltmeisterschaft schon Mitte des Jahres massiv beeinflusst, wenn auch sicher nicht gewollt. Wichtig wäre auf jeden Fall, dass die Rennleitung hier einmal einen echten Standard festlegt, was ein Rennunfall ist und was nicht.

Du vermisst also eine gewisse Konstanz in den Entscheidungen?
Alex Hofmann: Ja, es muss einfach für alle gleich sein. Man kann nicht sagen, der Bradley Smith war nochmal fünf Stundenkilometer schneller als er Aleix torpediert hat und die Situation ist deshalb eine andere (Anm.: Bradley Smith war ebenfalls in Turn 10 mit Aleix Espargaro kollidiert und wurde dafür mit einer Rückversetzung um drei Startplätze in seinem nächsten Rennen bestraft). So kann man kein Gefühl dafür bekommen, wo die Grenzen liegen.