Als Stefan Bradl 2012 in die MotoGP-Klasse zu LCR Honda aufstieg, waren die Erwartungen an ihn riesengroß. Er hatte in der Vorsaison als erster Deutscher nach fast zwei Jahrzehnten einen Weltmeistertitel gewonnen und dabei sogar Ausnahmetalent Marc Marquez geschlagen. Bradl schien das Zeug zu haben, die Königsklasse im Sturm zu erobern. Fünf Jahre später verabschiedet er sich aus der MotoGP in Richtung Superbike-WM. Bilanz: eine Podiumsplatzierung, eine Pole Position.

Bradl hat damit mehr erreicht als viele andere Fahrer in der am heißesten umkämpften Motorradserie der Welt. Hinter den anfänglichen Erwartungen ist er dennoch zurückgeblieben, auch hinter seinen eigenen. "Ich bin mit 22 Jahren in die MotoGP gekommen. Da habe ich geglaubt, mir steht die Welt offen und ich kann machen was ich will. Dann musste ich aber recht schnell feststellen, dass mir in dieser Liga ein ganz anderer Wind um die Ohren pfeift als zuvor", gesteht Bradl im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com seine damals unrealistische Einstellung.

Bradl erkennt mangelnden Einsatz

Er stimmt den Kritikern zu, die ihm damals mangelnden Ehrgeiz und Einsatz unterstellten. "Mir ist bald klar geworden, dass ich mich härter dahinterklemmen muss. Du kannst in der MotoGP nicht einfach nur alles auf dich zukommen lassen", weiß er heute. Ab seiner zweiten Saison sei daher aber eine neuer Stefan Bradl zu sehen gewesen, glaubt er selbst. Es folgten 2013 der zweite Platz und die Pole Position in Laguna Seca, auch 2014 zeigte Bradl gute Rennen bei LCR Honda.

2013 in Laguna Seca feierte Bradl seinen größten Erfolg in der MotoGP, Foto: Milagro
2013 in Laguna Seca feierte Bradl seinen größten Erfolg in der MotoGP, Foto: Milagro

Dennoch kam nach drei Jahren im Team von Lucio Cecchinello Ende 2014 auf Anraten seines persönlichen Managements der Abschied in Richtung Forward Racing. Eine Entscheidung, die die MotoGP-Karriere des Bayern beinahe vorzeitig beendet hätte. Denn nach nur wenigen Rennen Bradls im neuen Team landete Forward-Boss Giovanni Cuzari wegen Vorwürfen der Geldwäsche und Steuerhinterziehung im Gefängnis. Sponsoren sprangen reihenweise ab und das Team stand vor dem Aus. Bradl hatte Glück, dass Aprilia zum selben Zeitpunkt den desaströs agierenden Marco Melandri feuerte und so einen Nachfolger brauchte.

Trotz des glücklichen Endes im Forward-Abenteuer Bradls hat ihn diese Erfahrung vorsichtiger werden lassen. "Wenn du so auf die Schnauze fällst, ist das ganz logisch", meint Bradl. "Ich habe damals einfach irgendwelchen Leuten vertraut und nichts Böses gedacht. Tatsächlich war es dann aber so, dass Verträge nicht eingehalten, mir ohne Rücksicht auf Verluste Steine in den Weg gelegt und einfach generell viele Dinge irgendwie getrickst wurden. So eine Erfahrung prägt dich." Eine Lehre, die für Bradl auf seinem weiteren Karriereweg noch hilfreich sein könnte.

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