Das MotoGP-Qualifying zum Japan-GP in Motegi war eines der kuriosesten, das wir in den vergangenen Jahren erlebt haben. Nicht nur, weil mit Johann Zarco der Fahrer eines Kundenteams auf Pole Position steht, sondern auch, weil zwei Piloten mit einer kuriosen Taktik für Aufsehen sorgte. Und war nicht irgendwelche Piloten, sondern die zwei größten Stars der MotoGP: Valentino Rossi und Marquez.

Sie gingen bei trocknender, aber teilweise immer noch extrem nasser Fahrbahn in Motegi mit Slicks auf die Strecke. Rossi machte das zu Beginn der Session und beendete das Unterfangen nach zwei Runden mit 15 beziehungsweise 19 Sekunden Rückstand auf den zu diesem Zeitpunkt führenden Marquez' wieder.

Dessen erste fliegende Runde katapultierte ihn in die temporäre Pole Position, in 1:53.903 Minuten war er weit mehr als eine Sekunde schneller als der Rest des Feldes. Und das, obwohl sich Marquez in der letzten Kurve einen heftigen Schnitzer leistete, beinahe die Kontrolle über seine Repsol Honda verlor.

Marquez sah wie der sichere Pole-Mann von Motegi aus, doch dann entschieden sich er und seine Crew für eine ungewöhnliche Strategie. Während alle anderen Fahrer, die am Sonntag von den ersten zehn Plätzen starten, für ihren zweiten Run auf der trocknenden Strecke den Extrasoft-Regenreifen am Hinterrad wählten, entschied sich Marquez wie zuvor Rossi für Slicks.

Marc Marquez verspielt Pole Position in Motegi

Was den Kampf um die Pole Position betrifft, ging dieser Poker Marquez' nicht auf. Auch er kam mit Slicks bei weitem nicht an die schnellsten Zeiten heran. Die anderen Piloten konnten sich hingegen massiv verbessern, Johann Zarco und Danilo Petrucci unterboten Marquez' Zeit sogar und drängten ihn auf Startplatz drei zurück. Aleix Espargaro hätte Marquez fast noch aus Startreihe eins gekickt, war am Ende nur 44 Tausendstelsekunden langsamer als der amtierende Weltmeister.

Die Pole Position in Motegi ging schlussendlich an Johann Zarco, Foto: Tech3
Die Pole Position in Motegi ging schlussendlich an Johann Zarco, Foto: Tech3

"Es war noch zu früh für die Slicks", musste sich Marquez im Anschluss eingestehen. "Ich habe überlegt, im zweiten Run auch wie alle anderen den Extrasoft-Regenreifen zu fahren. Dann habe ich mich aber für den Poker mit dem Slick entschieden, weil die Verhältnisse wirklich nicht weit davon entfernt waren, dass es funktionieren hätte können. Am Ende hatte ich aber keine Chance auf die Pole Position."

Aber war es überhaupt Marquez' Ziel, mit den Slicks die Pole Position zu holen? Lauscht man den Aussagen des Repsol-Honda-Stars nach dem Qualifying, scheint das eher nicht so. "Natürlich ist es wichtig, die Pole Position zu holen, manchmal kann es aber auch wertvoll sein, das Qualifying zu nutzen, um gewisse Dinge zu verstehen. Heute haben wir die Pole dafür geopfert", erklärte er direkt im Parc ferme. "Mir war klar, dass sich alle anderen mit dem Extrasoft deutlich steigern werden und ich bin nicht davon ausgegangen, dass meine Pole-Zeit halten wird. Mir war aber klar, dass diese Runde gut genug für die erste oder schlechtestenfalls zweite Reihe war."

Die Überlegung hinter Marquez' kurios anmutender Taktik ist klar. Zwar ist für den Grand Prix am Sonntag aus heutiger Sicht zu 90 Prozent mit Regen zu rechnen, ein Flag-to-Flag-Rennen aber freilich nicht auszuschließen. Und dann sind Marquez und Rossi, der aber nur von Platz zwölf startet, die einzigen Fahrer im Feld, die zumindest eine leise Ahnung von den Gripverhältnissen mit Slicks haben. Für Marquez, der als Dritter seine WM-Rivalen Andrea Dovizioso und Maverick Vinales im Qualifying um sechs beziehungsweise elf Startplätze hinter sich gelassen hatte, ein weiterer Vorteil im Kampf um den MotoGP-Weltmeistertitel 2017.