Auch nach dem Texas GP in Austin reißt die Kontroverse um die Strafregelungen in der MotoGP nicht ab. Nach Cal Crutchlow in Argentinien legten auch Maverick Vinales und Joan Mir auf dem Circuit of the Americas einen Jump Start hin. Die folgende Ride-Through-Penalty kostete Vinales einen möglichen Podest-Platz. Wird es zu einer Anpassung der Regelung kommen?

Die Situation ist schwierig zu bewerten. Theoretisch könnte die Regelung in der bereits laufenden Saison angepasst und verändert werden. Doch nur, weil das theoretisch eine Möglichkeit wäre, heißt das noch lange nicht, das diese auch praktisch umgesetzt werden kann. Denn bereits die MotoGP-Piloten selbst kommen bezüglich dieses Themas zu keinem Konsens.

So war die Kontroverse um die Jump-Start-Strafe bereits Gesprächsgegenstand in den Safety-Commission-Meetings der Piloten. Das verrieten Valentino Rossi, Alex Rins und Jack Miller in der Pressekonferenz nach dem Austin GP. "Wir haben darüber gesprochen und viele Fahrer waren einer Meinung", erklärte Rossi. "Aber dann hat Cal eingeworfen, dass er ja schon eine große Strafe kassiert hat und wenn wir die Regelung jetzt ändern würden, er einen Nachteil hätte."

Und damit hat Rossi das größte Problem auch schon angesprochen. Eine einfache Änderung der Regel ist jetzt nicht mehr möglich, wenn sie allen Fahrern gegenüber fair sein soll. Nicht nur Crutchlow, sondern nach dem Rennen in Austin auch Vinales und Mir würden daraus einen Nachteil ziehen, denn sie haben die harte Ride-Through-Penalty bereits kassiert.

Würde man die Regeln beispielsweise schon ab dem nächsten Rennen in Jerez ändern und ein anderer Fahrer einen Jump Start hinlegen, würde er für dasselbe Vergehen eine andere, weitaus mildere Strafe, kassieren. Fairness sieht anders aus. Deshalb ist es auch so schwierig, gerade jetzt einen guten Weg in dieser Sache zu finden. "Vielleicht wäre es eine Idee, die Regel für das kommende Jahr zu ändern", überlegte Rossi in der Pressekonferenz.

Cal Crutchlow legte in Argentinien einen minimalen Frühstart hin, Foto: Screenshot/MotoGP
Cal Crutchlow legte in Argentinien einen minimalen Frühstart hin, Foto: Screenshot/MotoGP

Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, ob die Regelung überhaupt geändert werden muss. Bisher ist sie sehr deutlich. "Die Regeln sind klar: Wenn man zu früh startet, dann kriegt man eine Ride-Through-Strafe", erklärte Rins am Sonntag in Austin. Im Fall Crutchlow aber steht der Zeitverlust, den diese Strafe nach sich zieht, in keinem Verhältnis zu dem minimalen Vorteil, der er durch den Jump Start erreicht hat. "Die Regel jetzt ist sehr hart. Nach einer Durchfahrtstrafe ist dein Rennen praktisch vorbei", fand Rossi. Daher scheint es nur angebracht, die Härte der Strafe von Fall zu Fall abhängig zu machen.

Rossi wies in Austin aber auch darauf hin, dass diese Änderung mehr Problem als Lösung mit sich ziehen könnte. "Die Regel ist sehr strikt, aber meines Erachtens nach die einzige Lösung, um die Start in den Griff zu kriegen. Wenn wir sie jetzt ändern, schaffen wir eine Situation, die sich nicht mehr kontrollieren lässt", warnte der Yamaha-Pilot.

Es wäre durchaus denkbar, dass man mit einer Änderung der Jump-Start-Strafe die Büchse der Pandora öffnet. Im Moment werden alle Piloten mit dem gleichen Vergehen gleich behandelt. Fällt man ein Urteil von Fall zu Fall, kann es leicht dazu kommen, dass sich ein Fahrer benachteiligt fühlt und Protest einlegt, weil ein anderer Fahrer in seinen Augen weniger hart bestraft wurde. Betrachtet man die Sachlage aus diesem Blickwinkel, spricht alles dagegen, die Regelung überhaupt zu ändern.

Und genau aufgrund dieses Hin und Hers ist es äußerst schwierig, im Fall Frühstart-Strafe ein Urteil zu fallen und die Regelung anzupassen. Natürlich soll eine mögliche Änderung es dem Großteil, wenn nicht sogar allen Fahrern, recht machen. Das scheint aber einfacher gesagt als getan zu sein.