Kaum bleibt der Regen fern, ist Jorge Lorenzo wieder da. Unter der Herbstsonne Aragoniens holte der Mallorquiner den zweiten Sieg in Folge auf der Strecke, die der Yamaha bisher die größten Probleme bereitet hat. Viel wichtiger: Es war der erste Yamaha-Sieg unter regulären Bedingungen auf dem Geläuf, das der rabiaten Honda wesentlich mehr entgegenkommt als der feinfühligen Yamaha. Doch Marc Marquez fiel dem Erstrundenwunder Lorenzo in der Anfangsphase zum Opfer und stürzte wieder einmal, womit der einzige realistische Gegner ausgeschaltet war. Lorenzo musste den Sieg nur noch nach Hause bringen. Ganz nebenbei gewann Yamaha auch den Teamtitel.

Am Ende war es einer der typischen, wenig öffentlichkeitswirksamen Lorenzo-Start-Ziel-Siege, der aber nicht minder eindrucksvoll war als so manche Last-Lap-Decision. Und wichtig für den WM-Kampf obendrein. "Ich habe schon am Donnerstag gesagt, dass das ein ganz wichtiges Rennen wird, denn wenn ich hier weitere Punkte verloren hätte, wäre es wohl unmöglich geworden, den Titel zu holen", sagte der 28-Jährige.

Flucht nach vorn: Lorenzos bärenstarke erste Runde brachte Marc Marquez zu Fall, Foto: Yamaha
Flucht nach vorn: Lorenzos bärenstarke erste Runde brachte Marc Marquez zu Fall, Foto: Yamaha

Der Schlüsselmoment war der Start, als Lorenzo wie üblich der Holeshot gelang und Polesetter Marquez mehrere Plätze zurückfiel. Das erlaubte es dem Yamaha-Piloten, den entscheidenden Vorsprung herauszufahren, der Marquez‘ Nerven durchgehen ließ: "Ich habe hart gepusht, weil ich nicht wusste, wie schnell die anderen Fahrer sein würden. Ich hatte dann Glück mit dem Sturz von Marquez, denn er war so stark und im Warm Up auf gebrauchten Reifen so schnell. Er wäre insbesondere am Ende des Renens stark gewesen. Als ich auf dem Board gesehen habe, dass er gestürzt ist, habe ich erstmal durchgeatmet."

Dankeschön an Pedrosa

Ein Dank ging an Dani Pedrosa, Foto: Repsol Honda
Ein Dank ging an Dani Pedrosa, Foto: Repsol Honda

Somit blieben nur noch Pedrosa und Rossi als Gegner übrig, die jedoch mit sich selbst beschäftigt waren und das Uhrwerk Lorenzo nicht herausfordern konnten. "Als ich 2,3 Sekunden Vorsprung hatte, habe ich etwas Druck herausgenommen, aber ich musste konzentriert bleiben, so etwa bei 99 Prozent. Dani hatte eine gute Pace und wurde von Rossi ganz schön gepusht. Das war ein sehr wichtiges, schwieriges und emotionales Rennen für mich", erzählte Lorenzo, der auf dem Podium sogar kurzzeitig mit den Tränen zu kämpfen hatte.

Es fiel eine gewaltige Last von den Schultern, die sich nach den zwei Regen-Niederlagen aufgebaut hatte. In der WM-Wertung hat Lorenzo den Rossi-Vorsprung dank Pedrosas Hilfe um neun auf jetzt 14 Punkte reduzieren können. "Für die Fans ist diese Weltmeisterschaft sicherlich fantastisch. Ich habe Punkte verloren, aufgeholt, wieder verloren und hole jetzt wieder auf. Es wird aber nicht einfach, denn in Japan ist Marc sehr stark und Vale gibt im Rennen niemals auf. Ich weiß, dass ich das Potenzial habe und werde in allen Trainings und Rennen mein Bestes geben."

Fast hätte das Wetter Jorge Lorenzo wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn morgens war es sehr bewölkt wie schon in Misano. Das hat auch den WM-Zweiten beim Aufstehen beunruhigt: "Ich konnte es nicht fassen. Sechs Tage lang war es an den letzten drei Rennwochenenden sonnig und immer am Sonntag kamen die Wolken. Ich konnte es nicht glauben." Doch diesmal verzogen sich die Wolken und Lorenzo konnte seine übliche Trockenform eindrucksvoll demonstrieren. Ob er etwas von dem Kampf hinter ihm mitbekam? "Nein, aber ich freue mich darauf, mir das Rennen anzusehen. Mir wurde gesagt, Dani sei sehr stark gewesen. Ich muss mich bei ihm bedanken, er hat mir vier sehr wichtige Punkte eingebracht."

Mit Lob überhäufte ihn Teamdirektor Massimo Meregalli: "Das war eine state-of-the-art Performance von Jorge, sein Niveau konnte keiner erreichen und er hat den Abstand hervorragend gemanagt. Den Titel möchte ich allen Teammitgliedern widmen, die immer viel Mühe in das Finden von Lösungen stecken, um uns auf ein hohes Niveau zu bringen."