Marc Marquez feiert einen zweiten Rang in der MotoGP selten wie einen Sieg. Nach der Tortur von Jerez und der Abwehr einer wütenden Aufholjagd von WM-Leader Valentino Rossi freute sich der Repsol-Honda-Star jedoch überschwänglich mit seinem Team. Dank einiger Injektionen starker Schmerzmittel war es Marquez geglückt, das Rennen trotz gebrochenen Fingers auf konstant hohem Niveau zu Ende zu fahren. Zudem verkürzte er durch die 20 Zähler den Rückstand auf Rossi immerhin von 30 auf 26 Punkte, kletterte so zudem von WM-Rang sechs auf vier nach vorne.

In typischer Marquez-Manier gab der Jerez-Sieger des Vorjahres dann jedoch fair zu Protokoll, dass auch mit gesundem Finger nichts gegen Dominator Jorge Lorenzo zu bestellen gewesen wäre: "Ich bin trotz des Handicaps mit dem Gedanken ins Rennen gegangen, hier unbedingt gewinnen zu wollen. Als ich jedoch gesehen habe, wie Jorge hier fährt, wusste ich schon nach ein paar Runden, dass mein Kampf nur der um Platz zwei sein könne."

Rossi-Aufholjagd a la Argentinien

Nachdem Marquez die ersten knapp fünf Runden quasi direkt im Windschatten von Lorenzo verbracht hatte, stieg der Rückstand nach und nach zunächst um Zehntelsekunden, dann immer weiter auf letztlich über fünf Sekunden an. Sah es zunächst nach einem einsamen Rennen Marquez' im Yamaha-Sandwich von Lorenzo und Rossi aus, drehte der Doktor ab Rennmitte mächtig den Gashahn auf.

Marc Marquez fürchtete bereits eine Wiederholung des Argentinien-Duells mit Rossi, Foto: motogp.com
Marc Marquez fürchtete bereits eine Wiederholung des Argentinien-Duells mit Rossi, Foto: motogp.com

Von über drei Sekunden kam Rossi so sechs Runden vor dem Ende auf bis zu 1,2 Sekunden an Marquez heran. Eine Wiederholung des Vorfalls in Argentinien, als Marquez in Führung liegend vier Sekunden an Vorsprung auf Rossi einbüßte, um bei einem harten Zweikampf in der vorletzten Runde dann gar gänzlich auszuscheiden, schien auch in Jerez nicht das unrealistischste Szenario zu sein.

"Ich habe auf der Boxentafel gesehen, wie Vale immer näher kommt und habe mir schon ausgemalt, dass es wie in Argentinien werden würde. Da ich fast am Limit operiert habe, ging ich nicht davon aus, mich noch lange wehren zu können", gestand Marquez unumwunden ein. Als der Vorsprung plötzlich jedoch konstant blieb, schöpfte er neue Kraft und Hoffnung, und drehte in den letzten Runden des Rennens noch einmal mächtig auf.

"Dass Vale plötzlich nicht mehr näher kam, hat mir einen massiven Push gegeben. Ich konnte noch einmal ein paar Prozent mehr herausholen und letztlich Platz zwei sichern. Vor Vale geblieben zu sein, ist für die WM natürlich Gold wert", resümierte Marquez erfreut.

Marquez trotz tauber rechter Hand

Die Probleme mit dem gebrochenen Finger seien für ihn zwar kaum spürbar gewesen, hatten jedoch dennoch einen unangenehmen Effekt auf sein Rennen: "Durch die Spritzen haben sich die Schmerzen zum Glück in Grenzen gehalten und ich habe kaum Beschwerden gehabt. Jedoch hatte ich gegen Mitte des Rennens so stärkere Probleme mit dem rechten Arm, da ich natürlich automatisch viel Arbeit des linken Armes kompensiert habe, um diesen zu schonen."

Marc Marquez fristete die Hälfte des Rennens in Jerez ein einsames Dasein, Foto: Repsol
Marc Marquez fristete die Hälfte des Rennens in Jerez ein einsames Dasein, Foto: Repsol

Bei Marquez kam es in der zweiten Rennhälfte so zu regelrechten Arm-Pump-Erscheinungen, die die rechte Hand komplett taub werden ließen: "Ich konnte meine Finger nicht mehr bewegen, alles war taub. Es war einfach zu viel Stress auf dem Arm. Zwischendurch habe ich versucht, den Arm ein wenig zu schonen, aber weil Rossi so viel Druck gemacht hat, war es nicht einfach. Dass es letztlich doch gereicht hat, macht mich sehr glücklich."

Da Marquez die Probleme mit seinem Team jedoch bereits richtig antizipiert hatte, absolvierte er kein Rennwochenende wie unter normalen Umständen: "Ich habe am Freitag schnell gemerkt, dass ich nur schnell sein kann, wenn ich mit dem rechten Arm viel Arbeit kompensiere. Für das Rennen musste dieser also top ausgeruht sein, damit ich ohne Einbrüche über die Distanz komme. Aus diesem Grund habe ich hier deutlich weniger Runden gedreht in den Sessions als sonst immer."

Auch den Test in Jerez am Montag wird Marquez ausfallen lassen, um sich perfekt für das Rennwochenende in Le Mans in bereits zwölf Tagen zu erholen. "Ich hätte schon einige Sachen zu testen, aber im Moment wäre das einfach nur unnötiges Risiko, dass sich letztlich negativ auswirken könnte. Wenn ich beispielsweise noch einmal crashen würde wie in FP4, wäre das sicherlich alles andere als förderlich für eine schnelle Heilung meiner Hand."