Jorge Lorenzo wurde beim Grand Prix von Malaysia in Sepang Zweiter hinter Dani Pedrosa - darf sich aber beim Blick auf die WM-Situation vor dem Finale in Valencia als Gewinner dieses Wochenendes fühlen. Teamkollege Valentino Rossi kam zwar einen Rang hinter Lorenzo ins Ziel und führt daher noch mit sieben Punkten Vorsprung die WM an, doch wegen seiner überaus harten Zweikämpfe mit Marc Marquez, der letztlich stürzte, erhielt Rossi drei Strafpunkte und startet daher in Valencia vom Ende des Feldes.

Ist das schon der große Matchball für Lorenzo? Zunächst wollte natürlich alle Welt wissen, wie er den Zwischenfall bewertet: "Ich glaube nicht, dass das eine gute Entscheidung ist", so Lorenzo nach dem Rennen in der Pressekonferenz. "Er hat Marc ins Aus befördert. Null Punkte für Marc und 16 für Vale - das ist unfair", schlug sich Lorenzo auf die Seite seines Landsmanns. "Beide sollten nach diesem Rennen eigentlich die gleiche Anzahl an Punkten erhalten! Ohne Vale wäre Marc nicht gestürzt. Andere werden für geringere Vergehen härter bestraft, aber sein Name ist anscheinend so wichtig für diese WM, dass er keine großen Strafen zu befürchten braucht", poltert Lorenzo.

Lorenzo ohne Verständnis für Rossi

"Aber ich bin nicht die Rennleitung und war da auch nicht involviert. Ich teile nur diese Meinung nicht", verweigert Lorenzo politisches Kalkül hinter seinen Aussagen. Als fairem Motorsportler sind ihm auch die Aktionen, die sein WM-Rivale geritten hat und Marquez geritten haben, fremd: "Ich finde das unglaublich. Ich habe es gesehen! Es geht mir nicht in den Kopf, wie man solche Dinge tun kann", verurteilt Lorenzo die folgenreiche Kollision.

"Ich würde niemals mein Bike so hinstellen, dass mein Gegner aufsetzen muss und ich würde auch nicht mit dem Fuß ausschlagen. Aber das ist passiert, die Rennleitung hat eine Entscheidung getroffen, und die gilt es jetzt zu respektieren. Auch wenn ich anderer Meinung bin", so ein fassungsloser Lorenzo. Die Frage, ob er gar eine Disqualifikation Rossis gefordert hätte, verneint Lorenzo klar und deutlich. Er spricht sich aber dafür aus, dass das Team noch eine faire Strafe für seinen Teamkollegen aussprechen solle.

Lorenzo: Rossi ist kein großer Sportler

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Mit einem Rückstand von sieben Zählern und dem WM-Rivalen in der Startaufstellung ganz hinten, sollte der Titelgewinn doch für Lorenzo auf dem Silbertablett serviert sein. Der Yamaha-Pilot widerspricht: "Ich weiß es nicht. Wer weiß, was in Valencia passiert. Vielleicht regnet es, und Vale ist nach ein, zwei Runden wieder vorne dabei. Im Trockenen hat er zwar mehr Probleme, aber er kann trotzdem immer noch Weltmeister werden", gibt Lorenzo zu Bedenken.

Gleichzeitig sendet der Mallorquiner eine Spitze Richtung Rossi: "Zwar kann er dieses Mal kein fairer Champion mehr werden, aber er kann. Nicht nur ich, sondern auch viele andere Leute haben heute den Respekt ihm gegenüber als fairem Sportsmann verloren. Er mag der größte Fahrer in der Geschichte sein, aber er ist kein großer Sportler. Es gab in der Vergangenheit schon ähnliche Vorfälle, aber der heute war der Schlimmste."

Jorge Lorenzo und Marc Marquez respektieren sich, Foto: Bridgestone
Jorge Lorenzo und Marc Marquez respektieren sich, Foto: Bridgestone

Beziehung zur Konkurrenz intakt

Marc Marquez könnte damit heute einen großen Gefallen für Lorenzo getan haben, so wie Rossi es in den letzten Tagen schon befürchtet hat. Marquez hatte sich bereits in Runde zwei verbremst und Lorenzo konnte so durchschlüpfen. Als Rossi am Heck des Spaniers war, wurde der langsamer. Auf die Frage nach seiner Beziehung mit Marquez reagiert Lorenzo ungehalten: "Wieso stellen Sie diese Frage jetzt?", so ein überrumpelter Lorenzo.

"Ich verstehe diese Frage wirklich nicht! Wir respektieren uns sehr. Er ist einer der Besten. Im Moment vielleicht nicht, aber es herrscht viel Respekt. Nicht mehr und nicht weniger", wies Lorenzo die Verschwörungstheoretiker schroff ab. Auch an seiner Beziehung mit Rossi habe sich nichts verändert. Ihm hätte er an diesem Wochenende ja nichts getan, meinte Lorenzo schlicht und einfach.

Bleibt nur die Frage nach dem Rennen für Lorenzo offen. Der Mallorquiner: "Ich bin zufrieden. In der Hitze ist es immer schwierig, bis zum Ende zu kämpfen. Dani war wirklich stark und es war schwer, mit ihm mitzuhalten, vor allem in der zweiten Rennhälfte. Es war sehr heiß und die Bedingungen extrem, da war es hart, das Rennen zu beenden. Wir sind aber happy mit dem zweiten Platz."