Mit Aleix Espargaro und Andrea Iannone will das Aprilia-Team in der MotoGP-Saison 2019 angreifen. Die letzten Jahre waren für das italienische Team geprägt von vielen Fahrerwechseln und eher mittelmäßigen Leistungen. Kann das Team in der Saison 2019 das Ruder herumreißen?

MotoGP-Saisonvorschau 2019: Aprilia (08:11 Min.)

Fahrer & Teams für 2019

Team Nr. Fahrer MotoGP-Erfahrung
Aprilia Racing Team Gresini29 Andrea Iannone 101 Starts - 1 Sieg - 11 Podien
41 Aleix Espargaro 146 Starts - 0 Siege - 1 Podium

Auch in dieser Saison schickt der italienische Hersteller nur die Piloten seines Werksteams ins Rennen. Langfristig wäre der Einsatz eines Kundenteams für Aprilia ein erstrebenswerter Gedanke, konkrete Pläne gibt es im Moment aber noch nicht. Dementsprechend stehen Aleix Espargaro und Andrea Iannone als einzige Stammpiloten des Teams im Vordergrund. Für einige Wildcard-Einsätze wird auch Testpilot Bradley Smith zum Einsatz kommen, wie beispielsweise beim Saisonstart in Katar.

Mit dem älteren der beiden Espargaro-Brüder hat Aprilia einen treuen Piloten in ihrem Team. Bereits seit 2017 ist der Spanier Teil der Gresini-Familie und hat seinen Vertrag mittlerweile bis einschließlich 2020 verlängert. Damit ist Espargaro in den letzten Jahren die einzige Konstante in der Entwicklung der RS-GP, denn seine Teamkollegen wurden reihenweise ausgetauscht. Außer Espargaro saßen bereits Stefan Bradl, Alvaro Bautista, Sam Lowes und Scott Redding auf der Aprilia. Somit dürfte Espargaro im Moment der wichtigste Fahrer sein, auf den das Aprilia-Team bauen kann.

An seine Seite hat der italienische Hersteller für das Jahr 2019 Andrea Iannone gesetzt. Die Frage, ob der selbsternannte Maniac ein schneller Pilot ist, stellt sich nicht. Immerhin hat Iannone - im Vergleich zu Espargaro - schon einen MotoGP-Sieg sowie elf Podiumsplätze sammeln können. Dennoch gibt es einen Grund, weshalb er in den letzten Jahren von einem Werksteam ins andere gewechselt ist. Denn in Sachen Arbeitsmoral dürfte Iannone ein wenig anders ticken als Espargaro und auch als Testpilot Smith. Mehr als einmal wurde dem Maniac mangelnde Motivation vorgeworfen. Zuletzt kritisierte TT-Legende John McGuinness Iannones Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken. Und auch die Tatsache, dass Iannone die Testfahrten in Sepang vorzeitig beenden musste, da er nach einer Schönheits-Operation unter Schmerzen litt, dürfte für das Aprilia-Team kein guter Start in die Zusammenarbeit gewesen sein.

Das Motorrad

Die diesjährige RS-GP unterscheidet sich radikal von ihrem Vorjahres-Modell. Das ist auch gut so, denn laut Espargaro war die 2018er-Maschine ein Totalausfall. Für das diesjährige Bike hat man sich in Noale deshalb auf die Weiterentwicklung des 2017er-Bikes konzentriert. Für Espargaro ein guter Weg, denn er bezeichnete die RS-GP 2019 als das Motorrad, das er eigentlich schon letztes Jahr erwartet hatte.

Äußerlich hat die Aprilia einen neuen, aggressiveren Look verpasste gekriegt, mit mehr schwarz als in den letzten Jahren. Ob diese Änderung gut oder schlecht ist, liegt im Auge des Betrachters. Entscheidend ist ohnehin, was unter der Lackierung passiert ist. Der Motor der RS-GP sowie das Seamless-Getriebe sind eine Weiterentwicklung des 2017er-Modells. Das Chassis hingegen hat eine komplette Überholung spendiert bekommen.

Über die Saison hinweg will das Team aber noch etwas Finetuning an ihrem Bike betreiben. Vor allem das Feedback von Neuzugang Iannone ist bei Aprilia jetzt wichtig, um die Entwicklung der RS-GP voranzutreiben. Und auch Testfahrer Smith wird mit Sicherheit neues Feedback mit sich bringen. Gemeinsam mit der Expertise von Espargaro erhofft sich das Aprilia-Team von 2019 einen deutlichen Schritt nach vorn.

So liefen die Tests

Auch wenn die RS-GP zumindest nach Espargaros Meinung ein Schritt nach vorn ist, die große Offenbarung hat sich scheinbar auch 2019 nicht getan. Den Großteil der Zeit war der Spanier der konstant schnellste Aprilia-Pilot und ließ Iannone und Smith hinter sich. Ersterer bekleckerte sich vor allem in Sepang nicht gerade mit Ruhm, als er aufgrund seiner Schönheits-OP die Tests vorzeitig beenden musste.

Iannones bestes Ergebnis während beider Testfahrten mit seinem neuen Team war ein 13. Platz, den er an Tag eins in Katar einfuhr. Damit war er zwar konstant schneller als Testpilot Smith, seinem neuen Teamkollegen Espargaro macht er damit aber keine Konkurrenz. Denn der Spanier war der Einzige, der es schaffte, die Aprilia während der Tests aus dem Mittelfeld raus und in die Top-10 zu stellen. An Tag drei in Sepang gelang ihm ein siebter Rang, an Tag zwei in Katar Platz sechs. Geht man nach den Ergebnissen der Testfahrten, ist die Aprilia RS-GP auch 2019 wohl höchstens ein Bike fürs Mittelfeld.

Was trauen wir Aprilia zu?

Sophie Riga: Auch in diesem Jahr wird man vom Aprilia-Team wohl keine Höchstleistungen erwarten können. Zwar glaubt Espargaro, dass die diesjährige RS-GP ein klarer Schritt nach vorn im Vergleich zum Modell des Vorjahres ist, aber bis auf einige Ausnahmen ist bei den Testfahrten keiner der Aprilia-Piloten über das Mittelfeld hinweggekommen. Außerdem musste sich der Spanier auch eingestehen, dass an seinem diesjährigen Motorrad nicht alles perfekt ist.

Noch dazu kommt, dass mit Iannone wieder ein neuer Pilot ins Team gekommen ist. Die einzige Konstante ist also Espargaro. Vielleicht kann die Saison 2019 aber als Lichtblick für die Zukunft gewertet werden. Denn von Iannones Feedback verspricht sich der Hersteller viel. Findet der Italiener seine Motivation, ist er ein schneller Fahrer und kann bestimmt brauchbares Feedback liefern. Außerdem ist mit Smith ein fähiger Testpilot an Bord, der die Entwicklung der RS-GP in Zukunft ebenfalls weiter vorantreiben kann. Für diese Saison dürfte es jedoch noch schwierig werden, die gewünschten Resultate zu erzielen.

Markus Zörweg: Am Papier ist Aprilia für die MotoGP-Saison 2019 gut aufgestellt. Mit Aleix Espargaro und Andrea Iannone hat man zwei pfeilschnelle Einsatzfahrer, dazu mit Bradley Smith einen fleißigen und exakten Testpiloten. In der Führungsebene hat man mit Massimo Rivola, der viele Jahre die Geschicke von Ferrari in der Formel 1 leitete, mächtig aufgerüstet. Ähnlich gute Voraussetzungen hatte man aber auch schon in der Vergangenheit und da kam meist wenig Zählbares heraus. Kann Aprilia sein Chaos sortieren und Iannone seine desaströse Form aus den Wintertests wieder ablegen, ist einiges möglich. Allein mir fehlt der Glaube...

Michael Höller: Endlich einen Siegfahrer unter Vertrag, endlich technische und sportliche Projektleitung getrennt, endlich einen spitzenmäßigen Testpiloten samt Wildcard-Plan. All das erst im fünften Jahr nach dem Comeback einzuführen, beweist aber leider, wie sehr man die MotoGP bei Aprilia auf die leichte Schulter genommen hat. Das Horror-Jahr 2018 wird man sicher toppen, doch nur wenn Iannone seine Motivation findet und seine Tugenden als Rennschwein ausspielen kann, sehe ich eine Möglichkeit, dass es für Platz 5 in der Konstrukteurs-WM reichen könnte.