Jorge Lorenzo ist auf Schützenhilfe angewiesen. Zwar noch nicht unbedingt beim Rennen auf Phillip Island, aber in zumindest einem der drei verbleibenden Rennen. Denn selbst wenn der Spanier alle Rennen gewinnt, kann sich Rossi mit drei zweiten Plätzen den WM-Titel sichern.

Mehr denn je braucht Lorenzo daher seine Kollegen. Einerseits als Puffer gegen Rossi, andererseits auch als willige Opfer bei Überholmanövern. Vor allem Marc Marquez und Dani Pedrosa könnten sich im Saisonfinish als die beiden orangen Zünglein an der blauen WM-Waage entpuppen. Marquez versprach bereits am Samstag auf Phillip Island, dass er sich im Fall der Fälle nobel zurückzuhalten wird.

Marquez schwört: Kein zweites Jerez

"Es wird nicht wie in Jerez 2013 ausgehen", meinte der Weltmeister angesprochen auf ein mögliches Letztrundenduell auf Phillip Island. In Jerez hatte sich Marquez damals mit einem Bodycheck in der letzten Kurve gegen Lorenzo im Kampf um Platz zwei durchgesetzt und ihn mit diesem Überholmanöver vier Punkte gekostet.

"Wenn wir uns diesmal Auge in Auge gegenüber stehen, werde ich besser aufpassen. Natürlich werde ich mein Bestes geben, vor ihm ins Ziel zu kommen. Aber in den Bremszonen werde ich mein Hirn einschalten", sagte Marquez.

Andrea Iannone - am Sonntag auf Phillip Island auf Startplatz zwei - gelobte ebenfalls, im Titelkampf nicht Partei zu ergreifen. "Beide Fahrer sind stark und beide sind große Champions. Ich bin glücklich, wenn der bessere Fahrer 2015 am Ende gewinnt. Ich selbst hoffe einfach nur, dass ich vielleicht mit Marc um den Sieg kämpfen kann", so Iannone. Keine explizite Schützenhilfe also für Landsmann Rossi, mit dem sich der Italiener gut versteht.

Rossi gegen Marquez, Lorenzo gegen Ducati

Doch welche Piloten konnten sich in dieser Saison schon in den Titelkampf einmischen? In bisher sechs der 15 Rennen liefen Rossi und Lorenzo unmittelbar hintereinander ein, machten sich die Punkte im direkten Vergleich also untereinander aus. Dabei hatte jeder der beiden Weltmeister je dreimal die Nase vorne: Rossi in Austin (3.), am Sachsenring (3.) und in Motegi (2.), Lorenzo hingegen bei seinen Siegen in Le Mans und Barcelona sowie bei Platz zwei in Indianapolis.

Ducati kostete Lorenzo Anfang 2015 viele WM-Punkte, Foto: Yamaha
Ducati kostete Lorenzo Anfang 2015 viele WM-Punkte, Foto: Yamaha

Gefährlich sind für den direkten Vergleich aber vor allem jene Rennen, in denen sich Fahrer dazwischen schieben konnten. Das passierte Rossi in Jerez, Mugello, Brünn und Aragon. Widersacher Lorenzo gewann alle vier dieser Rennen, während Rossi Dritter wurde. Somit verlor er jeweils vier Punkte auf Lorenzo aufgrund von Marc Marquez (in Jerez und Brünn), Andrea Iannone (Mugello) und Dani Pedrosa (Aragon).

Lorenzo hingegen musste in vier Rennen Fahrer zwischen sich und Rossi lassen: Das Ducati-Duo Dovizioso/Iannone kostete ihn sieben Punkte in Katar und nahm ihm im Gespann mit Cal Crutchlow in Argentinien sogar neun Punkte weg. In Assen büßte Lorenzo vier Punkte auf Rossi wegen Marquez ein und im Chaosrennen von Silverstone verhalfen Danilo Petrucci und erneut Dovizioso Rossi zu einem Vorteil von sieben Punkten mehr Unterschied zu Lorenzo.

Vereinfacht gesagt: Lorenzo verlor vor allem Punkte wegen Ducati, Rossi vor allem wegen Honda. Umso brisanter ist der Umstand, dass mit Marquez und Iannone je ein Vertreter aus beiden Lagern in der Startaufstellung ganz vorne mitmischt.