Jorge Lorenzos Worte vom Donnerstag hallen ordentlich nach. "In einer Saison 2016, in der es nur Trockenrennen gegeben hätte, würde ich die WM jetzt anführen!", meinte der amtierende MotoGP-Weltmeister. Beim Rennen in Silverstone hat der Yamaha-Pilot den großspurigen Worte jedoch keinerlei Taten folgen lassen. Lorenzo hatte beim Großbritannien-GP rein gar nichts mit dem Kampf um den Sieg oder um die Podiumsplätze zu tun. Stattdessen sah er als abgeschlagener Achter die Zielflagge.

Lorenzos Setup-Poker ging nicht auf - anders als beim Sieg 2012

Wie schon beim verregneten Qualifying am Samstag verrannten sich Lorenzo und seine Crew auch am Renn-Sonntag beim Setup der Yamaha M1 #99. Dabei entschlossen sie sich gemeinsam zu einem Schritt, der sie schon 2012 beim Silverstone-GP auf die Siegerstraße brachte. "Wir haben es schließlich riskiert und haben alle Aufhängungen härter gemacht, denn 2012 haben wir genau das im Warm Up getan und damals ist es aufgegangen", erinnert sich Lorenzo. Womöglich hat Lorenzo dabei nicht die unterschiedlichen Bedingungen an den Renn-Tagen berücksichtigt.

2012 zahlte sich Lorenzos Setup-Poker aus - in diesem Jahr ging er ordentlich in die Hose, Foto: Milagro
2012 zahlte sich Lorenzos Setup-Poker aus - in diesem Jahr ging er ordentlich in die Hose, Foto: Milagro

In diesem Jahr war der Himmel bewölkt, weshalb Luft und Asphalt 18 Grad aufwiesen. Bei der Ausgabe im Juni 2012 war es zwar mit 15 Grad Lufttemperatur etwas kühler, doch die Sonne erwärmte den Asphalt damals auf 23 Grad - fünf Grad Unterschied also bei der Streckentemperatur. Im MotoGP-Zirkus, wo es um Nuancen geht, ist das eine ganze Menge. "Heute hat das leider nicht funktioniert. Über die Bodenwellen ist es nicht besser geworden und der Grip hinten war von Anfang an schlechter", so ein frustrierter Lorenzo.

Lorenzo in der zweiten Hälfte wehrlos gegen die Konkurrenz

Und so hat Lorenzo auch auf der Strecke schon früh gemerkt, dass er und sein Team sich verzettelt haben: "In der ersten Runde, als ich mit Pedrosa gekämpft habe, habe ich schon gesehen, dass er einen viel höheren Kurvenspeed gehen kann und wesentlich besser aus den Ecken herausbeschleunigt. Da wusste ich schon, dass es ein schwieriges Rennen wird." So kam es, dass Lorenzo im gesamten Rennen nicht besser platziert war als Rang sieben. Und selbst dort konnte er sich nur für drei Runden halten.

Ab der zweiten Rennhälfte konnte Lorenzo endgültig nicht mehr mithalten, Foto: Yamaha
Ab der zweiten Rennhälfte konnte Lorenzo endgültig nicht mehr mithalten, Foto: Yamaha

In der zweiten Rennhälfte brachen Lorenzos Zeiten schließlich völlig ein. "Ab Runde neun hat der Hinterreifen stark vibriert, also musste ich meine Pace drastisch verlangsamen, von niedrigen 2:03er-Zeiten zu mittleren 2:04er-Runden! Da hat mich auch Aleix dann überholt und ich habe den Kontakt zu ihm und der zweiten Gruppe verloren. Da ich weniger Grip hatte und auch nicht wusste, ob sich das Problem verschlimmert, habe ich Pace herausgenommen und einfach versucht, das Rennen auf dieser Position zu beenden", so ein hilfloser Lorenzo, der den achten Rang am Ende sicher nach Hause brachte.

Lorenzo hat nach Silverstone die MotoGP-WM abgehakt

Nach dieser Leistung hat Lorenzo die WM erst einmal abgehakt. 14 Punkte fehlen jetzt auf Rossi, das Defizit zum WM-Leader Marc Marquez beträgt gar 64 Zähler. "Ich kümmere mich jetzt nicht mehr darum, da wir einfach nicht konkurrenzfähig sind. Wir haben viele Punkte verloren und bis jetzt ist in den letzten Rennen immer irgendetwas passiert, wegen dem wir weiter Punkte eingebüßt haben." Auch im Falle einer komplett trockenen MotoGP-WM 2016 lässt Lorenzo das entscheidende Quäntchen Können und Glück vermissen, um die Gesamtwertung anzuführen. Das Rennen in Silverstone hat dies unterstrichen.