Die Saison 2016 der Motorrad-WM ist Geschichte. Für die deutschen Piloten lief es jedoch nicht nach Wunsch. Stefan Bradl hatte mehr mit der Aprilia als mit den Gegnern zu kämpfen, Jonas Folger fand nie wirklich zur Top-Form, Sandro Cortese wurde immer wieder vom Pech heimgesucht, Marcel Schrötter blieb blass und Philipp Öttl verpasste die vor der Saison angestrebten Top-10 in der Gesamtwertung. Die Highlights und Tiefpunkte sowie das Fazit der deutschen Fahrer in MotoGP, Moto2 und Moto3 2016:

MotoGP: Die Saison 2016 von Stefan Bradl

Das Highlight von Bradls Saison 2016:
Am stärksten unterwegs waren Bradl und seine Aprilia RS-GP Baujahr 2016 Ende September beim Aragon-GP. Es war jenes Wochenende, an welchem Bradl zum ersten Mal während seiner Aprilia-Zeit den Sprung in Q2 schaffte. Zwar wurde er in diesem Abschnitt dann Letzter, doch die Freude über den Sprung in den zweiten Abschnitt überwog. Im Rennen fuhr Bradl auf Platz zehn. Auch das war eine starke Leistung, denn dieses Top-10-Resultat fuhr er zum ersten Mal in der abgelaufenen Saison aus eigener Kraft ein. Bei seinen vorherigen Ankünften in den Top-10 profitierte Bradl noch von den vielen Stürzen (Argentinien, Austin und Le Mans) bzw. vom Regen (Assen).

Stefan Bradl ließ in Aragon auch die Werks-Ducati hinter sich, Foto: Aprilia
Stefan Bradl ließ in Aragon auch die Werks-Ducati hinter sich, Foto: Aprilia

Der Tiefpunkt von Bradls Saison 2016:
Zu einem Eklat zwischen Aprilia und seinen Fahrern Stefan Bradl und Alvaro Bautista kam es beim Österreich-GP. Beide leisteten sich einen Frühstart und wurden mit einer Durchfahrtsstrafe bedacht. Das Team leitete dies als Nachricht auf das Dashboard weiter, wo die Nachricht allerdings nie ankam, wie Bradl nach dem Rennen berichtete. Bradl kam zwei Mal an die Box, erst beim zweiten Mal saß er dabei seine Durchfahrtsstrafe ab. Den Aprilia-Bossen platzte der Kragen. In der Pressemitteilung nach dem Rennen ließen sie ihre Fahrer nicht zu Wort kommen, was äußerst ungewöhnlich ist. Stattdessen gab es harsche Kritik von Rennleiter Romano Albesiano und Konzern-Chef Roberto Colaninno zu lesen.

So fasst Stefan Bradl seine Saison 2016 zusammen:
"Es gibt Sachen, die man auf alle Fälle hätte besser machen können, aber im Großen und Ganzen nicht unzufrieden. Der Punkteabstand zum Alvaro, der macht mir bissl Kopfzerbrechen, damit bin ich nicht zufrieden. Dann hätte ich beim ein oder anderen Rennen ein bisschen aggressiver sein sollen, aber ich hatte nicht das Selbstbewusstsein, hatte einfach nicht das Vertrauen. Es war mir wichtig, dass ich die Rennen zu Ende fahre. Aber ich habe selten im Rennen attackieren können und mit dem Motorrad frei auffahren. Das war schwer für mich. Deshalb bin ich nicht ganz zufrieden, aber trotzdem wars auch nicht ganz so schlecht. Wir haben einige Kollegen von Miller bis Scott Redding, sind einige, die auch hinter uns sind, aber trotzdem. Als Fazit hätte ich mir die Note 2-3 gegeben. Also eher befriedigend."

Moto2: Die Saison 2016 von Jonas Folger

Das Highlight von Folgers Saison 2016:
Bezeichnenderweise hatte Jonas Folger sein Highlight 2016 nicht in einem Rennen, selbst nicht als er den Tschechien-GP in Brünn. Denn alle Augen waren an einem anderen Tag auf Folger gerichtet: Die Rede ist vom Donnerstag vor dem Frankreich-GP. In Le Mans wurde nämlich bekannt: Tech3-Yamaha verpflichtet Folger als Stammfahrer für die MotoGP-Saison 2017! Für den Deutschen die Erfüllung eines Lebenstraums: "Ich freue mich riesig über die Neuigkeiten und kann noch immer kaum glauben, dass das passiert. Ich bin jahrelang in der Motorrad-WM gefahren und der Aufstieg in die Königklasse ist ein Traum, der Wirklichkeit wird", so Folger damals stolz.

Der Tiefpunkt von Folgers Saison 2016:
Nach der Bekanntgabe des MotoGP-Aufstiegs durchschritt Folger ein langes Tal, aus dem er sich nur schwer herausziehen konnte. Die Stürze häuften sich, die Pace der Spitzenleute war oft zu hoch. Nur noch bei schwierigen Verhältnissen konnte Folger richtig glänzen, wie etwa mit P2 auf dem Sachsenring oder dem Sieg in Brünn. Der publik gewordene Aufstieg schien Folger nicht entlastet, sondern viel mehr belastet zu haben. Zum Vergleich: Vor der Bekanntgabe holte Folger 47 Punkte in vier Rennen. Danach waren es im selben Zeitraum nur noch 16 Zähler.

So fasst Jonas Folger seine Saison 2016 zusammen:
"Es war mental eigentlich ein richtig schwieriges Jahr, weil viel erwartet wurde von mir, und ich auch viel von mir selbst erwartet habe. Die Saison hat auch super gestartet. Dann haben wir richtig viele Rückschläge kassiert und uns schwer getan, wieder richtig Fuß zu fassen, besonders im Trockenen dann. Immer wenn es schwierig wurde, nass oder halbtrocken, dann waren wir richtig stark immer. Im Trockenen haben wir bis jetzt einfach keine Lösung gefunden. Wir sind immer irgendwo im Dunkeln getappt und haben leider keinen Ausweg gefunden, haben aber auch nie aufgegeben. "

Moto2: Die Saison 2016 von Sandro Cortese

Das Highlight von Corteses Saison 2016:
Nur in einem Rennen ließ Sandro Cortese sein wahres Potenzial wirklich aufblitzen: Beim Australien-GP auf Phillip Island. Der Deutsche ließ sich auch nicht von einem mittelmäßigen Start aus der Ruhe bringen oder aufhalten. Mit zunehmender Renndauer wurde Cortese immer stärker und machte Platz um Platz gut. Letztlich fuhr Cortese als starker Dritter über die Ziellinie und holte damit sein erstes Podest seit Motegi 2015. Zum Sieg fehlte ihm am Schluss eine halbe Sekunde, in den Kampf zwischen Thomas Lüthi und Franco Morbidelli konnte er nicht mehr eingreifen.

Der Tiefpunkt von Corteses Saison 2016:
Sandro Cortese zog sich schon früh in der Saison eine erste größere Verletzung zu. Beim Rennen in Jerez riss er sich das Kreuzband an, bei anschließenden Testfahrten beschädigte er sich sein Knie weiter. So war an eine reguläre Teilnahme beim Frankreich-GP nicht zu denken. Cortese biss zunächst auf die Zähne und fuhr trotzdem in den ersten beiden Freien Trainings. Doch im FP2 musste Cortese einsehen: Die Schmerzen sind zu groß, ein Rennstart nicht möglich.

So fasst Sandro Cortese seine Saison 2016 zusammen:
"Das war die für mich schwierigste Saison, die ich bis jetzt in meiner GP-Karriere gehabt habe. Es gab wenige Highlights in diesem Jahr, das war für mich ein herber Rückschlag. Ich werde auf jeden Fall nicht aufgeben und komme wieder stärker zurück, das garantiere ich. Weil das, was dieses Jahr schiefgegangen ist, das kann man glaube ich nicht mehr wiederholen. Ich stehe überhaupt nicht da, wo ich eigentlich sollte. Es kamen Stürze dazu, es kamen unglückliche Dinge dazu, technische Ausfälle, dann auch mal ein Sturz... Einfach so viel, was normal in drei oder vier Saisons passiert, ist wirklich alles zusammengekommen dieses Jahr."

Moto2: Die Saison 2016 von Marcel Schrötter

Das Highlight von Schrötters Saison 2016:
Marcel Schrötter geigte 2016 bei einem Rennen richtig auf: Beim Österreich-GP auf dem Red Bull Ring. Dort war der Deutsche im Rennen bärenstark unterwegs und mischte munter mit im Kampf um die Spitzenpositionen. Zwischenzeitlich führte Schrötter das Rennen gar an! Auch wenn Schrötter in der zweiten Rennhälfte nicht mehr ganz mit den Top-4 mithalten konnte: Platz fünf bedeutete das beste Einzelergebnis seiner WM-Karriere.

Der Tiefpunkt von Schrötters Saison 2016:
Einen ganz schlechten Tag erwischte Marcel Schrötter beim Spanien-GP in Jerez - ausgerechnet einem Rennen in seiner Wahlheimat. Zwar war Schrötter im Rennen gut unterwegs und lag sicher in den Top-10. Doch dann ging der Deutsche zu Boden und vergeigte so ein gutes Resultat. Das Rennen konnte Schrötter zwar wieder aufnehmen, doch wenig später stürzte er noch einmal - das endgültige Aus.

So fasst Marcel Schrötter seine Saison 2016 zusammen:
"2016 ist nicht so gelaufen wie wir es erwartet haben. Wir hatten gute Wintertests mit sehr guten Ergebnissen. Wir waren gut dabei und das hat uns sehr positiv gestimmt. Deswegen war es enttäuschend, dass wir nicht so richtig nach vorne kamen. Wir hatten einzelne gute Ergebnisse und in der ersten Saisonhälfte waren wir sehr oft gut mit dabei. Aber dann zum Qualifying und zum Rennen hatten wir unsere Probleme. Dafür gibt es mehrere kleine Gründe, aber insgesamt war es einfach leicht enttäuschend, weil so zwischen P7 und P12 war so mein Bereich im Rennen, auch wenn wir natürlich in Österreich ums Podium gefahren sind. Aber genau solche Rennen hätten auch öfter sein können, weil ich glaube, dass ich den Speed habe und es machen könnte. Genau das erwartet man von mir und das erwarte ich auch von mir selber."

Moto3: Die Saison 2016 von Philipp Öttl

Das Highlight von Öttls Saison 2016:
Es kann nur einen Höhepunkt geben. Zwar war Öttl in Spielberg und in Aragon bärenstark in den Rennen unterwegs, einzig die Krönung in Form eines Pokals blieb aus. Daher bildet der Americas-GP in Austin das Highlight von Öttls Moto3-Saison 2016. Im Qualifying fuhr der Deutsche - zugegebenermaßen auch mit Hilfe des Wetter-Gotts - zur Bestzeit und damit seiner ersten Karriere-Pole. Auch im Rennen war Öttl stark unterwegs, in den letzten Runden musste er sich allerdings dem späteren Weltmeister Brad Binder im Kampf um P3 geschlagen geben.

Der Tiefpunkt von Öttls Saison 2016:
Das ist zweifellos der Frankreich-GP in Le Mans. Öttl startete von Platz 18 und fiel nach einem schlechten Start zurück, die erste Runde beendete er auf Position 23. Das Rennen selbst war für Öttl früh vorbei. Bereits in Runde vier ging er in der Zielkurve per Highsider zu Boden. Bei dieser Gelegenheit zog sich Öttl auch noch eine Verletzung am Handgelenk zu und musste dadurch seine Teilnahme beim anschließenden Rennwochenende in Mugello absagen.

So fasst Philipp Öttl seine Saison 2016 zusammen:
"Ja es ging mal ganz gut, aber ich sage mal: ab Saisonhälfte haben wir immer Punkte gemacht bis auf Sepang. Das ist nicht schlecht, einfach mal Konstanz drinnen zu haben ist wichtig. Und zur Verletzung: das passiert einfach mal, Punkt. Das Jahr ist trotzdem einigermaßen gut ausgegangen. Wir haben mehr Punkte wie letztes Jahr geholt und sind auch besser in der WM platziert. Das ist schon nicht so schlecht."