Der Moto2-Weltmeister 2016 ist gerade frisch vergeben, da wird schon über mögliche Sieger in der kommenden Saison gerätselt. Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber eines steht fest: für Tom Lüthi könnten die Chancen nach einer fantastischen Saison 2016 schlechter stehen. Folgt nach dem zweiten Platz jetzt der WM-Titel?

Lüthi über Favoritenrolle 2017: Alles egal

Lüthi gilt für das kommende Jahr als absoluter Titel-Kandidat. Mit seinen Übersee-Siegen in Japan und Australien lieferte der Schweizer Spitzen-Leistungen ab, beim Saisonfinale musste er sich nur gegen Weltmeister Johann Zarco geschlagen geben. Obendrauf gab es zu dem Podium in Valencia noch den zweiten WM-Rang. Kein Wunder, dass die Konkurrenz Lüthi jetzt zum Titel-Favoriten Nummer eins macht. "Ich bin natürlich der Erfahrenste und der Favorit, aber das ist mir eigentlich alles egal", erklärt Lüthi. "Ich kenne die Moto2, sie ist immer hart umkämpft. Es kommen junge Leute wie Franco [Morbidelli, Anm. d. Red.] nach, es gibt so viele, die die WM gewinnen könnten."

Dennoch ist sich alle Welt sicher, dass der Druck auf Lüthi als Titelanwärter besonders hoch ist. Das Wochenende in Valencia war für den Schweizer die beste Vorbereitung darauf, wie es in der Saison 2017 für ihn laufen wird. "Es war ein schwieriges Wochenende, es stand viel auf dem Spiel und der Druck war hoch. Die nächste Saison wird genauso sein", ist sich der WM-Zweite sicher. Hätte die Konkurrenz Lüthi zugesetzt, wäre er am Ende auf WM-Rang vier gelandet. "Platz zwei oder vier, das macht schon einen Unterschied", erinnert Lüthi.

An das Gefühl, von allen Seiten beobachtet zu werden, konnte sich der Moto2-Pilot damit schon gewöhnen. "Die Leute werden auf mich schauen, das haben sie in Valencia auch getan", weiß der Schweizer. "Ich lag vorne und musste den Druck zu diesem Zeitpunkt standhalten und meine Leistung bringen." An seiner Arbeitsweise wird seine Rolle als Titel-Favorit jedenfalls nichts ändern, stellt Lüthi klar. Für das kommende Jahr ist es ihm deshalb umso wichtiger, dass sein Umfeld so unverändert wie möglich bleibt. "Wenn wir die Struktur so bestehen lassen, wie sie jetzt ist, dann stehen wir gut da und werden zusammen nur noch stärker."

In Motegi siegte Tom Lüthi, Foto: Derendinger Racing
In Motegi siegte Tom Lüthi, Foto: Derendinger Racing

Das Ziel für die Zukunft: MotoGP

Lüthi ist mit seiner Leistung des Jahres 2016 endgültig in der höchsten Liga der Moto2 angekommen, obwohl er bereits zehn Jahre in der Klasse unterwegs ist. Laut ihm selbst hat es viele Gründe, warum der Erfolg in der mittleren WM-Kategorie - und damit auch der Aufstieg in die Königsklasse - so lange auf sich warten ließ. "Der ganz große Erfolg wie der WM-Titel von Stefan Bradl war zum Beispiel nicht dabei", grübelt Lüthi über seine bisherige Karriere. "Vielleicht liegt es auch an der Nationalität, da wir Schweizer für den gesamten Weltmarkt doch ein kleines Land sind. Genauso darf man auch die finanzielle Seite nicht vergessen. Aber das Wichtigste ist natürlich, das man ganz vorn und zumindest um den WM-Titel kämpft."

Vor diesem Jahr reichten Lüthis Leistungen für einen potenziellen Einstieg in die MotoGP nicht und auch in diesem Jahr kamen die Ergebnisse des Schweizers zu spät, um sich in die Königsklasse einzuklinken. "Dieses Jahr war es in der MotoGP extrem, fast alle haben schon am Anfang der Saison unterschrieben. Das war für mich vielleicht nicht von Vorteil", meint Lüthi. "Wir konnten erst am Ende der Saison zeigen, was in uns steckt." Während Jungspunde wie Sam Lowes, Jonas Folger, Johann Zarco und Alex Rins die Chance auf den Sprung in die Königsklasse bekommen, geht Lüthi leer aus.

Tom Lüthi gilt 2017 als Favorit auf den Moto2-Titel, Foto: Tobias Linke
Tom Lüthi gilt 2017 als Favorit auf den Moto2-Titel, Foto: Tobias Linke

Das sein Alter im Paddock ebenfalls im Zusammenhang mit dem MotoGP-Wechsel Thema war, geht Lüthi gegen den Strich. "Das ist mir richtig auf die Nerven gegangen", gesteht der Schweizer. In einer gemeinsamen Pressekonferenz auf sein Alter angesprochen, deutete Lüthi auf Rossi und erinnerte daran, was der mittlerweile 37-Jährige noch immer leistet. "Rossi fragte mich dann, was ich damit meine. Ich sagte, dass ich bald 30 werde. Er hat dann nur gelacht und gesagt, dass es Bullshit ist und absolut keine Rolle spielt." Körperliche Fitness spielt natürlich eine Rolle, aber "70 Prozent des Rennens spielt sich im Kopf ab, das hat mein Vater mir schon immer gesagt", erklärt Lüthi. Sein Alter ist für den Schweizer damit also kein Grund, am späten MotoGP-Aufstieg zu zweifeln. "Unser Ziel ist aber immer noch MotoGP", stellt Lüthi klar.