"Der wichtigste Grund für meinen Wechsel war meine eigene Motivation und die Herausforderung ", rechtfertigte Jorge Lorenzo seinen Ducati-Transfer in Jerez. "Ich bin einer der professionellsten Fahrer im Feld und fokussiere mich immer zu hundert Prozent auf meine Arbeit. Um diesen Fokus aufrecht zu halten, brauchte ich diese neue Herausforderung als zusätzliche Motivation."

Zum ersten Mal seit die Unterschrift unter den Deal für die Jahre 2017 und 2018 getrocknet war, präsentierte sich Lorenzo am Donnerstag der Presse. Allzu auskunftsfreudig war der Weltmeister allerdings noch nicht. "Es sind noch 15 Rennen, in denen ich nur in Blau denke", würgte er frühe Fragen nach seiner Zukunft in Rot ab.

Yamaha-Boss: Drei Faktoren für Lorenzos Wechsel

Umso auskunftsfreudiger war aber Yamaha-Boss Lin Jarvis, der Lorenzo nach achteinhalb Jahren unter seinen Fittichen per Saisonende verliert: "Ich sehe drei Faktoren, die den Ausschlag gegeben haben: Jorge hat ein finanziell sehr gutes Angebot bekommen, vielleicht besser als unseres. Die Ducati ist ein konkurrenzfähiges Bike, was den Wechsel weniger risikoreich macht. Und zuletzt wird er dort künftig auch die klare Nummer eins sein."

Gerade die Fehde mit Valentino Rossi habe den Stein des Transfers ins Rollen gebracht. Die Ereignisse neben der Rennstrecke im Windschatten des Sepang-Clashes hätten massive negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima bei Yamaha gehabt, wie Jarvis bestätigte. Aus einer bis dahin guten Beziehung zwischen Rossi und Lorenzo wurde ein Rosenkrieg. "Dreieinhalb Jahre lang haben sich die beiden relativ gut verstanden. Nach Sepang nicht mehr", so Jarvis.

Tanzt Ducati nun nach Lorenzos Pfeife?

Dass Lorenzo nach achteinhalb Jahren in der MotoGP und drei WM-Titeln ein Status als Nummer eins wichtig ist, daraus machte er keinen Hehl: "Yamaha hat bei der Entwicklung stets auf die Meinungen von bis zu vier Fahrern gehört. Jetzt habe ich hoffentlich die Chance, dass ein Motorrad in die Richtung weiterentwickelt wird, die ich mir wünsche."

Diese Chance war bei Yamaha durch Rossis frühe Vertragsverlängerung bis Ende 2018 nicht gegeben. Zudem betonte Jarvis, dass es beim japanischen Hersteller ohnehin nie einen Nummer-1-Status gegeben hat, den man anbieten hätte können. Dennoch war es Lorenzo, dem Yamaha eine Deadline für seine Entscheidung setzte. Vielleicht auch ein Katalysator für dessen Unterschrift bei Ducati?

"Wir haben unser bestmögliches Paket geschnürt und seinem Management angeboten. Ein Nummer-1-Status war nicht drin, weil wir zwei Top-Fahrer haben und ein Wechsel dieses Aufgebots keine Option war", bestätigte der Yamaha-Boss, der aber hinzufügte, dass der Abgang schmerzt: "Das ist ein Gefühl, als würde man in der Disko eine schöne Frau ansprechen, ob sie mit einem tanzen geht und die sich dann für den Mann neben dir entscheidet."

Comeback bei Yamaha bleibt Option

Die Tür für ein Comeback stehe Lorenzo aber jederzeit offen, wie Jarvis ausdrücklich betonte. Schließlich habe man auch Valentino Rossi nach dessen Scheitern bei Ducati mit offenen Armen empfangen. Lorenzo selbst hat freilich ganz andere Pläne, denn er will unter dem Dach der roten Rennfraktion aus Bologna Großes vollbringen.

"Im Leben muss man versuchen Geschichte zu schreiben. Sollte ich es schaffen, Ducati zum Titel zu führen - was bislang nur Casey (Stoner) gelang - dann wäre das ein großes Kapitel Geschichte", gab sich Lorenzo pathetisch. "Zumindest ist es aber eine große Sache, dass ab 2017 die besten drei Fahrer auf drei verschiedenen Motorrädern unterwegs sein werden." Ob das stimmt? Noch hat Marc Marquez seinen Vertrag bei Honda nicht unterschrieben.